Müßiggang – aller Laster Anfang?
14. Januar 2017 von admin
Man sollte den Anfang besser Bequemlichkeit oder „Faulheit“ nennen. Hier ein Ergebnis: „Wir haben ein degeneriertes Pressesystem, das überhaupt nichts mehr verifiziert und sich darauf beschränkt, aus den political-correctness-Kanälen unbesehen durchzureichen, was gerade kommt. Wir haben ein degeneriertes Pressesystem, das sich längst daran gewöhnt und darauf eingestellt hat, dass Nachrichten gar nicht mehr zu hinterfragen sind, weil es Fakten gar nicht mehr gibt. Was politisch und ideologisch von oben vorgegeben wird, ist gefälligst zu glauben, und jeder Zweifler ist ein Verschwörungstheoretiker oder Populist. Darin hatten sich die Medien über Jahre bequem eingerichtet. Bequem, weil man kein Hirn braucht und es kaum Arbeit macht.“ Hadmut Danisch. Und die Folgen? Der „Sozialist“ und EU-Ratspräsidentschaft Robert Fico erklärte es am 9.1. den (bis auf einen) befreundeten Journalisten „Abenteuer wie das britische oder das italienische Referendum müssen aufhören. Solche Referenden stellten eine Bedrohung für die Europäische Union und den Euro dar.“ Bürger sind offensichtlich die Bedrohung – und welche Bürger wohl?
Es fällt auf, dass sich im Westen seit Jahren ein tiefgreifender Wandel vollzieht, ein immer breiter um sich greifendes Aufbegehren gegen die als Bevormundung empfundenen, aber wirtschaftlich misserfolgreichen Eliten. Daher gewinnen in vielen Ländern neue, radikalere politische Kräfte an Bedeutung: Podemos in Spanien, Syriza in Griechenland, die (von ihrem Chef inzwischen wohl verratene) Fünf-Sterne-Bewegung in Italien, die Front National in Frankreich, die Partei für die Freiheit in den Niederlanden, die Freiheitlichen (FPÖ) in Österreich, die AfD in Deutschland. Hinzu kommen Volksabstimmungen in der Schweiz gegen Masseneinwanderung (2014) und in diesem Jahr, in den Niederlanden gegen das EU-Ukraine-Abkommen, für den Brexit, die Wahl Donald Trumps zum nächsten US-Präsidentschaften und jüngst das abgelehnte Referendum in Italien. Das alles gilt den vielfarbigen „Systemlingen“ als „ewiggestrig“, „rückwärtsgewandt“, antiprogressiv, oft sogar als „antiamerikanisch“, obwohl diese Bewegung dort die westlichlicherseits vorgesehenen Präsidentschaftskandidatin abgewählt hat – insgesamt jedenfalls gilt sie als antiwestlich.
Und was wäre „westlich“? Viele wollen das wertmäßig sehen und beziehen es auf die „Westlichen Werte.“ Wenn man sich abgesehen von leeren Sprüchen nach solchen „Werten“ umsähe, stößt man nur auf Verlogenheit. Der frühere US-Präsident führt darin wahrhaftig den Vorsitz und krönt diese Werthaftigkeit bei seinem Abgang auf eine schon ins komische ausartende Weise. („Die Obamaregierung lügt gewohnheitsmäßig (habitually)“. „Die Republik wird problematisch, wir lügen über alles, Lüge wurde zum Ausgangspunkt“, Seymour Hersh in: The Guardian 27.9.2013). Der jüngste US-Beschluss unter Obama, den Dschihadisten tragbare Luftabwehrraketen zu liefern, ist so kriminell, wie es diese „Rebellen“ sind. Beschränken wir uns also auf die wirtschaftlichen Werte, weil sie unangefochten die Stärke des Westens sind.
