Man tut, was man kann
4. Januar 2014 von admin
1990, als die Berliner Mauer einstürtzte und die Sowjetunion im kalten Ost-Westkonflikt das Handtuch warf, atmete die Welt auf. Die ungeheuren Kosten des Kalten Kriegs konnten eingespart und die frei gewordenen Energien für die Überwindung der Armut und die Entwicklung einer menschlicheren Gesellschaft eingesetzt werden. Doch dem ward nicht so. Vielmehr begannen die USA gerade jetzt ihren Rüstungsetat dramatisch aufzustocken.
An Silvester 2013 ließen ihre ideologischen Führungsoffiziere die „konservative“ Die Welt schreiben: „China und Russland setzen wieder auf Taktiken des Kalten Krieges, um die amerikanische Weltordnung auszuhöhlen.“ Anlass waren neuerliche scharfe Reaktionen Russlands und Chinas auf westliches Vorgehen. Das Datum war von Die Welt gut gewählt, wenn auch vermutlich nicht bewusst. Denn der Namensgeber des Tages, Silvester I (314-335), war der legendäre Pabst, der zur Begründung der sogenannten Konstantinschen Schenkung benutzt wurde. Die Fälschung begründete das „Patrimonium Petri“, die politischen Ambitionen des Pabstums, die sich im Mittelalter so verheerend für das christliche Abendland ausgewirkt hatten.
Schon am 16.12.2013 hatte Washington durch die Sprecherin des Außenministerums, Marie Harf, Moskau gewarnt, ja nicht die baltische Region mit der Aufstellung von Iskander-Raketen an der Westgrenze Russlands (in Kaliningrad) zu destabilisieren. Am gleichen Tag hatte US-Verteidigungsminister Chuck Hagel erklärte, der zwischen dem Iran und den P5+1-Mitgliedsstaaten ausgehandelte Aktionsplan über Teherans Atomprogramm beseitige für die USA und die europäischen Verbündeten nicht die Notwendigkeit einer geplanten Raketenabwehr an der Ostgrenze Westeuropa. Er wiederholte dabei betont die Behauptung: Die NATO-Raketenabwehr stelle keine Bedrohung für Russland dar. Er gab aber keine Gründe dafür an, weshalb trotz des Teheran-Abkommens es für die USA „notwendig“ sei, am geplanten Rakentenschutzschild in Europa und rings um Russland und China festzuhalten. Moskau hatte maßgeblich dazu beigetragen, eine diplomatische Lösung der Konflikte um Syrien und den Iran zu ermöglichen. Ob eine solche Lösung allerdings im tatsächlichen und nicht nur geheuchelten Interessere der US-Elite ist und schließlich ralisiert wird, steht auf einem anderen Blatt. Aber trotz dieser Möglichkeit der Entspannung wollen die USA auf ihre Raketenstellungen in Rumänien, der Türkei und Bulgarien sowie in Polen und der Tschechischen Republik nicht, auch nicht vorerst, verzichten.
Dass die Raketenstellungen Russland nicht bedrohen, ist eine provokant plumpe Lüge des US-Verteidigungsministers. Selbst Akademiker der US Sicherheitspolitik betonen, dass die US-Raketenabwehr um Russland und China herum nicht defensiv, sondern durch aus offensiv gemeint sei. Sie bildet die Voraussetzung für einen erfolgreichen nuklearen Erstschlag, weil sie dem Opfer keine Chance zur Vergeltung ließe. Das Risiko eines effektiven Vergeltungsschlags würde dem Angreifer Zurückhaltung auferlegen, sollte er vernünftig sein. Die Professoren Keir A. Lieber und Daryl G. Press schrieben in Foreign Affairs, March/April 2006, H 2, S. 51 ff unter dem Titel Nuclear Exchange: Does Washington Really Have (or Want) Nuclear Primacy?: „Mit anderen Worten, die derzeitige und zukünftige Atomstreitkraft der USA ist offenbar dafür angelegt, einen präemptiven, entwaffnenden Schlag gegen Russland oder China zu richten.“ Ähnliches wurde speziell für China wiederholt (vgl. Keir A. Lieber and Daryl G. Press, „U.S. Nuclear Primacy and the Future of the Chinese Nuclear Deterrent,” in: China Security Quarterly, H. 5 (2006/07), S. 66 ff. In einer Entgegnung im September/Oktober Heft 2006 von Foreign Affairs werden als ernsthafte Gründe, die gegen den offensive Charakter der Raketenabwehr sprechen, nur verbale Erklärungen des US-Präsidenten und führender US-Politiker aufgeführt. Doch selbst eine schriftliche Garantie-Erklärung, dass die Raketensysteme nicht gegen Russland gerichtet seien, um die sich der russische Außenministe Lawrow damals bemühte, hatte die US-Regierung verweigerte. Es ist also kein Wunder, dass Russland an seiner Westgrenze Iskander-Raketen stationiert hat oder in Kürze stationieren wird und andere Maßnahmen ergreift.
