„Wenn es ernst wird, muss man lügen.“ Jean-Claude Juncker, April 2012
3. November 2012 von admin
„Wenn es ernst wird, muss man lügen.“ Jean-Claude Juncker April 2012
Ob das wohl noch hilft? Der Kanzlerkandidat der SPD sorgt in der politischen Klasse für Unruhe wegen kleiner Nebenverdienste, die er nicht geleugnet, wohl aber nicht gemeldet hatte. Der Bürokrat sprang daraufhin gleich in die Vollen: Hier seht her, ich habe das mit (politischen) Reden verdient und ihr, was habt ihr von wem, wofür bekommen? Und schon kehrte Ruhe ein im Verein der Politmaulhelden. Es geht aber nicht nur um die Beträge außerhalb der Diäten. Mit „Eliten-Belustigung“ haben sich bisher vorwiegend ehemaligen Polit-Größen wie Alt-Kanzler und Ex-Minister ein kleines Zubrot zur kargen Polit-Rente verdienen können. Peer Steinbrück zählt als abgewählter Landesvater und Ex-Finanzminister dazu. Aber als Bundestagsabgeordneter war er noch immer in der Politik aktiv tätig und für Unterstützung empfänglich. Als die Knete kam, war noch nicht klar, dass er möglicherweise noch aufsteigen würde. Wie kam es, dass er seit 2009 1,25 Mio. Euro und ein paar zerquetsche, die er übersehen hatte, was bei so viel Honorar leicht verständlich ist, zugeschoben bekam?
Wer zahlte dem Abgeordneten und Ehemaligen so fürstliche Honorare? Oder war das die „Anerkennung“ für frühere Leistungen? Die Finanz-Szene hat Grund Steinbrück zu lieben. Mit seinem Parteifreund und Intimus Asmussen im Finanzministerium hob er die gesetzlichen Barrieren gegen den Zugriff von Hedgefonds und ähnlichen Geldverwerter auf und öffnete durch „Reduzierung unnötiger Prüf- und Dokumentationspflichten“ sowie die weitgehende Deregulierung der Finanzmärkte den deutschen Markt für faule Finanzprodukte aller Art. Die zur Übernahme der Produktionsbetriebe im Land eingeladenen Finanzierungsgesellschaften bezeichnete später sein Parteifreund Franz Müntefering werbewirksam „Heuschrecken“, weil sie die produzierende Landschaft leer fraßen und die Arbeitslosenzahlen hochschnellen ließen. Die Aufsichtsbehörde Bafin beließ das Finanzministerium Steinbrück im Tiefschlaf. Die dramatischen Folgen dieser „Reduzierung unnötiger Prüf- und Dokumentationspflichten“ wurden durch staatliche Rettungsfonds zu Lasten der Bürger und zu Gunsten der Heuschrecken sozialisiert.
Waren Steinbrücks Honorare der Lohn? Die nun offengelegten Honorare über seine Vorträge stammten zum weitaus größten Teil von Banken und aus der Finanzindustrie. Besonders ausgabenfreudig zeigte sich dabei die Deutsche Bank, außerdem zahlten für Steinbrück-Vorträge JPMorgan, BNP Paribas, Citigroup, Hypovereinsbank, National-Bank, DAB Bank, Hypo Investment Club, Crédit Agricole, Südwestbank, DZ Bank, Sal. Oppenheim sowie Volksbanken, Sparkassen und Bausparkassen. Die 1,25 Millionen Euro Honorar bekam Steinbrück zwischen 2009 und 2012 für 89 Vorträge, macht pro Vortrag durchschnittlich 14.000 Euro – ein stolzer Lohn.
Inzwischen von den sogenannten Bilderbergern zum Kanzlerkandidaten gekürt, versucht Steinbrück mit „populistischen Breitseiten“ gegen die Banken Stimmung bei den uninformierten Bürgern für sich zu machen. Die Vertreter der Kreditwirtschaft stecken so etwas gelassen weg. Solcher Theaterdonner hat wenig nachhaltenden Effekt und wenn der Liebling dadurch zum Kanzler wird – umso besser.
Erinnern wir uns an CDU-Wahlplakate aus dem Jahr 1999 kurz nach der verlorenen Bundestagswahl von 1998 (http://de.webfail.at/image/wahlplakat-der-cdu-was-kostet-uns-der-euro-fail-bild.html): „Was kostet uns der Euro?“ Und „Muß Deutschland für die Schulden anderer Länder aufkommen?“ Stand da geschrieben, und weiter: „Ein ganz klares Nein! Der Maastrichter-Vertrag verbietet ausdrücklich, dass die Europäische Union oder die anderen EU-Partner für die Schulden eines Mitgliedsstaats haften. Mit den Stabilitätskriterien des Vertrags und dem Stabilitätspakt wird von vornherein sichergestellt, dass die Nettoneuverschuldung auf unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts begrenzt wird. Die Euro-Teilnehmerstaaten werden daher auf Dauer ohne Probleme ihren Schuldendienst leisten können. Eine Überschuldung eines Euro-Teilnehmerstaats kann daher von vornherein ausgeschlossen werden.“ Doch dann ging La Fontaine, der Linke, und wurde Steinbrück Finanzminister, und gab die CDU klein bei… Ach lassen wir das, es ist doch der Schnee von morgen!
