… wie es im Buche steht.
1. Februar 2014 von admin
Der Markt als Modell garantiert dem Einzelnen bürgerliche Freiheit: ‚Niemand wird zur Arbeit gezwungen. Jeder schafft, was er am besten kann und wofür er einen Abnehmer findet, zum größt möglichen Vorteil für sich selbst. Dabei soll ihm möglichst niemand dreinreden – vor allem keine Regierung. Was insgesamt dabei herauskommt, kann er/man ehe nicht wissen.‘ Keiner hat das klarer gesehen und selbst fester geglaubt als der Übersetzer von Adam Smiths The Wealth of Nations ins Deutsche, Max Stirner, in seinem Buch Der Einzige und sein Eigentum (1844). In diesem Buch über bürgerliche ‚Freiheit und Eigentum‘ hatte er u.a. geschrieben: „Mein Bein ist nicht ‚frei‘ von dem Prügel des Herren, aber es ist ‚mein‘ Bein und ist unentreißbar. Er reiße Mir’s aus und sehe zu, ob er noch mein Bein hat! Nichts behält er in der Hand als den Leichnam meines Beines, der so wenig mein Bein ist, als ein toter Hund noch ein Hund ist.“ Konsequent weitergedacht müsste er schreiben: „Er nehme mir das Leben, er hat einen Leichnam, aber ich bin frei.“
Daran ist man erinnert, wenn man am 24.1. über das Land der Jeder-ist-seines-Glückes-Schmied-Freiheit bei http://www.seite3.chliest: „Laut Bloomberg TV wollen (!) immer mehr Amerikaner ihre Körperteile verkaufen, um an Cash zu kommen. Vielen US-Bürgern geht es inzwischen finanziell so schlecht, dass sie ihre Körperteile zu verkaufen versuchen (die freie Entscheidung eines Einzelnen – niemand wird gezwungen!).“ Der TV-Sender bezieht sich auf Informationen über den Verkauf von Organen bei Google. „Besonders beliebt ist dabei der Verkauf von Haaren oder Muttermilch. Auch auf eine Niere scheinen immer mehr US-Bürger verzichten zu wollen (!) und erhalten dafür nach Recherchen von Bloomberg rund 15’000 Dollar. Eine Leber ist teurer und auf dem Schwarzmarkt für rund 37’000 Dollar zu erhalten. Vielen kranken Amerikanern bleibt fast keine andere Wahl, um am Leben zu bleiben.“ Spiegel.tv berichtet Ähnliches über Südamerika. Weil man dort weniger marktwirtschaftlich gesinnt ist, wird dort weniger gehandelt, sondern schlicht geraubt (http://www.youtube.com/watch?v=c_UWYVvA4GA zeigt Ähnliches).
Nicht weit von dieser Freiheit entfernt ist der Vorschlag eines Gutachters vom griechischen Zentrum für Planung und Wirtschaftsforschung (KEPE)? Danach solle man zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit „junge Leute ein Jahr lang … umsonst arbeiten zu lassen“. Darüber hinaus schlägt er die weitere Deregulierung des Arbeitsmarkts vor, um „dem brennenden gesellschaftlichen Problem der Arbeitslosigkeit zu begegnen“. Marktwirtschaftlich gesehen hätte er nur die Reihenfolge seiner Argumente vertauschen müssen, um das peinliche „umsonst arbeiten“ zu vermeiden. Die weitere Deregulierung hätte bei weiterhin mangelhafter zahlungsfähiger Nachfrage von alleine dafür gesorgt. Das mit dem „ein Jahr lang umsonst arbeiten“ wird übrigens hierzulande bereits praktiziert, es nennt sich wohlklingend „Praktikum“.