Washington hat seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1990 wirtschaftlich und militärisch weiter gegen Russland gearbeitet. Unter Verletzung des Reagan-Gorbatschow-Abkommens dehnte Washington die NATO nach Osteuropa und in die Baltischen Staaten aus und errichtete militärische Stützpunkte an Russlands Grenzen. Seit zwölf Jahre führt die US-Elite in Afghanistan, Irak, Somalia, Libyen, Pakistan, Jemen, Krieg und als Wirtschaftskriegund militärische Bedrohung gegen Syrien und den Iran. Diese Kriege forderten hohe Kosten an Geld, Prestige, mit Toten und Verletzten auf Seiten sowohl der USAaber vermehrt bei der jeweils angegriffenen und destabilisierten Zivilbevölkerung. Für keinen dieser Kriege gab es einen driftigen Grund oder – außer konstruierten Lügen – eine vertretbare Erklärung. Nun planen die USA abgesehen vom Rüstungsetat bis 2013 rund $ 355 Mrd. für die Modernisierung ihrer Atomwaffen auszugeben, besagt der Ausgabenplan des Haushaltsausschusses des US-Kongresses, etwa $ 136 Mrd für ballistische Raketen, U-Boote und Bomber, $ 105 Mrd. für den Bau neuer Atomreaktoren der Marine. Für die Lagerung der Atomwaffen, die Rüstungskontrolle und den Raketenschild wollen die USA $ 215 Mrd einsetzen. Unter anderem sollen die Atombomben B61 zu Lenkwaffen umgebaut werden. $ 56 Mrd. sollen in die Strategische Kommunikations-, Führungs- und Frühwarnsysteme fließen und 59 Milliarden Dollar sind für unvorhersehbare Ausgaben eingeplant.
Russland und China reagieren natürlich auf diese Bedrohung durch erneutes Wettrüsten und werden deshalb vom Westen und seinen Gläubigen als „Kalte Krieger“ verwarnt. Ob das Wettrüsten dieses Mal für die USA wieder den gleichen Erfolg zeigigen wird wie 1990, ist allerdings ungewiss. Die Führungen beider Länder haben ihre Lehren aus der Vergangenheit gezogen. Ob sie allerdings auch die von der CIA weiterentwickelte gesellschaftliche Waffe der „bunter Revolutionen“ beherrschen, bleibt trotz des Anschauungsmaterials, das die wirtschaftliche Entwicklung im Westen bietet, fraglich. Es finden sich immer Unzufriedene.
