Abstrakt Leben – Geld als Mittel der Abstraktion
15. Juni 2013 von admin
Heimat soll es nicht mehr geben. Der atomisierte Einzelne soll keine Bindungen mehr entwickeln, weder zur Familie noch zur Heimat. Die Ökonomisierung will das so. Die offizielle Sexualpolitik bemüht sich seit Jahren um die Zerstörung der Familie, indem sie sie auf eine zeitweise Sexualkonsumgemeinschaft von derzeit noch zwei degradiert. Demnächst werden es wahrscheinlich auch mehr Partner sein, wenn das die „westliche“ Freiheit so wünscht. Bei Heimat lässt sich schneller Schluss machen. Man streicht zunächst den Heimatunterricht an der Grundschule, der der Erkundung der näheren Heimat dienen sollte, und ersetzt ihn durch „Sachkunde“: “Der Unterricht in diesem Fach geht längst über das hinaus, was der Begriff Heimat meint. Mit der Umbenennung machen wir mit dieser Verengung Schluss”, erklärte am 13.6. das zuständige Ministerium in Schleswig Holstein.
Der atomisierte Mensch „in Europa“ und „in der Welt“ kennt eben nur noch „Sachen“, merkt aber kaum noch, was Sache ist. Früher hieß es amtlich, „die Auseinandersetzung mit dem Begriff Heimat werde genutzt, um Zusammenhänge, Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit anderen Kulturräumen heraus zu arbeiten.“ Und im Lehrplan stand: “Der Begriff ,Fremde’ steht im engen Zusammenhang mit dem Begriff ,Heimat’… Gelinge es, Kindern den Blick aus der Perspektive des Fremden zu öffnen, so bedeutet die subjektive Seite von Heimat zweierlei: identitätsstiftende Sicherheit und Offenheit gegenüber Fremden, Andersartigen. Die fundamentale Leitidee des Faches sei die “erkundende und gestaltende Auseinandersetzung mit der eigenen Um- und Mitwelt”.
Seltsam, dass gerade die angeblich so Naturversessenen, die Wurzeln zur Heimat kappen wollen. Vielleicht erwarten sie sich davon mehr „Flexibilität“, doch das täuscht. Der Vereinzelte ist zwar ständig auf der Suche, hat aber keinen Standpunkt. Von seiner „Flexibilität haben allenfalls die Verkäufer etwas – solange die Flexiblen noch Geld haben.
Vereinzelte lassen sich scheinbar besser beherrschen, denn sie haben wenig, auf das sie sich außer aufs Geldverdienen beziehen können, und das ist auf Dauer zu wenig zum Leben. Die USA macht es uns vor. „Die Selbstmordrate ist in den USA stark gestiegen. Es sterben mehr Menschen durch Selbstmord als durch Verkehrsunfälle. Und was Mord betrifft, so ist es wahrscheinlicher, dass ein Amerikaner sich selbst umbringt als einen anderen.“ Das betrifft weniger die Armen, sondern die Brauchbaren. In Aspen, Colorade, nach einigen Maßstäben die reichste Gemeinde in den USA, liegt die Selbstmordquote um den Faktor 5 über dem nationalen Durchschnitt. „Ich kann Ihnen sagen, “ meinte einer, der sich selbst für reich hält, „dass in den Familien der oberen 1% auch Drogenabhängigkeit, Alkoholismus und Depressionen stärker als in anderen Familien vertreten sind.“ Für viele macht „Arbeiten gehen müssen“ noch einen Sinn. Wenn auch der entfällt, wird das Überlebenwollen fragwürdig.
Geld, offensichtlich der einzige verbliebene Wert der westlichen Wertegemeinschaft (neben der Möglichkeit, alle vier Jahre seine Stimme für eine der lizenzierten Werbeagenturen für politische Postjäger abgeben zu dürfen) ist ein ganz besonderer Wert. Viele halten ihn für ein Wertäquivalent, das den Gütern und Waren entspricht, die es tauschen hilft, und wollen daher „werthaltiges“ Geld: Gold Silber udgl. Wer (wie Georg Simmel gewissenhaft um 1900) über Geld nachdenkt, weiß, dass es nur so etwas wie ein Symbol ist, ein Berechtigungsschein zur Güterentnahme – und zwar im Verhältnis zur jeweiligen Gesamtmenge und Umschlaggeschwindigkeit der produzierten und zum Tausch angebotenen Waren/Güter und Geldeinheiten. Mehr ist es nicht. Geld muss an sich so wenig etwas wert sein, wie ein Metermaß notwendigerweise aus Gold (wie der Urmeter in Paris) oder einem werthaltigen Material bestehen muss. Als das seiner Quantität nach fremdkontrollierte Tauschmittel wird Geld zum Betrugsmittel.
