“Post-Truth, Post-West, Post-Order”
18. Februar 2017 von admin
titelt das Vorbereitungspapier für die Münchner Sicherheitskonterenz (Munich Security Report vom 13.1.) dieser Tage. Wolfgang Irschinger, ihr Vorsitzender, ehemals Diplomat auf allen Ebenen und jetzt Senior Professor der Hertie School of Governance in Berlin, sieht dank der Fehlinformationen seitens ihrer Gegner das Vertrauen der Menschen in die Fähigkeiten der westlichen Demokratien sinken. (Die amerikanisch-britische Fake News Kampagne zur Legitimierung des Irak-Kriegs hat für ihn zum Beispiel nie existiert.) Von „Nachwahrheiten“ ist nun die Rede. Wie viel Kreativität man doch aufwendet, um das simple Wort „Lügen“, das damit gemeint ist, zu umgehen. Das „L-Wort“ wird wegen seines Bumerang-Effekts gemieden, weil es tendenziell auf das Meiste zutrifft, was uns gegenwärtig – wenn auch verquast – von den Medienvertretern dieser verwestlichten Demokratie entgegenschallt. Diese Tendenz hat in der Berichterstattung über die Gefahr eines aggressiven Russlands und über den neu gewählten US-Präsident neue Höhen erklommen und war dabei, sogar den Hype um den „Klimaschutz“ noch zu überbieten.
Sie wollen ein aktuelles Beispiel für derartige Postwahrheiten? In Paris toben zurzeit in vielen Stadtteilen wieder einmal Straßenkämpfe. Polizisten sollen auf einen Migranten eingeschlagen („ihn gefoltert“) haben und jetzt zeigt der Mopp der Polizei, wer hier inzwischen das Sagen hat. Der Präsident leistet Abbitte, aber man lacht ihn aus. Staatsknete wird wie üblich versprochen, um Missstände abzuschaffen. Aber das Angebot hatte man schon oft gehört. Zum Teil hat man solche Gelder sogar in dunklen Kanälen weggurgeln gehört. Bewirkt hat das alles nichts. Natürlich wird den Straßenkämpfern in den nächsten Tagen die Lust an dem Spektakel bis zum nächsten Mal wieder vergehen. Aber gezeigt hat man „denen“ mal wieder, wo der Hammer hängt. Haben Sie darüber in Ihren so vertrauten Ante-Truth Medien etwas erfahren. Warum auch? Nicht zu berichten, ist doch keine Lüge? Außerdem herrscht Wahlkampf und es kommt alles darauf an, dass keine Alternative gewählt wird. Warum mit solchen Meldungen Öl ins Feuer gießen? Genau so werden Sie informiert, in Form gehalten.
Tatsächlich scheint für Irschinger die viel gelobte, „regelbasierte liberale Ordnung“ in Gefahr geraten zu sein. Sie „regelte“ nicht nur, wie Sie – natürlich nur zu Ihrem Wohl – informiert werden, sondern ließ bisher auch die westlichen Demokratien im Gleichschritt gegen mehr oder weniger demokratisch gewählte Regierungen marschieren, wenn jene die Grillen der Führer dieser regelbasierten liberalen Ordnung nicht schlucken wollten, wenn 21 von ihnen – um ein kleines Beispiel zu nennen – Bereitschaft zeigten, einen Mann wie Edward Snowden aufzunehmen, der unangenehme Fakten über diese Ordnung aufgedeckt hatte und deshalb auf der Flucht war. Ihnen stand ein freiheitliches Wehe ins Haus und sie folgten! (vgl. https://www.youtube.com/watch?v=TBXf0f8uQvI) Tatsächlich hält man in der Welt angesichts der wirtschaftlichen Missstände und sozialen Unruhen im Bereich der „regelbasierten“, westlichen Wirtschaftsordnung nicht mehr allzu viel von dieser. Aber nicht alle getrauen sich, so etwas laut zu sagen. Unsere Vertreter schon gar nicht – oder doch?
Ischinger ist böse darüber, dass die USA, die bisher „öffentliche Güter (?) und internationale Sicherheit“ geboten haben, nun die Rechnung dafür aufmachen wollen. Als hätten die USA dies bisher völlig selbstlos und ohne Machtinteresse getan und seien nicht durch einen Strom realer Güter für papierene oder elektronische Dollar, die nur militärisch abgesichert sind, entschädigt worden. Irschinger und die politische Kaste, für die er schreibt, haben Angst bekommen. Moskau scheine mit seinem Eingreifen in Syrien „erfolgreich zu sein“. Wie furchtbar! Die russische Regierung hat für Syrien ohne westliche Beteiligung einen Friedensprozess gestartet, den der Westen direkt – wie unter Obama – nicht mehr stören kann und den die USA wegen Donald Trump vielleicht auch nicht mehr stören wollen.
