Am Ende der Markttage
10. März 2012 von admin
Das Heidelberg Institute for International Conflict Research (deutsch ist dort wohl verpönt), veröffentlichte gerade in Heidelberg seinen Conflict Barometer 2011. Danach hat weltweit die Anzahl der Kriege im Jahr 2011 mit 20 bewaffneten Konflikten den höchsten Stand seit dem Zweiten Weltkrieg erreicht. Angestiftet wurden sie von den USA und der NATO und wurden von diesen entweder mit eigenen Truppen oder durch finanzierte Stellvertreter, sogenannte Rebellen geführt. Der französische Intellektuelle Thierry hatte in einer bemerkenswerten Analyse http://www.voltairenet.org/Reflections-on-the-official die angebliche Ermordung des höchst wahrscheinlich bereits im Dezember 2001 verstorbenen CIA-Mitarbeiters Osama Bin Ladin am 1. Mai 2011 durch ein US-Kommando, mit der Restrukturierung seiner „Terroristen“ in Verbindung gebracht. Die ursprünglich gegen die Sowjetunion in Stellung gebrachten arabischen „Freedom Fighter“, die danach als gefährliche Terroristen den Vorwand für die Schaffung von Militärstützpunkten in Afghanistan und im Irak zu liefern hatten, konnten dadurch wieder in die Rolle von „freedom fighters“ gebracht werden, um den islamischen Fundamentalismus gegen einen arabischen Nationalismus auszuspielen.
In Europa gab es keine bewaffneten Konflikte, in Amerika nur den ständigen militärischen Konflikt mit den Rauschgift-Händlern in Mexiko. Die Kriege fanden in der arabischen Welt, in Afrika südlich der Sahara und drei weitere in Asien statt. Keiner der sechs Kriege, die schon 2010 geführt worden waren, endete mit einem Friedensschluss. Dem Kriegstreiben entspricht, dass sich die „Friedensstaaten“ weltweit die größten Militäretats genehmigten. Von den zehn Ländern mit dem höchsten Wehretat sind nach Angaben des in London ansässigen westlich orientierten Instituts SIPRI fünf NATO-Mitglieder drei weitere Plätze nehmen mit dem Westen verbündete Staaten (Japan, Saudi-Arabien und Indien) ein. System-Kritiker behaupten in der Regel, dass die Konflikte der Sicherung von Rohstoffen und dem Fernhalten von China aus Afrika dienen. Sie beachten dabei den „System-Zusammenhang“ dieser Kriege nicht. Dazu im Folgenden einige knappe Überlegungen.
Das seit 1971 im Westen gebräuchliche „fiat money“ erlaubt es den zentralen internationalen Bankkonsortien (von ein paar Bremsvorrichtungen der Zentralbanken abgesehen) über die Verschuldung von Wirtschaftssubjekten relativ beliebig Zahlungsmittel zu schaffen. Falls ein Kreditnehmer gewisse Sicherheiten vorweisen kann, nimmt die Bank eine Summe Null und teilten sie nach relativ willkürlicher Einschätzung der Wertigkeit der gestellten Sicherheiten in eine Summe Plus und eine ebenso große Summe Minus. Über die Summe Plus kann der Kreditnehmer verfügen, sie erscheint als Kaufgeld (90% Buchgeld 10% Bargeld) auf dem Markt. Die Summe Minus steht in den Büchern der Bank und muss zuzüglich der Zinsen für den geliehenen Zeitraum wieder abtragen werden. Mit der Begleichung der Schulden (Betrag Minus) verschwindet das Geld wieder aus dem Markt (die Zinsen bleiben auf dem Markt, weil die Bank damit ihre Unkosten und Boni deckt). Die Rückzahlung einschließlich der zusätzlich fälligen Zinsen wird möglich, wenn zwischenzeitlich andere Kreditnehmer auf die gleiche Weise zusätzlich Geld aufgenommen und auf den Markt gebracht haben. Um die Menge der Geldschöpfung einiger Maßen unter Kontrolle zu halten, legten die Zentralbanken unter Leitung der ebenfalls privaten Bank für Internationalen Zahlungsverkehr (IZB in Basel, der virtuelle Gesamtbanker) Regeln fest, nach denen ein geringer Teil des Betrags Minus bei der jeweils zuständigen Zentralbank in Form von Zahlungsmitteln zu hinterlegen ist.