Mitten im Finanzdesaster entdeckte die EU-Kommission etwas ganz Neues und ausnahmsweise sogar etwas Richtiges nämlich die „Industrie als Quelle der Wohlstandsschöpfung“. Angeblich – so Die Welt vom 5.10 2012 – will sie für bessere Bedingungen sorgen, damit in Innovationen und Betriebe investiert wird und die Rate der von der Industrie geschaffenen Werte in Europa wieder ansteigen kann. Sie erwartet, dass sich „die abnehmende Bedeutung der Industrie wieder umkehrt“, soll in einem Strategiepapier stehen, dass EU Kommissar Antonio Tajani am 20.10 vorgestellt hat. Danach soll der Anteil der Industrie am Bruto-Inland-Produkt (BIP) bis 2020 wieder auf ganze 20% ! ansteigen. EU Energie-Kommissar Günther Oettinger fürchte – laut Finanzial Times vom 5.10. – den Niedergang Europas, wenn die Energie Preise weiter steigen und die Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu den USA und anderen Teilen der Welt (China) weiter abnimmt. Er möchte seine Kollegen überreden, statt neuer „Klimaziele“ eine neue Industriepolitik einzuführen.
Das wäre eine Trendumkehr, falls die Industrie dann nicht nur Instrumente für die unproduktive „Energiewende“ zu Lasten der Stromverbraucher und Steuerzahler herstellen würde. Um die Initiative für mehr Produktion ist es bald wieder still geworden. Bisher setzt sich die EU nur bedingungslos für sogenannte „Klima- und Wende-Ziele“ ein. Denn die Frage: Woher sonst könnte eine zahlungsfähige Nachfrage nach Industrieerzeugnissen kommen, nachdem die konzentrierte Industrie das Güterangebot für Bürger drosselt, um über höhere Preise „wirtschaftlicher“ wieder an die über Löhne und Gehälter ausgezahlten Gelder zu kommen? – Diese Frage blieb unbeantwortet. Auch die „Vernünftigen“ und die ideologisierten Freie-Markt-Gläubigen bleiben wie unsere Polit-Redner eine Antwort darauf schuldig und singen und sagen: „Wer nur den lieben Markt lässt walten und hoffet auf ihn jeden Tag, den wird er wundersam erhalten und pflegen bis zum jüngsten Tag!“
Andere sehen das anders. Die Wut gegen Sparpläne in Portugal und Griechenland hat seit dem 29.9. auch Streitkräfte und Polizei erreicht. Und ein portugiesischer Offiziersverband stellte vorsichtshalber sicher “Wir werden uns, wie es uns die Verfassung vorschreibt, niemals als Repressionsinstrument gegen unsere Mitbürger” instrumentalisieren lassen. Denn wir haben “geschworen, sie zu verteidigen”. Diese Erklärung ist auch anderswo mit Genugtuung und Jubel aufgegriffen worden.
Laut Spiegel-online haben Tausende erboster Facebook-Nutzer die Facebook-Seite der Tagesschau mit Protestschreiben überschwemmt, weil sie nicht über die EU-Proteste in Spanien und Portugal berichtet habe, und wenn dann doch, immer wieder falsche Angaben über die Zahl der Protestierenden gemacht habe: „Anfangs war von 3000, später dann von 10.000 Protestierenden“ die Rede. Schließlich habe der Nachrichtensender auch noch unliebsame Eintragungen gelöscht, d.h. zensierte. Die Tagesschau habe sich mit dem Hinweis entschuldigt, dass man nach einem „Relevanzraster“ entscheiden würde, „welche Nachrichten man ins Programm nehme und welche nicht“. Relevant sind demnach wohl nur Nachrichten, die der Euro-Propaganda dienen. Manche – wie eben diese Facebook-Nutzer – brauchen eben etwas länger, bis sie begreifen wozu solche Nachrichtensender und Massenmedien stark gemacht worden sind und nun dienen.
