Nicht nur der Mai macht alles neu
2. September 2016 von admin
Bundeskanzlerin Merkel hat ab dem 22.8. binnen sechs Tage mit den maßgeblichen Vertretern von 14 EU-Regierungen Gespräche geführt. Das war eine physische Meisterleistung, zu der eine Hillary Clinton nicht mehr fähig wäre. Nur blieb unklar, worum es dabei ging und was dabei herauskam. Man denkt natürlich an Themen wie Flüchtlingsfragen und Zukunft der EU nach dem Brexit. Aber sind das für die Ausführungsorgane des anglo-amerikanischen Establishments wirklich vordingliche Fragen? Das neue Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr, Berlin, Juni 2016 deutet in eine andere Richtung der Mission. Die Bundeswehr, eine der Auxiliartruppen des US-Finanzfeudalismus, soll demnach strikter in die Außenpolitik der NATO eingebunden werden. War es das?
Dem widersprechen jüngste Schalmeienklänge der SPD nur scheinbar: Zwar sagte AA-Chef Steinmeier Ende August: „Die Konflikte in Syrien und in der Ukraine zeigen doch unser Interesse daran, Russland aus der engen Abstimmung der großen Wirtschaftsnationen nicht auszuschließen“ um dann fortzufahren „Wenn es endlich substanzielle Fortschritte in der Ostukraine und bei den Verhandlungen über eine Waffenruhe in Syrien gibt, sind die G-7-Partner sicher auch bereit, darüber mit Moskau zu sprechen.“ Das heißt, nur die unterwürfige Anerkennung westlicher Aggressionsgewinne sind die Vorbedingungen einer Wiederaufnahme Russlands in den Club des Westens. Doch zurück zum Weißbuch.
Dort heißt es: „Deutschlands sicherheitspolitischer Horizont ist global“, Berlin wolle „aufgrund seiner wirtschaftlichen, politischen und militärischen Bedeutung, die globale Ordnung aktiv mitgestalten„, sich „entschieden und substanziell als Impulsgeber in die internationale Debatte einbringen“, und weltpolitisch „Führung übernehmen“, dies nicht nur zu Wasser, zu Land und in der Luft, sondern auch mit Bezug „auf den Cyber-, Informations- und Weltraum.“ In diesem Punkt sei sich die politische Klasse in Deutschland einig. Denn im September/Oktober Heft 2016 der Zeitschrift „Internationale Politik“, dem Organ der deutschen Außenpolitik schreiben Brigadegeneral Carsten Breuer, der Leiter der „Projektgruppe Weißbuch“ in der Abteilung Politik des Verteidigungsministeriums, sowie sein dortiger Referent Christoph Schwarz: „Die Übereinstimmung (aller relevanten gesell. Kreise) in den zentralen Fragen der deutschen Sicherheitspolitik war wohl kaum jemals größer.“
Die entsprechenden Vorbereitungen betreibt Berlin nicht nur im Inland. Das legen Äußerungen der von Merkel besuchten Regierungschefs nahe. Am 22. 8. erklärte der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi in einer mit Kanzlerin Merkel und dem französischen Staatspräsidenten François Hollande auf dem Hubschrauberträger „Garibaldi“ abgehaltenen Pressekonferenz: Man wolle „für die Zukunft neue Impulse setzen“ und zwar bei der „äußeren Sicherheit, der gemeinsamen Verteidigung, der Kommunikation zwischen den Nachrichtendiensten und bei Verbesserungen der Verteidigungsindustrien.“ Am 23. erklärte der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka nach dem Besuch: „Ich bin überzeugt, dass wir auf lange Sicht nicht in der Lage sind, ohne eine gemeinsame europäische Armee auszukommen.“ (www.dailymail.co.uk 23.08.2016) Am 26. forderte der besuchte ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán: „Wir müssen der Sicherheit Vorrang einräumen und den Aufbau einer gemeinsamen europäischen Armee beginnen.“ (www.welt.de 26.08.2016)
Das Programm der Kanzlerin könnte auch in dem Artikel des Politikwissenschaftlers Wilfried von Bredow zu Beginn ihrer Reise aufleuchten. Er erschien in der FAZ vom 22.08.2016 unter dem Titel: Diese vertrackten Kriegsentscheidungen. Berlin könne sich, heißt es da, „aus lokalen und regionalen Gewaltkonflikten in anderen Teilen der Welt“ nicht heraushalten, es bleibe nur, „sich bei anstehenden Kriegsentscheidungen …keine Illusionen über rasche Erfolge zu machen, die Öffentlichkeit nicht mit nationalistischer Kriegsrhetorik oder uneinlösbaren Versprechen um Zustimmung anzugehen“ sowie „die eigenen mit den Interessen der Verbündeten“ sowie mit den der anderen „an der Aufrechterhaltung der internationalen Ordnung beteiligten Mächten abzustimmen“. Dass man auf Kriege künftig verzichten könne, fiel von Bredow gar nicht erst ein.