Die USA haben zwischen 1973 und 2015 täglich durchschnittlich 8 Millionen Barrel Öl importiert. Dafür hätten sie insgesamt 279.500 Tonnen Gold ausführen müssen, 6.500 Tonnen pro Jahr, wie SRSRocco (s.u.) errechnet hat, also fast 100.000 Tonnen mehr, als jemals weltweit gefördert wurde. (Zwischen 1493 und 2014 wurden laut SRSrocco Report insgesamt 166.640 metrische Tonnen Gold gefördert, von der Antike bis ins Mittelalter weitere geschätzte 16.860 Tonnen, insgesamt 183.500 Tonnen, (World Gold Council errechnete Okt. 2016 183.700 Tonnen). Bis 1970 erwirtschafteten die USA Handelsüberschüsse. Seit der Abkopplung vom Gold im Jahr 1971 gibt es laut Zahlen des US Census Bureau nur noch Handelsdefizite, einzige Ausnahmen sind die Jahre 1973 und 1975 mit winzig kleinen Überschüssen. Zwischen 1976 und 2015 beliefen sich die Handelsdefizite insgesamt auf 10,5 Billionen Dollar. Diese müssten dann noch zu den 279.500 Tonnen Gold hinzugerechnet werden. (http://www.gold-eagle.com/article/us-empire-would-have-collapsed-decades-ago-if-it-didn%E2%80%99t-abandon-gold-standard, 10.1.2017). Dann wäre da der Gegenwert für die von US-Geldbesitzern im Ausland gekaufte Rohstoffe, Firmen etc. Wo sind diese „Werte“ geblieben? Sie liegen in Form von Papier in Tresoren der übrigen Welt (vorwiegend in China, Japan und Europa). Sie sind nur Versprechen auf Gegenwert. Ihnen wird mehr oder weniger freiwillig geglaubt.
Soweit wir wissen, ist jeder wirtschaftliche Fortschritt durch eine Kombination von technologischen Fortschritten, Spezialisierung und eine Ausdifferenzierung der Arbeitsteilung erreicht worden, die durch Eigentumsrechte, ehrliches Geld auf einem freien Markt ermöglicht wurden. Ein ehrliches Geldsystem hat Rückkopplungs-Schleifen, die verhindern, dass Dinge ausufern. Noch unter dem Bretton-Woods-System verschwanden bei einer Nation, die mehr importierte als exportierte, bald die Ansprüche auf Goldreserven (damalige Dollar) und damit auch die Geldmenge. Das regte Gegenmaßnahmen an. Mit dem Fiat-Geldsystem nach 1971 wurde dieser Mechanismus ausgeschaltet. Amerikaner kauften Produkte aus Übersee mit Fake-Dollar der FED. Ausländer – besonders die Chinesen – erwarben diese Dollars und setzten sie zum Ausbau ihrer Volkswirtschaften ein. Nun stellen sie im Wettbewerb mit US-Herstellern kredithungrigen US-Verbrauchern billige Produkte zur Verfügung. Das Handelsbilanzdefizit von Amerika mit China liegt gegenwärtig bei rund einer Milliarde Dollar pro Tag. Es ist seit Beginn des US-Chinahandels, etwa seit 1980, auf ein Handelsdefizit (allein mit China) von etwa 10 Billionen Dollar angewachsen (vieles davon floss wieder zurück, weil die Chinesen dort Fabriken kauften)). Vor allem mit den Fake-Dollar aus den USA wurde der Grundbestand von 225 Billionen-Dollar Schulden gelegt, die auf der gesamten Weltwirtschaft lasten. Ist es ein Wunder, dass das globale Finanzsystem schwankt, der Welthandel stottert, die Einkommen der noch Arbeitenden schrumpfen und die Empörung (nur nicht bei den rückgratlosen Deutschen) wächst?
Was können die Herrschenden da machen?
Nehmen wir ein Beispiel. In Afghanistan haben sich die Terrormilizen Islamischer Staat (IS) und die Taliban gegenseitig den Dschihad, den sogenannten heiligen Krieg erklärt, wie Nabi Djan Mullaheil, Polizeichef der Provinz Helmand dem pakistanische Sender „Mashaal“ in Pakistan berichten haben soll (http://www.mashaalradio.com/, ich verstehe selbst kein arabisch). Zuvor sei es zu Zusammenstößen zwischen Einheiten der Taliban und des IS in den Provinzen Zabul und Nangarhar gekommen. Die radikale Taliban-Bewegung hatte einen bedeutenden Teil der ländlichen Gebiete zurückerobert und mit Unterstützung der Bevölkerung, die das Wüten der Besatzer leid ist, eine Großoffensive auf größere Städte eingeleitet. Dazu hatte der Ex-Präsident des Landes, Hamid Karsai, in einem Interview im „Guardian“ schon vom 4. Aug 2016 erklärt, die Präsenz der von den USA geführten Koalition in Afghanistan sei nutzlos, denn das westliche Militär helfe in keiner Weise im Kampf gegen die radikalen Taliban. Das war, nachdem US-Präsident Barack Obama im Juni 2016 die Befugnisse der amerikanischen Truppen in Afghanistan im Kampf gegen die Taliban erweitert hatte. Schon am 26.10.2015 hatte The Daily Beast über mögliche Kontakte zwischen Russland und den Taliban im Kampf gegen den IS gemunkelt, falls es Russland gelänge Assad in Syrien zu halten (http://www.thedailybeast.com/articles/2015/10/26/a-taliban-russia-team-up-against-isis.html). Ist die Annahme absurd, dass der IS als eine Söldnertruppe der USA operiert. (Absolutely Stunning – Leaked Audio of Secretary Kerry Reveals President Obama Intentionally Allowed Rise of ISIS, The Last Refuge, 1.1.2017). Das erklärt auch die massiven US-Waffenlieferungen „aus Versehen”.