Bis Anfang Januar 1973 teilte der Staat Frankreich zusammen mit den anerkannten Privatbanken das Recht, Geld herzustellen. Zum Beispiel entlehnte sich der Staat das für den Bau von Sozialwohnungen benötigte Geld bei der Zentralbank, die das Geld für diesen Fall schuf. Anschließend wurde das Darlehen vom Staat zurückgezahlt, und die Zentralbank vernichtete dieses Geld wieder. Das war ein Darlehen und in der Form der Sozialwohnungen Kapital ohne Zinsbelastung. Diese Möglichkeit hat sich der französische Staat nicht ohne Druck von außen mit dem Artikel 25 des Gesetzes Pompidou-Giscard d’Estaings vom 3. Januar 1973 verboten. Seitdem muss er sich bei den Privatbanken, die dieses Privileg noch haben, das benötigte Geld gegen Zinsen ausleihen. Das ist inzwischen bei allen anerkannten Staaten so. Die Staaten, die noch nach der alten Weise verfahren, gelten – natürlich nicht deshalb, sondern wegen anderer Vorwände – als „Schurkenstaaten“ und zwar bei denen, die das Privileg ausüben, Geld zu schöpfen, und den von ihnen abhängigen Politikern.
In diesem Prinzip ist die Überschuldung der Wirtschaft und der Staaten festgeschrieben und damit schließlich deren steuernde Übernahme durch die alleinigen Besitzer des Geldprivilegs, das sind letztlich die Eigentümer der Großbanken. Sie steuern durch ihre Kreditvergabe sowohl quantitativ den Geldwert, das heißt auf welche Gütermenge der aufgedruckte Zahlenwert des Geldes sich bezieht. Wichtiger aber noch, sie steuern durch die Kreditvergabe auch, für welche Zwecke zahlungsfähige Nachfrage entsteht. Denn die Geldmenge entsteht jeweils nur durch die Vergabe von Krediten und sie verschwindet bei Rückzahlung der Kredite. Damit Kredite zurückgezahlt werden können, müssen entsprechend neue ausgegebene Kredite das benötigte Geld erzeugen – die Frage bleibt: Wofür wird der Kredit jeweils zur Verfügung gestellt, und wem.
Daneben gibt es einen anderen Zusammenhang, auf den viele Reformer abheben, der aber für die kreditsteuernden Großbanken letztlich kein Problem darstellt. Das durch den Kredit geschaffene Geld verschwindet bei Rückzahlung wieder. Was aber nicht verschwindet, ist der mit dem Kredit geschaffene Zinsanspruch. Für diesen wird automatisch kein entsprechendes Geldvolumen geschaffen. Über die Zinsansprüche summiert sich die Verschuldung im System. Damit können die Banken insofern leicht umgehen, indem sie besonderen Schuldnern ihre Schulden erlassen. Der Nennwert in Geld dieser erlassenen Schulden verschwindet aus der Bankbilanz aber nicht aus dem System, sondern bleibt als Zahlungsmittel in Umlauf. Damit haben die kreditsteuernden Großbanken ein weiteres Mittel der Feinsteuerung des Wirtschaftsgeschehens.
Wir reden hier von Demokratie? Wer kontrolliert die kreditsteuernden Großbanken? Die Zentralbank? Eine staatliche BaFin oder dergleichen? Die Zentralbank stellt gewisse mehr oder weniger durchsichtige Regeln auf, die rein den Umfang der Kreditgewährung (Geldschöpfung) in gewisser Weise einschränken sollen, falls sich die Großbanken daran halten und sie entsprechend kontrolliert werden können. Die BaFin bemüht sich soweit andere Regelungen dies zulassen, die Einhaltung solcher Regeln anhand gewisser Indizien zu überprüfen – bisher offensichtlich ohne nennenswerten Erfolg. Offiziell werden sich die Großbanken an die Regeln halten, denn es sind „ihre“ Regeln. Die Zentralbanken als Gemeinschaftswerk der Großbanken der westlichen Wertegesellschaft und ihr Zentralinstitut, die private „Bank für Internationalen Zahlungsausgleich“, haben sich die Regeln selbst geschaffen, um zu verhindern, dass ihr Machtmittel, das Geldwesen außer Kontrolle gerät. Schließlich ist daran zu denken, dass das Fachpersonal der Zentralbanken nur über die Karriereleiter bei den Großbanken auf ihre Position bei der ZB gelangt.