Dieses „freie“ Geldsystem erlaubte eine gewaltige Geld-Kreditausweitung und führte zu der beachtlichen Wirtschaftsexpansion nach der Nachkriegsrezession um 1970. Der Kredit-Ausweitung entspricht systembedingt die Schulden-Expansion bei Wirtschafts-Subjekten. Sie engt die verfügbaren Sicherheiten mit der Tendenz einer deflationären Kreditverknappung ein. In der Vergangenheit hatten derartige Stagnationen zu den für das 2. Stadium des Imperialismus typischen Kriegen geführt (dem 1. Stadium entsprach Rohstoff-Plünderung und erzwungene Marktöffnung). In ihnen wurde das Schuldsystem des Unterlegenen beseitigt und so für den Sieger ein neues Aufschuldungs-Gebiet erschlossen. Die damit einhergehende Kreditexpansion ermöglichte einen zeitlich begrenzten wirtschaftlichen Aufschwung. Die beiden Weltkriege dienten diesem Zweck.
Als sich in den siebziger Jahren wieder eine sogenannte Stagflation ankündigte, boten sich nur noch Russland und Chinas als neue Aufschuldungs-Gebiete an. Ein offener Krieg erschien aber wegen der Atomwaffen noch als zu riskant. Andererseits war es aber auch nicht möglich, die von John Stuard Mill für das Ende der Marktwirtschaft angekündigten Umstrukturierung in eine „stationäre“ d.h. bürokratisch geregelte, sich nicht mehr entwickelnde Gesellschaft vorzunehmen. Sie erinnern sich an frühere Spatzen: Mill hatte wie Adam Smith und Karl Marx aus der Markt-Gesetzlichkeit die Konzentration der wirtschaftlichen Macht in wenigen Händen abgeleitet. Diese würde prinzipiell zur „Negation der Produzenten“ (bei Marx der „Arbeiterklasse“) führen, so dass die Machtinhaber die marktwirtschaftliche durch eine „stationäre“ Gesellschaft ablösen müssten. (Die „klassische“ Wirtschaftslehre umgeht diese prinzipielle Tendenz in der Meinung, über „Instrumente“ zu ihrer Vermeidung zu verfügen).
Die Bürokratie der Hochfinanz, die nach Mill (bei Marx Avantgarde der Arbeiterklasse) die Transformation in eine stationäre Gesellschaft vornehmen sollte, hatte sich im Westen bereits mit der Entwicklung und Verbreitung der grünen Umwelt-Ideologie darauf eingestellt (Dummköpfe halten diese Rechtfertigung der gezielten Verarmung sogar für „links“ und gegen die Herrschaft gerichtet). Sie kann die bereits eingeleitete Transformation der Industriegesellschaft aber nicht abschließen, solange es nennenswerte Gebiete außerhalb ihres Einflussbereichs gab, in denen die wissenschaftlich-technische Entwicklung weiter vorangehen würde. Denn eine stationäre Gesellschaft wäre früher oder später einer sich technologisch weiterentwickelnden Gesellschaft unterlegen, weil sich die Entwicklung der Waffentechnologie auf Dauer nicht von der allgemeinen technologischen Entwicklung abkoppeln lässt. Die angestrebte stationäre Gesellschaftsformation lässt sich nur als „Neue Weltordnung“ mit dem Akzent auf „Welt“ realisieren. Die westliche Welt steckt damit in dem Dilemma: Sie war ökonomisch überreif für die stationäre Transformation, konnte diese aber nicht abschließen, solange China, Russland und zum Teil auch die arabische Welt ihr nicht unterworfen ist.
Der „linke“, angebliche Grass-route und Internet Revolutionär Gene Sharp hatte im Auftrag der CIA eine Strategie entwickelt, wie man unter Vermeidung eines Atomkriegs die nicht integrierten Staaten bei gewissen Versorgungsengpässen von innen heraus destabilisieren und dort den gewünschten „regime change“ durchsetzen kann. Die bunten Revolutionen nach dem Zusammenbruch der Sowjet-Union haben den Erfolg der Strategie bestätigt. Allerdings zeigte die Revision der orangenen Revolution in der Ukraine, dass die Strategie nur in einem relativ engen Zeitfenster Erfolg verspricht. Die Systemintegration des revolutionierten Gebietes muss rasch erfolgen, sonst droht wie in der Ukraine ein Rückschlag (daher die Wut des Westens über die Inhaftierung von Frau Timoschenko).
In den folgenden Jahren konnte die Hochfinanz die Rezessionen, die in immer kürzeren Abständen auftraten nur noch dadurch hinausschieben, dass sie ständig neue „Finanzinnovationen“ schuf, mit denen sich trotz wachsender Verschuldung neue Wellen der Kredit- und Geldschöpfung in Gang setzen ließen. Sie beruhten im Wesentlichen darauf, dass man Schulden, die ja auch einen Anspruch auf Zahlungen bedeuten, über sogenannte „Derivate-Konstruktionen“ in „Werte“ uminterpretierte und dann als Sicherheiten für neue Kredite akzeptierte. Die so geschaffenen innovativen Wertpapiere mussten mit relativ hohen Zinsversprechen ausgestatte werden, um als lohnende Investments die zahlungsfähige Nachfrage zu finden, die ihren „Wert“ zeitweise garantieren konnte. Diese Papiere dienten außerdem der Besitzumverteilung, weil sie nach einer gewissen Zeit gezielt entwertet werden konnten.