Wer „Führung übernehmen“ will, braucht ein politisches Konzept. Gibt es eines in Berlin? Das einzige, das sich erkennen lässt, ist, die historisch bedingte Nibelungentreue gegenüber der in den USA herrschenden Clique, die sich mit ihrem selbstgedruckten Geld die scheinbare Zustimmung ihrer Wähler jeweils mit teurer Propaganda und Massenmanipulation erkauft. Worum es bei der übernommenen „Verantwortung“ der deutschen Regierung gehen könnte, ist die Entlastung der Kriegsanstrengungen der USA, die sich damit angesichts einer Staatsverschuldung von rund 65 Billionen $ (es werden unterschiedliche aber durchweg sehr hohe Zahlen genannt) offensichtlich übernommen zu haben scheinen. Worum es Merkel also zu gehen scheint, ist, die Europäer auf neue Hochrüstungsprogramme und dazu auf Maßnahmen der zivilen Kriegsvorbereitung (siehe das neue „Konzeption Zivile Verteidigung“) einzuschwören. Es geht um den Aufbau einer EU-Armee, die der US-Army Aufgaben abnehmen soll – um vielleicht im Bereich von EUCOM (der für Eurasien zuständigen US-Kommandantur) einen Krieg zu führen.
Auf diese „perfide“ Idee könnte man angesichts der durch gezielte Aggressionen der USA und ihrer engen Verbündeten Saudi Arabien und Katar im Nahen Osten ausgelösten Flüchtlingswelle kommen, die auf die Destabilisierung Europas („fuck Europe“) gelenkt wurde. Dass es sich um eine gezielte Destabilisierung handelt, geht nicht nur aus veröffentlichten Wikileaks-Dokumenten hervor sondern auch schon aus dem Buch von Kelly M. Greenhill vom Sommer 2010: Weapons of Mass Migration – Forced Displacement, Coercion, And Foreign Policy (Massenmigrationswaffen – Vertreibung, Erpressung und Außenpolitik, auf Deutsch im Koppverlag). Sie hatte bereits am 20. April 2011, noch vor der Destabilisierung Libyens durchaus wiederlesenswert in der New York Times geschrieben:
„In den frühen Tagen dessen, was zum libyschen Aufstand heranwuchs, lud Muammar el-Gaddafi Minister der Europäischen Union nach Tripolis ein und stellte ihnen das Ultimatum: Stoppen Sie die Unterstützung der Demonstranten, oder ich werde die Zusammenarbeit in Fragen der Migration unterbrechen und Europa wird sich einer Menschenflut aus Nordafrika ausgesetzt sehen.
Angesichts der Geschichte Libyens als attraktives Transitland für Nordafrikaner auf dem Weg nach Europa, war das eine glaubwürdige Drohung.
Zum einen hatte sie in unterschiedlichem Umfang in den letzten zehn Jahren mindestens vier Mal funktioniert. In der Tat hat das Versprechen der Europäischen Union, die letzten verbleibenden Sanktionen gegen Libyen im Herbst 2004 aufzuheben, Gaddafi überzeugt, davon abzusehen (seine Drohung wahr zu machen). Zuvor war eine Welle von Nordafrikanern, die man damals noch für eine alarmierend große hielt, auf die kleine italienische Insel Lampedusa und von dort auf den Kontinent geflüchtet. Bis zum Jahr 2004 waren etwa 9.000 Menschen auf Lampedusa angelandet. 1.600 pro Monat kamen vor dem Abschluss der Vereinbarung zwischen Brüssel und Tripoli jeweils hinzu.