Doch jede einzelne Großbank sucht nach Möglichkeiten durch inoffizielles Umgehen der Regeln oder Entdeckung von Lücken ím Regelwerk, ihre Position gegenüber ihren wenigen Mitbewerbern weiter zu stärken. Um die schwachen Kontrollmöglichkeiten des Staates weiter einzuschränken, beschloss der Deutsche Bundestag am 13.6. auf die Bankenaufsicht über die Großbanken (mit mehr als 30 Mrd. € Bilanzsumme, eine völlig willkürliche Festlegung) ganz zu verzichten und sie gleich der EZB zu übertragen. Nur die nicht nennenswerten Banken sollen noch von staatlichen Institutionen überwacht werden. Ist das nicht eine Farce? Die EZB regelt die Zinspolitik der Banken, den Spielraum der Kredit/Geldschöpfung und entlastet die Banken, die sich verspekuliert haben, indem sie ihnen zu Lasten der beteiligten Staaten „Wertpapiere“ abkauft. Sie wird nun dafür sorgen, dass der Spielraum des „Aus der Reihe Tanzens“ für die Großbanken eingegrenzt wird, aber nicht, dass die Macht der Banken gegenüber Staat und Bevölkerung beschnitten wird. Die kaum vorhandene politisch-staatliche Kontrolle wird damit völlig aufgehoben.
Die Macht über Politik und Wirtschaft und damit über die Gesellschaft wird über das Kreditwesen (Geldschöpfung) ausgeübt. Etwaige Einschränkungen dienen lediglich zur Verschleierung dieses Tatbestandes. Die Parteien, als Karriere-Vermittlung für Möchtegern-Politiker haben darauf keinen Einfluss und diejenigen, die endlich dank geeigneter Schmiereigenschaften eine politische Position erklommen haben, sind seltener direkt aber auf jeden Fall aber indirekt weisungsgebunden. Eine Regierung, die nicht spurt, stößt früher oder später auf wirtschaftliche Schwierigkeiten, die zu ihrem Sturz führen. Das kann durch Abwahl aufgrund untragbarer Zustände oder im Extremfall durch Regime Change mittels „Fanatiker“ (im Sinne Miles Copeland, heute „Rebellen“ oder „Terroristen“) erfolgen.
Sie glauben das nicht? Nehmen Sie zum Beispiel die Cum-Ex-Geschäfte, auf die Die Welt am 14.6. hingewiesen hat: „Branchenkenner und Finanzbehörden schätzen, dass dem Steuerzahler durch sogenannte Cum-Ex-Geschäfte ein Schaden von mehr als zwölf Milliarden Euro entstanden ist. Die Summe ist so groß, weil die Politik so wenig dagegen unternahm.“ Dabei mitgeholfen zu haben, war wie im Fall Steinbrück oder Asmussen, durchaus Karriere fördernd. Seit Ende der 90er Jahre gab es bis 2012 einen blinden Fleck bei der steuerlichen Abwicklung von Wertpapiergeschäften. „Der Trick funktionierte so: Ein Händler verkaufte zunächst die Aktie in einem Moment, in dem er sie noch gar nicht besaß – ein sogenannter Leerverkauf. Aufgrund der Trägheit der Abwicklungssysteme ist dann rund 48 Stunden lang nicht klar, wer der Eigentümer des Wertpapiers ist, und es werden zwei Steuergutschriften ausgestellt. ‚Jede große oder mittelgroße Bank hat diese Geschäfte gemacht‘ gab ein Steuerberater zu… Banken und Investoren trieben nach Anfangserfolgen das Spiel immer mehr auf die Spitze, indem sie immer mehr Wertpapiere um den Dividendenstichtag leer verkauften. ‚Es ist denkbar, dass sich Investoren durch geschickte Gestaltungen die Steuer für ein Paket mehr als fünf Mal erstatten ließen‘, sagt Heribert Anzinger, Professor am Institut für Rechnungswesen und Wirtschaftsprüfung der Universität Ulm.“ Spätestens seit 2002 wusste das Bundesfinanzministerium um diese Geschäfte, ab 2005 auch die Bundesländer.