In diesem Zusammenhang ist auf die derzeitige zweite orange Revolution in der Ukraine und auf die jüngsten Anschläge in Russland zu verweisen. Zu letzteren schrieb der amerikanische Arabo-Islamologe Dr. Kevin Barrett: Prince Bandar Bin Sultan sei nachweislich „der oberste operative Leiter der Al-Qaeda, jener CIA Database ihrer arabischen Mujahideen Kämpfer seit dem 1980er Krieg in Afghanistan. Die derzeitigen Einsätze der von der CIA und Mossad unterstützen Al-Qaeda Kämpfer in Syrien kommandiert Bandar .“ Bandar Bin Sultan hatte nach durchgesickerten diplomatischen Berichten Putin am 31.7. 2013 in Moskau unter anderem vorgeschlagen, die Tschetschenischen Terroristen, die ihm unterstünden, davon abzuhalten, die Olympischen Spiele in Sotchi zu boykotieren, falls Moskau Assad fallen ließe. Putin soll das Angebot damals entrüstet abgelehnt haben. Jetzt kam es einen Monat vor Beginn der Spiele zu den beiden Anschägen in Wolgograd. Was würden Sie an Putins Stelle darüber denken? – und auch darüber:
Die Außenminister der USA und Deutschlands haben das Vorgehen der ägyptischen Regierung gegen die Muslimbrüdern kritisiert. Laut dpa kritisierte der deutsche Außenminister, Frank Steinmeier, am Freitag wie auch US-Außenminister John Kerry die Einstufung der Muslimbruderschaft als Terroristenorganisation. Nach dem jüngsten Bombenanschlag in der Stadt Al-Mansura, nördlich von Kairo, hat die ägyptische Interimsregierung die Muslimbrüder als eine Terroristenorganisation eingestuft. Der US-Journalist Robert Dreyfuss hatte in seinem 390 seitigen Buch „Devil’s Game, how the United States helped unleash fundamentalist Islam“ (New York, Henry Holt & Co, 2005) detailliert beschrieben, wie die USA seit den 1950er Jahren die Muslim Brüder von den Briten übernahmen und während des Kalten Krieg erfolgreich für ihre imperialen Interessen umprogrammiert haben. Schon Nasser hatte die Muslimbrüder in Ägypten entschieden bekämpft und wurde dabei ermordet. Sein Nachfolger Sadat (wie angeblich auch Erdogan in der Türkei) war dann selbst schon ein Muslim Bruder.
„Den Dollar hält in seinem Lauf weder Ochs noch Esel auf“, könnte man angesichts solcher Bemühungen meinen. Ob „man“ mehr Recht hat als Erich Honecker damals mit seinem Spruch? Der 100. Gründungstag der Federal Reserve Bank war wirklich kein Grund zum Feiern. Seit ihrer Gründung im Jahr 1913 hat der US-Dollar 98 Prozent seiner Kaufkraft verloren. Laut einer jüngeren Studie der Brookings Institution liegen die Reallöhne in den USA u.a. auch dank der Dollarentwertung unter dem Niveau von 1964. 1974 verdiente ein durchschnittlicher Arbeiter pro Woche 350 Dollar, gemessen in Dollar des Jahres 1982. Heute liegt dieser Wert bei 290 Dollar. Der Investment Researcher Porter Stansberry, veröffentlichte am 26.12.2013 zu diesem Thema. „Seit dem vierten Quartal 2009 liegt das amerikanische Leistungsbilanzdefizit bei mehr als 100 Mrd. Dollar pro Vierteljahr. Als Folge davon besitzen ausländische Anleger nun in den USA Anlagevermögen in Höhe von 24 Billionen Dollar mehr als amerikanische Anleger im Ausland. … Seit 2007 hat sich die amerikanische Staatsverschuldung auf kommunaler, bundestaatlicher und staatlicher Ebene von etwa 10 Billionen Dollar auf 20 Billionen Dollar verdoppelt. … Die Verschuldung der Studenten, die auch durch Regierungsgarantien erleichtert wurde, hat sich seit 2007 (sic!) ebenfalls auf mehr als eine Billionen Dollar verdoppelt. Alles in allem hat sich die Schuldenlast in der amerikanischen Wirtschaft seit 2007 von etwa 50 Billionen Dollar auf jetzt 60 Billionen Dollar erhöht.“ Das geschah trotz Amerika-freundlicher Deutscher Anleger, die nach Berechnungen des Leipziger Finanzwissenschaftlers Gunther Schnabl in den vergangenen Jahren mit Investitionen im Ausland rund 462 Milliarden Euro verspielt haben (das legendäre „stupid german money“). Das ist mehr als ihnen EZB und Fiskus durch ihre Inflationierungspolitik geraubt hätten.