Wie komme ich wieder einmal auf die Markt-Problematik? Jemand hatte die deutsche Wirtschaftselite „bekloppt“ gescholten hatte, weil sie federführend bei der „Energiewende“ mitmacht. Ich habe ihm geantwortet: „Bekloppt ist die Wirtschaftselite nicht. Sie ist dabei nur ihren wirtschaftlichen Vorstellungen gefolgt. Denn was ist wirtschaftlicher bei einem zahlenmäßig eindeutig vorgegebenen Masseneinkommen (Kaufkraft), entweder a) mehr zu produzieren und damit die Preise zu senken oder b) weniger zu produzieren und damit die Preise anheben zu können, um das zurückzuholen, was man vorher als Löhne ausbezahlt hatte? A) brächte Aufschwung und Optimismus, b) bedarf der Rechtfertigung gegenüber der Masse. Der Rechtfertigung dient „Umwelt-, Klima-Schutz“ und dergleichen. Damit schrumpft sich die Elite, indem sie ihre Macht konzentriert, gesund, wenn und solange die dumme Masse sich beschwatzen lässt und mitmacht.
Ich bekam darauf von anderer Seite die wohlwollende Belehrung „Wirtschaft basiert auf Entscheidungen, und Entscheidungen werden stets von Einzelnen getroffen,… Dadurch kommt es zu Entscheidungen des einzelnen Unternehmens, das in seinen diversen Märkten auf fremde Unternehmen trifft. Nimmt ein Unternehmen seine Produktion zurück, springt ein anderes ein. Das muß zur Zeit der Flugzeugbauer Airbus erfahren,… Preise regeln sich über Märkte. Das schließt nicht aus, daß Anbieter Preislisten mit Phantasiepreisen schreiben. Nur werden die im Markt oft nicht durchgesetzt. Da ist man „flexibel“ (oder geht unter). Auch die Verblödung der Bevölkerung durch grüne Umerziehung setzt den Marktmechanismus nicht grundsätzlich außer Kraft – jedenfalls nicht unmittelbar. Außer Kraft gesetzt wird er vielmehr durch (verfassungswidrige) staatliche Zwangseingriffe. Die Verblödung wirkt dadurch, dass die Bevölkerung den Widerstand gegen die schleichende Abschaffung von Freiheit und Demokratie verpasst, weil sie die schleichende Transformation nicht als Gefahr erkennt.“
Darauf antwortete ich ihm: „Ich kenne natürlich das Markt-Dogma. Sie (der wohlwollende Belehrer) berücksichtigen nicht die Konzentration im Geldgeschäft hinter/über dem Produktionsgeschäft (z.B. für größere Investitionen), bishin zu informellen Absprachen der verschwindend wenigen Top-Playern. (Zu Absprachen muss es garnicht kommen, da diese Leute auf analoge Weise „wirtschaftlich“ denken und meistens – wenn auch auf ihre Sonderinteressen verkürzt – noch den Überblick haben.) Was Sie sagen, gilt für die Frittenbude an der Ecke und mittelständische Betriebe in der Hand von Mittelständlern – wo das noch der Fall sein sollte. Der entscheidende Hebel (neben der Finanzwirtschaft) ist die Energiewirtschaft. Wer außer einem Bankenkonsortium kann schon in ein Großkraftwerk investieren? (Gewiss, man kann „Anteile“ kaufen.) Die unzuverlässigen alternativen Energien sind nur der Theaternebel (um das Energiegeschäft) für das ein leichtgläubiges Publikum auch noch zahlen darf. Über Finanzierung und Energie wird die Produktion derer gesteuert, die nicht unmittelbar an die Entscheidungshebel ganz oben herankommen. Das spiegelt sich bereits in den Stabsabteilungen der Großunternehmen wider. Dort versteht man auf Grund der Dogmengläubigkeit oft die Entscheidung ganz oben nicht mehr – fügt sich aber „notgedrungen“. Genau dafür erzielt man dort anständige Gehälter.“
Dass „der Staat“ letztinstanzlich immer als der Bösewicht gilt, geht ebenfalls schon auf den „bedächtigen Schrankenhasser“ Max Stirner zurück. Wer sich allerdings des Staates zu welchem Zweck bedient und bedienen kann, wird dort wie bei den heutigen Markt-Ideologen nicht erörtert. Max Stirner ist der Ideologe der Mittelklasse, selbst wenn diese ihn nicht gelesen hat und wegen seines Verbalradikalismus für abgeschmackt halten würde. (Aus diesem Grund war sein am 28. 10. 1844 vom Zensor verbotenes Buch bereits vier Tage später vom Herrn von Falkenstein im dresdner Innenministerium wieder zugelassen worden und zwar mit Rücksicht auf „die Zweckmäßigkeit und wirkliche Notwendigkeit im Sinne der öffentlichen Wohlfahrt“. Mit der die Produktion steigernden und zentralisierenden Industrialisierung haben sich neue Verwaltungs- und Verteilungs-Verhältnisse entwickelt. Sie sind das Arbeitsfeld der neuen „Mittelklasse“. Ihr Prophet war Max Stirner.