„Donald Trump macht mir Angst“ sagte Irschinger auf www.tagesspiegel.de 11.02.2017 – und weshalb? „Die Ankunft Trumps bedeutet das Ende des Westens, bei dem die USA der Fackelträger sind, dem die anderen nacheifern können“ (mussten, erg.). Was folgt daraus? Die Welt stehe „womöglich am Rande eines post-westlichen Zeitalters“, in dem auch „nicht-westliche Akteure die internationale Politik gestalten“, heißt es bedrohlich im neuen Munich Security Report. Wie undemokratisch! Trump will z.B. Freihandelsabkommen neu verhandeln und vielleicht wieder Einfuhrzölle erheben. Für Deutschlands Exportindustrie wäre das sicherlich fatal aber auch für die wegen der Einseitigkeiten aus den Fugen geratene Weltwirtschaft beziehungsweise deren Eigentümer, die Finanzelite. Denn diese konnte mit der angeeigneten Geldschöpfungsvollmacht an Parlamenten und Regierungen vorbei die realen Entwicklungen „finanzieren“ d.h. bestimmen. Und so etwas wie Trump stört ausgerechnet kurz vor dem Ziel der endgültigen Institutionalisierung ihrer rundum abgesicherten Weltmacht. Das darf nicht geschehen. Und was geschieht deshalb? „Die EU hat begonnen, sich auf einen Handelskrieg gegen die USA vorzubereiten“ (Die Zeit. 9.2.) und die Bundesregierung ist dabei, um „unsere Werte“ (oder die der Finanzelite, erg.) zu verteidigen, sich in der Weltpolitik vielleicht demnächst „auf Augenhöhe“ mit Washington zu positionieren. Denn „die USA taugen jetzt leider nicht mehr als das politisch-moralische Führungssymbol des Westens“, erklärte Ischinger kürzlich. Jetzt sei es „Europas Aufgabe …, diesen Verlust zu ersetzen, damit der Westen als Modell und Vorbild nicht ganz verloren geht, Frank-Walter Steinmeier als „Anti-Trump“ zu positionieren“ (Vgl. „Der Anti-Trump“ www.sueddeutsche.de 14.11.2017, ebenso www.focus.de 10.02.2017.) Dass der westliche Werte-Verteidiger als Ex-Kanzleramtschefs die Verschleppung und Folter Verdächtiger durch die CIA mitgetragen hat, spielt so wenig eine Rolle, wie seine Verstrickung und Lügen in der NSA-Affäre. Denn damals waren die USA ja noch eine „regelbasierte liberale Ordnung“.
Wussten Sie, dass der bundesdeutsche Nachrichtendienst 2005 bewusst zugelassen hat, dass es US-Geheimdiensten möglich war, sogar an Informationen der in Deutschland aufgestellten Überwachungskameras zu gelangen? Amerikanische Hersteller der Systeme hatten entsprechende Zugriffsmöglichkeiten in die Geräte eingebaut, die dann unbedingt in den USA erworben werden mussten. „Dadurch konnten US-Geheimdienste auf die Daten zugreifen“ (meldete sogar schon Der Spiegel am 27.9.2016). Die Kooperation des BND mit der NSA lief bekanntlich über die Abhörstation in Bad Aibling. Dort wurde, vom Sonderstatus der USA gesichert, Überwachungsstaat geübt und das Telefon- und Inter-Net ausgewertet. Doch das ist Schnee von gestern. Jetzt „wollen die EU-Kommission und die nationalen Regierungen grundlegende Prinzipien des Datenschutzes aufheben und im großen Stil persönliche Daten aller Bürger ohne richterliche Kontrolle speichern“ (Tagesspiegel am 10.12.2016) Selbstverständlich nur, um Sie vor Gefährdern unter den Flüchtlingen zu schützen.
Auch George Soros traut dem Trump in den USA nicht und hat aus diesem Grund seine finanzielle Beteiligung bei Google ausgebaut. Damit will er seine Wahlkampagne, die im Fall Hillary Clinton so knapp gescheitert war, gegen die Anti-Globalistin Marine Le Pen und den bereits angeschlagenen EU-Kritiker François Fillon besser in Stellung bringen. Denn besonders Letzterer hatte (horribile dictu) im Gespräch mit Sputnik Russland „eine neue Partnerschaft zur Überwindung dieses Kalten Kriegs“ an geboten. Zur Ablenkung gibt die politische Klasse in Deutschland vor, Russland könnte über Fake News Einfluss auf die Wahl in Deutschland nehmen. Sie selbst hatte das mit ihren notorischen Fake News all die Jahre und vielleicht sogar direkter getan. Doch „Desinformationskampagnen“ können laut Irschinger nur von Feinden der Offenen Gesellschaft (Soros, erg.) ausgehen, aber niemals vom Westen.