Die Produktion der Euro-Zone erlebt zur Zeit den stärksten Rückgang seit mehr als einem Jahr – auch in Deutschland. Ökonomen prognostizieren einen holprigen Start ins neue Jahr. Handelsblatt. Die 50 größten Banken in Europa brauchen nach Berechnungen der Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) noch 110 Milliarden Euro an zusätzlichem Eigenkapital. Erst dann wäre die Kapitalausstattung der Geldhäuser keine Belastung mehr für deren Ratingnoten (und nur noch für die Bürger) erklärte S&P in einer am 19.12 veröffentlichten Studie. Die Institute bauten derzeit vor allem ihre Bilanzen (per Schuldenerlass, welchen Schuldnern die zu Gute kommt, wird nicht gesagt) ab, um den Kapitalbedarf zu senken: Im ersten Halbjahr habe ein Bilanzabbau um 1,1 Billionen Euro die Lücke in der Kapitaldecke um 34 Milliarden Euro gesenkt.
Sterbehilfe für Erwachsene ist in Belgien schon seit längerem zulässig. Nun stimmte dort der Senat mit breiter Mehrheit auch der Sterbehilfe für Kinder zu. Widerstand gibt es vor allem von Seiten der katholischen Kirche. Das geplante belgische Gesetz sieht keine Altersbegrenzung mehr vor. Es gibt halt zu viele Menschen und die teuren ersetzt man wirtschaftlich gerne durch billigere aus entsprechend ruinierten Ländern – so viel zur freigegebenen Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien. Entschuldigen Sie bitte den Zynismus, den ich hiermit dem der rot-schwarz-grünen Europa-Schwärmer entgegen setze.
5 Reaktionen zu “Man tut, was man kann”
Lieber Herr Dr. Böttiger,
niemand ist gezwungen seine Existenz über die Prostitution zu sichern. Es gibt genügend Alternativen jenseits des konventionellen Denkens und Handelns.
Wer es dennoch tut darf sich nicht wundern wenn man in jeder denkbaren Form über ihn bestimmt.
Das Problem erkennt also stets wer sich vor einen Spiegel setzt (und im Grunde hat er damit auch die Lösung).
Aber natürlich ist und war es schon immer einfacher irgendwelchen Führern hierfür die Schuld zuzuweisen, dabei wird völlig übersehen das bereits derjenige selbst verantwortlich ist der Führung zu-, sich also fremdbestimmen lässt.
Niemand braucht Staaten, Regierungen, Parlamente und Politiker. Genausowenig sind wir auf den Hauptverknappungsfaktor „Geld“ angewiesen. Mit dem Ende des Geldes bzw. der Suche nach Führung wäre auch Schluss mit den globalen Verwerfungen auf jeder Ebene.
Eine Änderung kann jeder nur für sich selbst bewirken. Jammern nutzt nichts.
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Wir leben nicht als Monaden in dieser Welt, sowenig wie wir alles, was wir zum Leben benötigen selbst herstellen.
Es geht um die Regelung des Miteinander. Spekulanten und Rattenfänger bieten angebliche Auswege an, um am Elend anderer zu verdienen, und beruhigen ihr Gewissen mit dem „Jeder für sich selbst“.
@admin
Sollen Ihre Bemerkungen irgendeinen Bezug zu dem von mir Geschriebenen haben? Wenn ja, kann ich ihn nicht feststellen.
Oder war dies der Versuch missliebige da unkonventionelle Meinungen bzw. Lösungen zu diskreditieren, ganz nach dem Motto „es kann nicht sein was nicht sein darf?“
Wenn man sich selbst bereits in Untergangsszenarien gemütlich eingerichtet hat kommen positive und schöpferische Signale freilich sehr ungelegen.
Natürlich geht es um neue Definitionen des Miteinanders, und selbiges gelingt ganz sicher und weit besser ohne irgendwelche „Führer“, zumindest solange man darauf achtet, dass wir nicht wieder in anonyme und dadurch asoziale Strukturen zurückfallen.
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Zum Grossteil ist es der Larouchebewegung zu verdanken dass die Lage noch nicht vollends eskaliert ist. Man sollte diese Leute unterstützen wo man kann.
Was „unsere amerikanischen Freunde“ betrifft, sollte man stets an „Joint Vision 2020″( herunterladbar im Internet) denken. Nur wer die Ziele der Amerika beherrschenden Teufel kennt, kann deren Politaktivitäten begreifen und einordnen. Es geht um „Full Spectrum Dominance“ – Vorherrschaft auf allen Ebenen. Dafür ist jedes Mittel recht!