Fernab von der westlichen Welt hat man aufgehört zu protestieren und beginnt zu handeln. China habe klammheimlich einen großen Schritt in Richtung Abkopplung seines Welthandels vom Dollar unternommen, berichtete das Peterson Institute for International Economics in Washington DC. http://www.iie.com/publications/opeds/oped.cfm?ResearchID=2245. Es habe sich in Ostasien ein „Renminbi-Block“ geformt. Seit Ausbruch der Finanzkrise im Jahres 2008 hätten sich 7 der 10 größeren Volkswirtschaften Ostasiens näher an den chinesischen Renminbi als an den US-Dollar gebunden. Darunter auch so westlich orientierte Staaten wie Südkorea, Indonesien, Malaysia, Singapur und Thailand. Es zeige sich, – so der Institutsbericht – dass der Renminbi nun auch in Indien, Südafrika und Chile zur dominierenden Reservewährung geworden sei. „China hat seit langem das Ziel, seine Währung auf globales Niveau zu heben zusammen mit dem Aufstieg seiner Volkswirtschaft, welche letztes Jahr die zweitgrößte der Welt geworden ist“, fasste China Daily den Bericht des Instituts zusammen. „Es steht überhaupt nicht in Frage“, so Chuck Butler Präsident von EverBank® World Markets und Autor des populären Daily Pfennig Newsletter im letzten Juni, „dass die Chinesen gut im Plan liegen, den Dollar als die Reservewährung der Welt zu überholen.“ „Es wird Zeit kosten, viel Zeit, aber die Chinesen sind erwacht, und alles, was sie sich vornehmen, haben sie erreicht. Sie wollten die größten Exporteure der Welt werden, und das sind sie jetzt. Sie wollten Japan als die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt überholen, auch das haben sie geschafft…“
Weniger still aber genau so entschlossen, versuchen die Russen sich aus der amerikanischen Umklammerung zu lösen. Sie tun es eher auf dem propagandistischen Weg. So kritisiert der Chef der russischen Zentralen Wahlkommission, Wladimir Tschurow das Allerheiligste des Westens, das US-Wahlsystem. Seinen Worten nach wird mit ungenauen Angaben über 24 Millionen Wähler operiert. „Anfang 2012 steht jeder fünfte erwachsene Amerikaner nicht auf der Wählerliste. Die Angaben über 24 Millionen Wähler sind ungenau. 2,75 Millionen Amerikaner sind gleichzeitig in mehreren Bundesstaaten registriert. In den Wählerlisten werden auch etwa 1,8 Millionen ‚tote Seelen’ geführt“, schreibt Tschurow in einem Artikel der „Rossijskaja Gaseta“. Er, Tschurow, halte die Organisation der Wahlen in den USA für eine der schlimmsten der Welt. So steht es um die sogenannte „Freiheit des Westens“, die ihn berechtigen soll, alle Wahlen, die in anderen Ländern zu unerwünschten Ergebnissen führen, als „undemokratisch“ zu kritisieren, und dem erwünschten Ergebnis, wenn es sich auszuzahlen verspricht, durch Regime Chance zum Durchbruch zu verhelfen.
Wir gehen wirtschaftlich und politisch einer Rayleigh–Taylor-Instabilität entgegen. Machen Sie sich gefasst! Suchen Sie beim Gehen und Stehen festen Halt – aber nicht in Ihren Massenmedien.
In eigener Sache:
Es wird Weihnachten. Sie suchen Geschenke? Wie wäre es mit einem Buch wie:
Helmut Böttiger: Die Mobilität des Menschen – Über Wege, Bahn und Grenzen hinaus
17 x 24 cm , 208 S., 321 Farbabb., Hardcover, Preis € 19,95, Inhalt: Mensch und Beweglichkeit – Mobilität der sich globalisierenden Gesellschaft – Der Verkehr in der Industriegesellschaft und seine neuen Mittel. Transformation der Mobilität durch radlose Technologie, Zu neuen Ufern (Raumfahrt mit nuklearen Antriebsysystemen) –
Helmut Böttiger: Konrad Zuse Erfinder, Unternehmer, Philosoph und Künstler
22 x 28 cm, 128 Seiten, 84 Farb- und 13 S/W-Abbildungen, Hardcover, Preis € 24,95. – Konrad Zuse (1910–1995) entwickelte die erste vollautomatische, programmgesteuerte und frei programmierbare Rechenanlage der Welt und entwarf mit seinem „Plankalkül“ das Konzept zur ersten modernen Programmiersprache. Mit dem Zuse-Apparatebau Berlin hatte der Unternehmer schließlich die erste privatwirtschaftliche Computerfirma der Welt gegründet – seine Z4 war der weltweit erste Computer, der für praktische und nicht für militärische Anwendungen eingesetzt wurde. Darüber hinaus fand Zuses Kreativität in rund 500 größeren Gemälden und vielen graphischen Werken ihren Ausdruck. Anhand zahlreicher Farbabbildungen stellt die vorliegende Publikation nicht nur den Erfinder und Unternehmer, sondern auch den Philosophen und Künstler Zuse umfassend vor.
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