Der damalige Finanzminister Hans Eichel (SPD) unternahm nichts. Als der Druck immer größer wurde, brachte 2006 der Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) ein Gesetz auf den Weg, das er sich von der Bankenlobby hat vorfertigen lassen. Das machte alles noch schlimmer, denn es wies in der Begründung, dass die neue Regelung die Steuerausfälle durch Doppelanrechnungen nur „verringert“, auf diese Möglichkeit ausdrücklich hin. Aufgrund dieses Hinweises ’stiegen noch mehr Investoren in das Geschäft ein‘, berichtete ein Wirtschaftsprüfer fassungslos. ‚Es ist für alle überraschend, dass der Gesetzgeber zehn Jahre gebraucht hat, um die Gesetzeslage zu korrigieren.‘“ Das sei erst 2012 „so ziemlich“ geschehen. Wahrscheinlich haben sich inzwischen andere „Sparmöglichkeiten“ aufgetan.
Gewiss der Staat braucht Geld, aber nicht das seiner Herren, sondern das seiner Untergebenen. Das war unter der Tyrannis und den Diktatoren nicht anders als unter der Regie gewählter Volksvertreter, solange sich das Volk nicht um das Tun und lassen seiner „Vertreter“ kümmert und sich per „anerkannter“ Zeitung oder Fernsehen in Form bringen lässt.
1 Reaktion zu “Abstrakt Leben – Geld als Mittel der Abstraktion”
Wie Sir Arthur Charles Clarke in „Profile der Zukunft“ vorhersagte (kein ernstzunehmender Wissenschaftler hat es je gewagt, an seinen prophetischen Worten zu zweifeln), wird die Zeit kommen, „wo die Mehrzahl unserer gegenwärtigen Kontroversen auf diesen Gebieten (Politik und Wirtschaft) uns ebenso trivial oder bedeutungslos vorkommen werden wie die theologischen Debatten, an welche die besten Köpfe des Mittelalters ihre Kräfte verschwendeten.“ Mit der Korrektur unserer seit jeher fehlerhaften Geld- und Bodenordnung durch eine freiwirtschaftliche Geld- und Bodenreform – und damit der Befreiung der Marktwirtschaft vom parasitären Gegenprinzip des Privatkapitalismus – wird diese Zeit anbrechen. Um sie hinauszuzögern und weiterhin mit Kinderkram beschäftigt zu bleiben, konstruieren studierte „Wirtschaftsexperten“ idiotische (ein Idiot ist jemand, der öffentliche und private Interessen nicht voneinander trennen kann) Gedankenexperimente bezüglich einer angeblichen „Geldschöpfung der Geschäftsbanken“, damit der wirkliche Fehler im „Geld, wie es (noch) ist“ (Zinsgeld) für alle, die sich von diesem Unsinn ablenken lassen, unverständlich bleibt, und damit das fehlerfreie „Geld, wie es sein soll“ (Freigeld) gar nicht erst angedacht wird. Die von der Masse gewählten „Spitzenpolitiker“ lassen sich wiederum nur zu gern von diesem Unsinn zusätzlich verwirren, denn auch sie wollen sich weiterhin mit „theologischen Debatten des Mittelalters“ beschäftigen.
Die Gedankenexperimente dieser „Experten“ beruhen auf der gedankenlosen Verwechslung von Geld (Zentralbankgeld = Bargeld plus Zentralbankguthaben der Geschäftsbanken) und Ansprüchen auf Geld mit unterschiedlicher Fristigkeit („Geldmengen“ M1, M2, M3…), was ebenso unsinnig ist wie etwa die Addition der Büchermenge in einer Bücherei mit der Summe der Buchausleihungen. Wer heute „moderne Volkswirtschaftslehre“ studiert, muss diesen Unsinn unreflektiert übernehmen, oder er darf seine Klausuren nicht bestehen.
http://opium-des-volkes.blogspot.de/2013/01/geldtheorie.html