Nun berichtet das Online-Portal Defence24 am 29.11.2016: Polen erwirbt mit Genehmigung des US-Außenministeriums für F-16-Kampfjets 70 Marschflugkörper des Typs AGM-158B JASSM-ER mit einer nuklearen Erstschlagkapazität gegen Russland. Schon 2014 hatte Polen 40 Marschflugkörper desselben Typs allerdings nur mit 370 Km Reichweite erworben. Die jüngste Bestellung betrifft Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von 1.000 Km. Damit ließe sich in kürzester Vorwarnzeit Schlüsselinfrastruktur tief im russischen Territorium ausschalten. Insofern dreht Polen weiter an der Rüstungsschraube. Das Land will bis 2018 das Aegis-Ashore-Raketensystem der NATO installiert haben und stockt zurzeit das Militär von 95.000 auf 150.000 Mann auf und bildet zusätzlich eine paramilitärischen Truppe von rund 50.000 Mann. Gerade werden die Truppen des „Rapid-Response-Teams“ der NATO von Deutschland nach Polen verlegt und Deutschland selbst beteiligt sich an dem Aufmarsch mit rund 600 Mann. „Will“ das Land das wirklich selbst, „darf“ es wieder einmal einen Weltkrieg auslösen, an dem es selbst außer Zerstörungen nichts verdient. Hinzu kommt der weitere Aufmarsch von NATO-Truppen in den baltischen Randstaaten zu Russland. Der Aufmarsch würde gegen die NATO-Russland-Grundakte von 1997 verstoßen. Daher lässt man die Truppen zu regelmäßigen Übungen „rotieren“.
Die Ereignisse in der Ukraine, Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien etc. zeigen, wie rasch und explosiv in Gang geratene Spannungen sich zuspitzen können. Europa gerät immer mehr in diesen verhängnisvollen Sog. Die „Euro-Krise“ ist alles andere als ausgestanden, sie erfasst ein Land nach dem anderen, gerade jetzt das Euro-Kernland Frankreich. Die rekordhohe Arbeitslosigkeit in den südeuropäischen Ländern sorgt für Wut und Verzweiflung und die Schulden steigen ins Unbezahlbare. Die Deutsche Bundesbank hat jüngst für November 2016 eine Zunahme der Target-2-Forderung um 46 Mrd. € auf insgesamt 754 Mrd. € gemeldet. Gespeist wird diese Entwicklung auch durch die Kapitalflucht aus den Krisenländern. Doch die fließt zumeist in die USA und stärken den Dollar. Die Verwerfungen zwischen den Ländern wachsen rasant. Doch Merkel und Hollande haben andere Sorgen: Ihnen geht der Friedensprozess in der Ukraine zu langsam. Deshalb haben sie eine Verlängerung der Sanktionen nicht gegen die Ukraine, sondern gegen Russland durchgesetzt. Oder geschah das wegen der vorher erwähnten Sorgen?
Es gibt natürlich noch eine zweite Vorgehensweise zur Sicherung der Interessen. Indiens Regierung hatte am 8. 11. 2016 den 500 und den 1000-Rupien-Schein (entspricht etwa 13 Euro) für ungültig erklärt. Das traf die Armen im Land, die nicht über Bankkonten und Computer verfügen, besonders hart. Nun zeigt sich, dass auch hinter diesem Experiment die Banker stecken, die Washington an der Leine führen, und die letztendlich überall das Bargeld abschaffen wollen. Die USA benutzt gerne andere Länder als Versuchslabore. Der monetaristische Neoliberalismus der Chicago Boys mit Privatisierung der Staatsbetriebe, Einstampfen der Sozialsysteme, Senkung der Löhne und Steuersenkungen für Reiche wurde zuerst unter Pinochet in Chile ausprobiert, bevor man ihn global durchsetzte. Ähnliches gilt für die sogenannte Energiewende, bei der Deutschland quasi „freiwillig“ das geschundene Versuchskaninchen spielt.