Diese nicht unerheblichen Zahlen waren nichts im Vergleich zu den prognostizierten 750.000 bis eine Million Nordafrikaner, die von den westlichen europäischen Staats- und Regierungschefs dieses Mal erwartet werden. Kein Wunder also, dass Ministerpräsident Silvio Berlusconi in Italien versucht, die guten Beziehungen zu Libyen so lange wie möglich aufrecht zu erhalten, zumindest solange wie er es diplomatisch als möglich erachtet.“
Dieser Artikel war im April 2011 – also vier Jahre vor der nun einsetzenden Migrationswelle, erschienen. Dazu kam es, nachdem sowohl Berlusconie als auch Gaddafi nicht mehr im Wege standen. Kann man davon ausgehen, dass die politische Klasse von der Migrationswelle überrascht worden ist? Das ausführlichere Buch über die Massenmigration als außenpolitische Waffe der Ph.D., S.M. vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) Kelly M. Greenhill, die auch in der Fachzeitschrift Strategic Insights zu dem Thema publizierte, war also schon seit 2010 auf dem Markt. Man hatte die Migrationswelle in Kauf genommen und ihre Erzeugung in Berlin sogar aus vorgetäuschter Humanität unterstützt, offensichtlich um „die globale Ordnung aktiv mitzugestalten“, wie es im Weißbuch heißt.
Syrien und die Ukraine könnten Auslöser sein, „um für die Zukunft neue Impulse zu setzen“ und die „globale Ordnung aktiv mitzugestalten.“ Vielleicht ist in diesem Zusammenhang auch interessant, dass der Chef der neuen chinesischen Behörde für internationale militärische Zusammenarbeit, Admiral Guan Yufei, im Rahmen einer Kontaktaufnahme zu den Ländern der gesamten Region nun auch Syrien besucht und dort spektakulär einen Vertrag unterzeichnet, dem zufolge das chinesische Heer syrische Militärs im Sanitätsdienst in China ausbildet. Natürlich geht es dabei um mehr, denn schon seit 4 Jahren wird die Hälfte der syrischen Militärärzte in China ausgebildet. Was Guan Yufei hinter diesem Vorwand wirklich eingeleitet hat, ist nicht bekannt, löste aber im Westen „Besorgnis“ aus. Man möchte nicht auch noch China in das Spiel bringen. Schließlich möchte man Russland und China getrennt angehen. In den letzten fünf Jahren hat sich die Volksrepublik China von jeder Form der Zusammenarbeit zurückgehalten, die von Washington als militärische Unterstützung verstanden werden könnte. Das scheint sich zu ändern.
Es gibt natürlich noch die andere Front, um die „globale Ordnung aktiv mitzugestalten.“ Sie verlief Ende August gerade im amerikanischen Luftkurort Jackson Hole. Dort treffen sich alljährlich die Spitzen des Finanzfeudalismus zu ihrem geldpolitischen Symposium. In diesem Jahr ging es um die Schaffung stabiler geldpolitischer Rahmenbedingungen. Die von den dort Versammelten ausgelöste, aus dem Nichts geschaffene Geldschwemme von zusammengerechnet über 12 Bill. Dollar seit 2009 hat zur Stabilität deutlich weniger als Nichts beigetragen. Das Volumen aller Zins-Derivate wurde unter anderem auch dadurch in den letzten zehn Jahren verzehnfacht und kommt inzwischen offiziell auf 550 bln. Dollar (wer kennt schon die genauen Zahlen?). Die Rede der FED-Chefin Janet Yellen auf dieser Tagung war wie eh und je nichtssagend. Allerdings deutete sie die Möglichkeit einer Zinserhöhung an, weil sich “in den letzten Monaten verstärkt” die Lage am US-Arbeitsmarkt verbessert habe, was allerdings – wie alle Zuhörer wohl wussten – nicht zutrifft. Eine Zinserhöhung wäre zwar eine Voraussetzung für so etwas wie eine Stabilisierung der geldpolitischen Rahmenbedingungen, würde aber als erstes einen sogn. „Crash“ in einer Dimension auslösen, wie sie die Welt bisher noch nicht erlebt hat.