Statt einer gesellschaftlichen Analyse der realen zusammenhängenden und einander bedingenden Überlebens- und Entwicklungs-Bedingungen präsentierte Stirner eine egozentrische Ideologie mit Konkurrenzkampf im Sinne der Privatinteressen der je „Einzigen“. Statt die gesellschaftlichen Verhältnisse zum Besten aller Mitmenschen einzurichten, empfahl er, man solle der Fraktion das Votum geben, welche die eigenen Partikularinteressen am besten zu fördern verspricht. Seiner Ideologie entspräche es aber auch als Radikaler, falls es die privaten Verhältnisse erlauben, gleich ganz auszusteigen, um die eigenen Interessen auf eigene Faust oder im „Verein“ der je Einzigen durchzusetzen.
Das „frei“ für einen Markt produzierende Bürgertum hatte sich als gesamtgesellschaftlich regulierende Institution die Demokratie vorgestellt. In Ihr sollten im Parlament die unterschiedlichen Vorstellungen zur optimalen Regulierung des Gemeinwohls erörtert und die „vernünftigste“ schließlich beschlossen werden, die dann eine kontrollierte Regierung umsetzt. Mit dem Verschwinden dieses Bürgertums im Zuge der Industrialisierung übernahm die Mittelklasse die Institutionen der Demokratie. Damit wurde sie in allen Industriestaaten zur stellvertretenden Herrschaft der verschwindend klein gewordenen, tatsächlich herrschenden, zentralen Finanziersklasse. Für diese verwalten die Spitzen der Mittelklasse mit dem Schein sachlicher Notwendigkeit – also „alternativlos“ – das einiger maßen Funktionieren in dem ihnen jeweils zugewiesenen Teilbereich der Gesellschaft. Das gelingt ihnen, weil und solange jeder Einzelne dieser Spitzenkräfte privat letztinstanzlich vom Wohlwollen der Geldgeber abhängt. Der Mittelklässler verortet sich als Sozialdemokrat bei einem Proletariat, das es längst nicht mehr gibt, als CDU/FDPler bei einer Bourgoisie, die es ebenfalls nicht mehr gibt, und als „Grüner“ unmittelbar bei den herrschenden Finanzinteressen, die er allerdings nach außen zu bekämpfen vorgibt (damit den sogenannten „Rebellen“ in Libyen, Syrien oder in der Ukraine etc. vergleichbar). Vertreter der Mittelklasse führen als Scheinproduzenten verbürokratisierte Unternehmen und Institutionen oder produzieren als „anerkannte“ Intellektuelle den ideologischen Schein für das Ganze. Keiner kann und will behaupten, dass beide Tätigkeiten nicht sehr anspruchsvolle Beschäftigungen wären und manchmal sogar die Durchsetzung radikaler Richtungsänderungen verlangen könnten.