Die politische Kaste nimmt das alles natürlich sehr ernst, denn der Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff prophezeite erst kürzlich die Rückkehr der Euro-Krise (die, wenn sie sich schon nicht vermeiden ließe, möglichst bis in die Zeit nach der erfolgreichen Wahl hinausgeschoben werden soll). Offiziell sollen die italienischen Banken auf rund 360 Mrd. € fauler Kredite sitzen – also Krediten, die höchstwahrscheinlich niemals zurückgezahlt werden. Die Deutschen Wirtschafts-Nachrichten schätzen den Schaden in Anbetracht der früheren Qualität offizieller Zahlen viel höher ein. Banken-Experten gehen davon aus, dass mindestens 565 Milliarden Euro an faulen Krediten im italienischen Bankensystem stecken… und dass diese Zahl sogar bis auf eine Billion € steigen könnte. Griechenland hat bereits über 336 Mrd. € an „Rettungs-“Krediten erhalten. Gebracht haben sie den Griechen nichts – die Wirtschaftsflaute in Griechenland zieht sich inzwischen länger hin als die Große Depression der 1930er Jahre, sondern nur den Finanzexperten, die in griechische Staatsschulden investiert waren. Die sind inzwischen zu einem guten Preis ausbezahlt.
Kürzlich waren auch kritische Töne aus dem Mund von Ted Malloch, Donald Trumps Kandidaten für den Posten des amerikanischen EU-Botschafters zu hören: „Ob die Eurozone überleben wird, ist sehr wohl eine Frage, die auf der Agenda steht. Wir hatten den Austritt Großbritanniens und nun stehen Wahlen in anderen europäischen Ländern an… Warum steht Griechenland schon wieder auf der Kippe? … Wird das jemals ein Ende haben? Ich denke, dass die Chancen inzwischen höher stehen, dass sich Griechenland selbst für einen Austritt aus dem Euro entscheidet… Ich denke, es wird darauf hinauslaufen, dass Griechenland die Verbindung kappt, einen Grexit vollzieht und aus dem Euro aussteigt. Ich denke, dass wir in den nächsten 12 bis 18 Monaten eine Antwort auf diese Frage sehen werden.“ Was Wunder, dass die „westliche“ Politkaste der EU den als Botschafter nicht haben will.
Gibt es einen Ausweg aus der Krise. Die Goldverkäufer und ähnlich Interessierte sagen: „Nein!“ Die Finanzelite bietet auf dem Weg zu ihrer abgesicherten Weltmachtposition ein „Ja!“ an. Ihr gegenwärtiges Geldsystem beruht noch auf der nationalen Währung der militärisch als überlegen eingeschätzten USA, die als durchgesetzte globale Reservewährung den USA erlaubte, Dollar in nahezu beliebigen Mengen zu vermehren („gedruckt“ wird da ja nicht mehr) und dafür einzukaufen. Der Weltmarkt für Dollar scheint sich inzwischen aber zu sättigen. Überflüssige Dollar werden feilgeboten und damit kommt das sogn. Triffin-Dilemma zum Tragen: die inzwischen höchst riskanten Verzerrungen und Ungleichgewichte, welche die Verzahnung von „Inlandswährung + globaler Reservewährung“ im derzeitigen Zahlungssystem angerichtet hat. Aus diesem Dilemma beziehen die Crash-Apostel ihre Zuversicht, mit Short-Positionen aus dem Crash viel Cash zu machen. Die Finanzeliten bieten dagegen an, neben dem USD die Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds (SZR des IWF) gleichberechtigt als Weltreservewährung zur Verfügung zu stellen und mit ihnen die den Markt überschwemmenden US-Dollar unauffällig abzuschöpfen und in SZR zu überführen. Nach dem Bailout der Superspekulanten jetzt der Bailout der Superspekulationswährung. Auf diese Weise – versprechen sie – ließen sich die Verzerrungen im internationalen Finanzsystem langsam ausbügeln, so dass sich das System wieder beruhigt und die höchstrangigen Experten der Finanzelite weiterhin „finanzieren“ können, was ein ganz und gar nicht verschwörerisches Schicksal (oder „der Markt“) so bringen wird.
Ein America-First-Geschäftsmann der realen Wirtschaft wie Trump stört dieses sensible (Betrugs-)Geschäft ebenso, wie eine wirkliche Entspannung auf dem politischen Weltmarkt. Denn Angst macht die Bevölkerung gefügig, die Institutionalisierung des IWF endgültiger Weltsuperregierung der Finanzelite hinzunehmen – bis sie unabänderliches Schicksal geworden ist. Man muss sich beeilen, denn selbst die ausgepressten Steuerzahler in Deutschland werden immer wütender und misstrauischer, wenn sie erfahren, dass die angeblich „systemrelevante“ Großbanken sich schon Jahre vor ihrer milliardenschweren „Rettung“ – spätestens seit 2005 – durch „Cum-Ex-Geschäfte“ zig Milliarden an Steuergeldern erschleichen konnten. Das geschah, weil Politiker, wie z.B. der einst „linke“ Steinmeier aber natürlich vor allem Dr. Schäuble, das Schlupfloch, auf das man sie angeblich mehrfach hingewiesen hatte, nicht schließen wollten oder aus nicht bekannt zu machenden Gründen nicht schließen „konnten“. Denn manch einem von ihnen ist das Hemd eben näher als der Rock, wie man so sagt, und nicht jeder taugt zu einem Snowden.