Da Rentabilität das entscheidende Kriterium für die Investition zuvor erlöster Geldgewinne ist, verwendeten Unternehmen ihre freien Gelder immer weniger zur quantitativen oder qualitativen Erweiterung der Produktionsanlagen (schon wegen der schrumpfenden zahlungsfähigen Nachfrage auf den Gütermärkten). Sie erwarben stattdessen relativ hoch verzinste Wertpapiere. Dadurch verlagerte sich die noch vorhandene zahlungsfähige Nachtfrage von den Gütermärkten vermehrt auf die Finanzmärkte. Dies erschwerte zudem den Absatz von Gütern, verteuerte ihn und senkte die Rentabilität der Güterproduktion weiter. Auf diese Weise schlug die Finanzkrise allmählich in eine Versorgungskrise um, die zuerst die Entwicklungsländer betraf und von dort allmählich auch die Industrieländer erfasste und dort das sogenannte Prekariat wachsen lässt. Den Beleg liefert z.B. der „Atlas der Wut“, eine Liste der zur Zeit 165 sozialen Spannungsgebiete in Deutschland, in denen Polizei und Verfassungsschutz den Ausbruch von Unruhen und Aufständen erwartet (siehe die islam-feindliche Website http://www.reconquista-europa.com/showthread.php?13396-Krisengebiete-in-Deutschland).
Mit den Krediten, dem Fiat-Geld, wächst die Verschuldung und macht das „System“ immer labiler. Kreditnehmer der letzten Instanz sind inzwischen die Staaten, die künftige Steuereinnahmen verpfänden, um die Krise noch ein Weilchen weiter vor sich her zu schieben. Wenn der Staat wie z.B. Griechenland keine Schulden mehr stemmen kann, dann nimmt die Zentralbank die Schulden ohne Deckung und Sicherheiten auf sich. Z. B. wuchsen im vergangenen Februar die Forderungen der Bundesbank aus „Target 2“ im letzten Monat um 48,9 Mrd. € oder 9,8 %. Gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres explodierte der Saldo um 70,6% oder 226,35 Mrd. € und beläuft sich jetzt auf 547 Milliarden Euro. Vor anderthalb Jahren sprach die Bundesbank noch von „irrelevanten Salden“, die nur von statistischer Bedeutung seien. Dabei handelt es sich um Forderungen der Bundesbank an die EZB wegen nicht beglichener Überweisungs-Verpflichtungen anderer Zentralbanken.
Die Hochfinanz gerät zunehmend unter Zeitdruck. Um an der Macht zu bleiben, muss sie die Transformation der Industriegesellschaft durchsetzen ehe dort eine Massenstreiksituation ausbricht und sie stürzt. Das erklärt die zunehmende Hektik der von ihr vorgehaltenen politischen Klasse und ihrer Medien und spiegelt sich in den laufenden Kriegen und von außen gezielt geschürten Konflikten. Ein Beispiel ist der übereilte Versuch, im Zusammenhang mit der Wiederwahl Putins, der die Strategie des Westens zu durchschauen scheint, auch in Russland eine orangene Revolution auszulösen. Etwas anders strukturierte Versuche dieser Art zeigen sich in China, das mit einer hohen Arbeitslosenzahl zu kämpfen hat. Die immer virulentere Medienhetze gegen nicht unterworfene Regime in Russland, China, und teilweise im arabischen Raum belegen entsprechende Absichten der Hochfinanz.
Doch vergessen wir in dem Zusammenhang auch nicht die „Präventivschlag-Doktrin“ von George W. Bush, die allem widerspricht, was in den 2000 Jahren Krieg davor üblich war. Selbst die Römer scheuten sich, unprovoziert Kriege anzufangen. Jetzt sind die USA der offene Aggressor, ohne sich wie bisher hinter inszenierten Zwischenfällen zu verstecken. Die Verfassung der USA wollte sicher stellen, dass dies nicht geschieht und schrieb vor, der Kongress müsse vor der Kriegserklärung darüber nachdenken, debattieren und entscheiden. Die Vorschrift flog aus dem Fenster, „heute kann der US-Präsident selber entscheiden, wo und wie er das Geld der Nation ausgibt, und wo er die Leben seiner jungen Männer und Frauen riskiert, in Irak, Afghanistan, Libyen, Sudan, Pakistan“ (schrieb ein Amerikaner), vielleicht bald in Syrien und im Iran. Zur Kriegserklärung kommt es erst gar nicht mehr!