In diesem Sinne hat etwa die Umweltministerin Kanadas, Leona Aglukkaq, plötzlich die frühere Behauptung der Harper-Regierung zurückgenommen, sie verfüge über wissenschaftliche Beweise dafür, dass die Menschen „zum größten Teil für die Klimaänderung verantwortlich“ sind und dass man diese „ernst“ nehmen müsse; oder scheint die EU-Kommission jetzt anordnen zu wollen, dass das Vereinigte Königreich (UK) seine Subventionen für Windparks einstellen solle. The Telegraph (30.1.) schrieb dazu unter der Überschrift: Europe wants to block UK wind farm subsidies” „Die Kommission … wird dabei argumentieren, dass die Windparks an Land und die Solarindustrie ‚ausgereift‘ sind, und man ihren Betrieb ohne Unterstützung durch den Steuerzahler durchführen solle.“ Und selbst in Deutschland scheint der rot-grüne Gabriel dafür sorgen zu sollen, dass entsprechende Subventionen zurückgenommen werden, allerdings vorsichtig, weil ihr Zweck, die Demontage der Industrie in Deutschland, noch nicht im gewünschten Umfang erreicht zu sein scheint. Doch baut man hier wegen der Unzuverlässigkeit der Erneuerbaren“ in den nächsten zwei Jahren 10 neue Kohlekraftwerke und plant 15 weitere. Das heißt, die mit mehreren Mrd. € betriebene „Klimarettung“ wird in den Wind geschrieben. Warum? Fürchtet man Aufstände? Davon war selbst auf dem „Wirtschaftsgipfel“ in Davos die Rede.
Und: Trotz massiver Gelddruckerei musste die EZB in Frankfurt kürzlich mitteilen, dass das Wachstum der Geldmenge M3 in der Euro-Zone im November 2013 entgegen den Erwartungen weiter zurückgegangen ist. Das heißt, es wurden kaum noch Kredite gewährt (im Oktober und November waren es jeweils 14 Mrd. € weniger als zuvor). Auch „die deutliche Verlangsamung des M1-Wachstums ist sehr beunruhigend, denn sie zeigt, dass der Konjunkturerholung die Puste ausgehen könnte“, warnte ING-Volkswirt Peter Vanden Houte am 29.1. (www.investor-verlag.de/)
Andererseit bereitet man – aus reiner Vorsorge – einen weiteren Griff in die Taschen der Bürger vor: “Eine Vermögensabgabe könnte ein Schritt zu einer Konsolidierung der (Staats-) Haushalte sein, ein gar nicht mal so ungerechter”, meinte ein Dr. Markus M. Grabka vom DIW. Denn “mit einer Vermögensabgabe holt er (der verschuldete Staat, der zuwenig Steuern eingetrieben hatte) das (Versäumte) auf einen Schlag nach.” „Eine einmalige Abgabe von zehn Prozent auf alle Bank- und Immobilienvermögen in der Euro-Zone würde rund 3853 Mrd. € in die klammen Kassen spülen und die Schuldenlast der 18 €-Staaten auf 5200 Mrd. € reduzieren. Damit ließe sich die Schuldenquote der Euro-Zone auf 55 % reduzieren. Die Zahl hat durchaus Strahlkraft, wurde im Maastricht-Vertrag doch eine Schuldenobergrenze von 60 % festgelegt.“ Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, klingt kaum anders: „Ohne ein Eingreifen des Staates wäre es zum Zusammenbruch des Finanzmarktes und zur Vernichtung von großen Teilen privater Vermögen gekommen. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass dies jetzt endlich ausgeglichen wird.“ (Die Welt vom 27.1.) „Gerecht“? Als wäre es dabei nicht um krankhafte Spekulationsverluste krankhafter Bankvertreter gegangen – oder etwa doch um verdeckte Gesellschaftsplanung (z.B. Enteignung) der obersten Finanzelite?