Das neueste ökonomische Gesellschaftsexperiment betrifft die Abschaffung des Bargelds, das an Indien ausprobiert wird. Im Unterschied zu Chile 1973 bedurfte es in Indien nicht erst eines „Regime Change“ wie der von Allende zu Pinochet. Indiens Premierminister Narendra Modi zeigte sich zur Durchführung des Versuchs bereit. Wie Norbert Häring herausgefunden haben will, stammte die Idee dazu aus Washington – nicht aus Neu Delhi. Denn vier Wochen vor Modis Entscheidung, rund 85 % des in Indien zirkulierenden Geldes aus dem Verkehr zu ziehen, hatte die amtliche US-Entwicklungshilfeorganisation USAID in einer Pressemitteilung (https://www.usaid.gov/india/press-releases/oct-14-2016-usaid-launches-catalyst-drive-cashless-payments-india) die Gründung einer Partnerschaft mit Indien zu eben diesem Zweck bekanntgegeben. Der Titel der Erklärung lautete: „USAID startet Catalyst, um das bargeldlose Bezahlen in Indien voranzubringen.“ Catalyst bedeutet: Inclusive Cashless Payment Partnership” (vgl. www.cashlesscatalyst.org, Catalyst wird von über 35 Organisationen getragen, unter anderem von der Better Than Cash Alliance in New York, der Bill & Melinda Gates Foundation, dem Omidyar Network in Redwood City, California, Washington, London und Mombay (eBay), der Dell Foundation, von Mastercard, Visa und der PMB Metlife Foundation (der Metropolitan Life Insurance Company NY). Als Organisator vermutet Häring den früheren Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF) und Chicago Boy, Raghuram Rajan. USAid ließ auch die Studie ‚Beyond Cash‘ erstellen, von der es in ihrer Presseerklärung vom 20.1. 2016 hieß, „sie identifiziere Barrieren und Lösungen für eine digital, offene Wirtschaft in Indien.“ und auch: die Konsumenten müssten als erstes „aus ihrem Bargeld-Gefängnis“ befreit werden. (https://www.usaid.gov/india/press-releases/jan-20-2016-beyond-cash-identifies-barriers-and-solutions-digital-inclusive-economy-india). Begründet wurde das wie hier mit dem Kampf gegen Korruption, Steuerhinterziehung, Terrorismus-Finanzierung etc. Auch der Besitz von Gold, neben Silber die traditionelle Krisenwährung, wurde kurz nach Modis Bargeldreform ebenfalls stark reglementiert. Inder dürfen künftig nur noch 100 und 500 Gramm davon besitzen. Besitzen sie mehr, kann das als nicht versteuertes Edelmetall konfisziert werden. Ein Modell?
3 Reaktionen zu “Müßiggang – aller Laster Anfang?”
Indien schafft das Bargeld schrittweise ab…
bedeutet das, daß die BRICS bereits gescheitert sind?
D. Rouseff ist in Brasilien abgesetzt. Argentinen unter einem Agent aus Washington. Indien nun zurück auf den kolonialen Zug mittels des monetäres Systems der Weltbeherrscher.
Es bleiben noch China und Russland und das Anhängsel Südafrika.
Und dann noch Trump, der scheint langsam einzuknicken:
http://www.paulcraigroberts.org/2017/01/13/is-trump-already-finished-paul-craig-roberts/
So schnell können Hoffnungen enttäuscht werden!
Der Austritt aus BRICS ist damit noch nicht festgeschrieben.
@Achim Beck
„Indien schafft das Bargeld schrittweise ab…“
Nicht wenige Inder schichten daher ihre Vermögensbestände in Bitcoin um, so massiv, dass der Kurs pro Bitcoin dort umgerechnet 200 USD höher ist als an westlichen Börsen.
Auch hierzulande ist Bargeldabschaffung ein Thema. Allerdings wird es verschlafen sich mit der (eigentlich besseren) Alternative rechtzeitig zu befassen, leider auch von denen die sich selbst „aufgewacht“ nennen, aber geistig noch an Anachronismen hängen.