Und was ist mit dem demokratisch so geheiligten „habeas corpus“ Gesetz? Es flog ebenfalls aus dem Fenster. Früher sollte dieser Grundsatz die Bürger vor der Willkür der eigenen Regierung schützen. Jetzt kann der Präsident ohne Gerichtsurteil entscheiden, wer lebt und wer stirbt. Die US-Regierung ist laut Justizminister Eric Holder berechtigt, mutmaßliche Terroristen gezielt zu töten. Die Anwendung dieser Maßnahme sei auch gegen US-Bürger im Ausland legitim, sagte er nach Angaben der Agentur AP am 6.3. in einer Rede vor Jura-Studenten in Chicago. Damit widersprach Holder Menschenrechtlern, welche die Ermordung des US-Bürgers Anwar al-Awlaki durch einen Drohnenangriff im September 2011 scharf kritisiert hatten.
3 Reaktionen zu “Am Ende der Markttage”
Carroll Quigley hat in seinen Werken sehr gut die Entwicklungsstufen von Zivilisationen beschrieben, die sich immer nach dem gleichen Muster abzuspielen scheinen. Laut Quigley gibt es am Ende einer Zivilisation (in unserem Fall der Westlichen Welt) immer ein „Universal Empire“ (in unserem Fall die USA).
Dieses Empire hat wohl nun bald seinen größten Ausdehnungspunkt erreicht, am Versuch sich die anderen verbliebenen Kulturen und Zivilisationen auf diesem Planeten einzuverleiben (das sind im Grunde China, Russland und die Islamische Welt) wird es wohl scheitern.
Die Westliche Zivilisation schein tatsächlich in ihrer Endphase angekommen zu sein, aus vielerlei Gründen. Möglicherweise gelingt es dem Westen noch, auch den verbliebenen Teil der Welt zu unterjochen, der noch nicht vollends unter seiner Kontrolle steht. Dies würde dann die absolute Weltherrschaft bedeuten.
Wer weiß welche Pläne und Szenarien konkret in den Schubladen liegen, die militärische Einkreisung Russlands vom Balkan bis zum Hindukusch ist jedenfalls offensichtlich. Russland ist dem Westen allerdings bei weitem nicht so offensichtlich unterlegen, wie die islamische Welt und so „einfach“ wird man Russland nicht erobern können.
Vielleicht setzt man tatsächlich, wie Larouche meint, auf WW3 und den Nuklearen Holocaust. Wie die Westliche Welt diesen überleben kann/will ist allerdings schwer vorstellbar, auch wenn dann das „Überbevölkerungsproblem“ gelöst wurde und es ein paar Milliarden „Useless Eaters“ weniger gibt.
Es ist schwer vorstellbar, wie das Empire in einem solchen Krieg die Kontrolle behalten will, ohne daß ihm dabei die Zügel aus der Hand gleiten. Möglicherweise lebt man dort auch nach dem Motto, eine Welt, in der wir nicht das alleinige sagen haben, die braucht es in Zukunft nicht zu geben, aber das ist Spekulation.
Sicher ist nur, es wäre ein Spiel gegen die Zeit und alles würde sehr, sehr schnell gehen.
Daß die Weltenlenker die Bereitschaft dazu haben, jederzeit Millionen Menschen zu töten und dies auch sofort täten, lieber heute als morgen, wann immer sie die Möglichkeit dazu hätten, haben sie im letzten Jahrhundert bewiesen.
Wie Brezinski sagte, wäre es früher leichter gewesen eine Million zu kontrollieren, als sie zu töten, heute sei es leichter eine Million zu töten, als sie zu kontrollieren.
Möglicherweise gibt es doch noch einen geschichtlichen Wendepunkt der menschlichen Vernunft, aus einer Art metaphysischem Überlebensinstikt heraus, und einen wie auch immer gearteten geregelten Zusammenbruch der Westlichen Welt, der den Planten nicht in einem Aschehaufen verwandelt.
Das weltweite Völkerverblödungdprogramm ist zu seiner Höchstform auf-
gelaufen;
Quigly bleibt sehr allgemein. Seine Bedeutung ist, die Machenschaften der Finanzelite in Bezug auf
die Situation um den 2. Weltkrieg herausgearbeitet zu haben. Inzwischen ist das System in ein neues
Stadium mit neuen Herausforderungen eingetreten, die die Vorgänge in unseren Tagen prägen.