Wäre die Wahl eines scheinbar unabhängigen Konservativen wie Trump nicht ein guter Zeitpunkt, um zur Bereinigung des über Jahre betriebenen Wirtschaftschaos einen ökonomischen Zusammenbruch auszulösen und diesem Trump dann die Schuld dafür anzuhängen? Die Handlungsfähigkeit der FED und der von ihr abhängigen Zentralbanken ist an ihre Grenze gestoßen. Sie handeln nur noch aus Angst vor den Folgen ihrer eigenen Politik. Ließe sich die Schuld auf Trump abwälzen, bliebe nur noch sich über „die Aufrechterhaltung der internationalen Ordnung mit den beteiligten Mächten abzustimmen“ wie von Bredow ankündigt. Dann könnten die eigentlich Verantwortlichen wieder wie Phönix aus der Asche auferstehen und mit der Einführung einer vielleicht „Mondo“ genannten Weltwährung die Neue Weltordnung zum Abschluss bringen. Diese (damit verbundenen) vertrackten Kriegsentscheidungen (von Bredow) bräuchten die Verantwortlichen nicht sonderlich zu kümmern. Deren Folgen würden – wie ihre bisherige Politik – für sie folgenlos nur die anderer, die blöde Masse (oder neuerdings das „Pack“) treffen und hätte noch dazu für die Elite den Vorteil, die ausufernde Überbevölkerung vor dem „Neubeginn“ drastisch zu reduzieren. Ob sich die für die eingerissene Misere Verantwortlichen nicht, wie mit ihrer Geldpolitik der letzten Jahren vielleicht doch verrechnen?
Die Antwort hängt u.a. von „Ihnen“, also von uns Pack ab.
4 Reaktionen zu “Nicht nur der Mai macht alles neu”
„Die Antwort hängt u.a. von „Ihnen“, also von uns Pack ab.“
Welche Position das „Pack“ einnimmt konnten Sie ja bereits den Kommentaren im letzten Spatz entnehmen.
Der Widerstand (wenn ueberhaupt) erschöpft sich (wenig vorbildhaft) darin, sich mit unattraktivem Konsumverzicht oder einer zu erwartenden Streiterei mit der GEZ oder irgendwelchen Behörden zu verschleissen.
Alles darüber hinausgehende, obgleich bedeutend wirkungsvoller und attraktiver wird von erpressbaren, rundumversicherten, korrumpierten Prostituierten der Ausbeutungsindustrie noch nichteinmal hinterfragt.
Schlimmer noch, jemand, der mit wirksamen Handlungen Widerstand zu leisten einfordert ist zunächst einmal mindestens „suspekt“ und kann damit nur niedrige Motive verbinden.
Dr. Böttiger, Sie werfen hier mit Ihren meist sehr guten Beiträgen Perlen vor die Säue.
Jeder Hartz-IV-Empfänger dient vermutlich (wenn auch unbeabsichtigt) mehr dem Widerstand als ihre wahrscheinlich gut betuchte aber tumbe Leser-Klientel.
Für die gilt, und dazu zitiere ich Sie: „Vorwärts von Fall zu Fall.“
An dieser Stelle nocheinmal die Anregung, Ihren Blog etwas lebendiger zu gestalten, vom Korsett wöchentlichen Erscheines zu befreien und dabei mehr Bezug auf aktuelle Geschehnisse zu nehmen.
@Ignore, wenn dir der Blog hier nicht zusagt, und Du dir nur anonym traust, „rumzukotzen“, wäre es da nicht klüger, den Blog einfach nicht mehr zu lesen? Vielleicht einen eigenen Blog zu betreiben? Steht ja jedem frei.
Dann bliebe auch uns Interessierten der Schmarrn an beleidigenden Kommentaren erspart, der so nutzlos wie Dreck im Getriebe ist.
@Ignore
Dr. Böttiger erklärt und belegt hier einmal die Woche die Feinheiten
des auserwählten anglo-amerikanischen Finanzfeudalismus (denen mit dem Reservepass aus Israel) – und die Auswirkungen auf die europäische Politik und Wirtschaft.
Wer die täglichen sich daraus ergebenden Schlagzeilen lesen möchte ist
dann beim Kopp Online durchaus gut aufgehoben.
Der Spatz ist so wie er ist gerade richtig und braucht auf keinen Fall
eine Reform. Davon haben wir schon genügend Unsinnige – täglich.
Bezüglich meiner beiden vorherigen Kommentatoren:
Die Gedanken gingen mir letzthin ebenfalls mehrfach durch den Kopf.
Angriffe und Beleidigungen halte ich für kontraproduktiv.
Letzten Endes erzeugen sie vor allem automatisch Ablehnung, wo ansonsten Aufgeschlossenheit gewesen wäre.
Im Grunde wertvolle Anregungen zu möglichen Strategien sind doch immer willkommen.
Wer dem folgen möchte, wird das auch tun.
Falls nicht, hilft auch kein Herabsetzen der vermeintlich erkenntnis- und reaktionsunfähigen Mitmenschen.
Es handelt sich hierbei sicherlich um Erwachsene mit Lebenserfahrung, die mehrheitlich nicht gewillt sind, sich wie Kinder die Verhaltensweise vorgeben zu lassen.