„Burn, Baby, burn…!“
29. November 2014 von admin
Es gärt im Land. „Merken die das nicht?“ Ist Ferguson im US-Bundesstaat Missouri – „fern ab in der…“ – ein Fanal? Im August streckte ein weißer Polizist einen unbewaffneten 18-jährigen Schwarzen mit sechs Schüssen aus der Dienstpistole nieder, weil er sich bedroht fühlte. Das löste wütende Aufstände aus, weil man das als Höhepunkt lang anhaltender ungerechter rassistischer Vorgehensweisen der Behörden gegen die Bevölkerung hielt. Der Fall wurde natürlich untersucht. Die Behörden sahen keinen Grund, gegen den Polizisten Anklage zu erheben. Diese Entscheidung sollte/musste bekannt gegeben werden. Den Zeitpunkt wählte die Behörde. Sie wusste, wie die Straße auf diese Feststellung reagieren würde. Sie würde sich nicht an dem Polizisten (wie das Land sonst üblicherweise) „rächen“ wollen. Die Gründe für die Wut sind bekannt. Es sind die gleichen wie bei uns: Die schleichende Zerstörung der Mittelschicht, die Entwertung von Geld und Ersparnissen, horrende Steuer-Ungerechtigkeit, fehlende Strategien gegen die Dauerkrise, der enorme Einfluss von Großfirmen und Banken auf die Volksvertreter, hohe Preise für Nahrung und Energie dank grassierender Spekulation sowie die eskalierende Geldschwemme, die uns immer höhere Rechnungen beschert. Also: Verarmung, Ungerechtigkeit, Behördenuntätigkeit und Behördenwillkür. Nur dass man dort noch alles in die Tüte „Rassismus“ packen kann. Enttäuschung und Wut waren angesagt.
Man hätte sich auf die vorhersehbaren Folgen der Entscheidungs-Verkündung einstellen können. Laut CNN waren in 170 Städten in 30 US-Bundesstaaten der USA für die Verkündigung der Behördenentscheidung Solidaritäts- oder Protestkundgebungen vorbereitet worden. Die Regierung hatte 2000 schwer bewaffnete Nationalgardisten vor Ort in Bereitschaft gehalten. Die Entscheidung wurde zur besten Sendezeit verkündet, am Abend, als die Dunkelheit bereits eingesetzt hatte – im Dunkel sind Demonstrationen viel schwieriger unter Kontrolle zu halten und zu deeskalieren. Die Medien verbreiteten dazu noch eine provozierende Selbstrechtfertigung des Polizisten. Dann setzten die wütenden Demonstrationen ein. Die Nationalgardisten blieben in den Vororten, auch Polizei und Feuerwehr hielten sich von dem Geschehen fern. Der Wut der Demonstranten fehlte die Adresse, die Obrigkeit, bei der sie sich beschweren wollte, von der sie sich hintergangen und verachtet fühlt. Weil die Demonstration ungehört blieb, flogen Steine und Fackel in Schaufenster, Geschäfte und Autos brannten. Das war der Schrei „Hört uns denn niemand!“ Er lieferte den in Massen angerückten Journaliten einträgliche Bilder über die hilflose Wut der kleinen Leute. In den USA hat man keine Sympathie für kleine Leute: Wer zu langsam zieht, ist im Unrecht – selbst schuld.
Die Obrigkeit verfügt über Rudel an gut ausgebildeten Psychologen, trotzdem verhielt sie sich „sau-doof“. Natürlich war es richtig zu deeskalieren. Doch dazu hätte sich die Obrigkeit in einer mutigen Person zeigen und die Wut und Enttäuschung der Masse irgendwie entgegennehmen müssen. Ihr Fehlen bestätigte das Ohnmacht-Gefühl der Massen und fachte entsprechend die Wut weiter an. Um das vorauszusehen, musste man nicht Psychologie studieren. Oder war die „Dummheit“ Methode? Brauchte/wollte man „abschreckende Beispiele des Mobs“, um die Menschen andernorts von solchen Demonstrationen abzuhalten? Hierfür bot sich in Ferguson eine preiswerte Gelegenheit.
Der kriegführende Friedenspräsident deutete das in seiner Fernsehrede an. „Es gebe »keine Entschuldigung« dafür, Gebäude und Fahrzeuge anzuzünden, Eigentum zu zerstören und »Menschen in Gefahr zu bringen«. Die Krawalle seien »kriminelle Akte«. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Er habe »kein Verständnis für Menschen, die ihre eigenen Gemeinden zerstörten«“ soll er sinngemäß gesagt haben. Wie so oft, äußert er sich zweideutig. Natürlich bringen Wutausbrüche nichts, Aber sie haben Ursachen, für die jemand verantwortlich ist.
Martin Luther King verhielt sich am 14. März 1968 in einer ähnlich aufgebrachten Situation anders: „Ich werde mich heute Abend nicht vor Sie hinstellen – sagte er – und die Unruhen verurteilen. Das wäre in meinen Augen moralisch unverantwortlich, wenn ich nicht gleichzeitig die unerträglichen Lebensbedingungen verurteilen würde, die in unserer Gesellschaft bestehen. Es sind diese Verhältnisse, die Menschen das Gefühl vermitteln, dass sie keine andere Möglichkeit haben, Aufmerksamkeit zu erzeugen, als sich an gewaltsamen Rebellionen zu beteiligen. Das ist die Sprache derer, die sonst kein Gehör finden.“ Drei Wochen später am 4. April 1968 hatte ihn die Behörde ermorden lassen: „Wer nicht für mich ist, ist gegen mich“ – steht sogar in der Bibel dieses bibeltreuen Landes. Ein für seinen Mord zu Unrecht Verurteilter saß deshalb Jahrzehnte lang im Gefängnis. Denn „alles muss seine Ordnung haben“, ob zu Recht, ist gleichgültig. Ein Mord braucht einen strafbaren Mörder, wenn man den nicht kennen will, lässt sich schon einer finden. 1968 hatte der Wohlstandsabbau erst eingesetzt. Man erwartete aber noch ein Vorwärtskommen. Inzwischen ist der Abbau weit fortgeschritten und erreicht die Niederungen, in denen das bloße Überleben zur Last wird. Das „es kann nicht so weiter gehen“, hat eine andere Dynamik als Enttäuschung über den ausbleibenden Fortschritt.
Zwei Tage nach obiger Behörden-Entscheidung erschießt (am 26.11.) ein 26-jähriger weißer Polizist einen 12-jährigen schwarzen Jungen, der mit einer Spielzeugpistole herumgefuchtet hatte und dann ruhig in einem Pavillon saß. Die Polizei war von einem Anwohnern gerufen worden: „Da ist ein Typ mit einer Pistole“, so der Anrufer. „Sie ist wahrscheinlich nicht echt, aber er zielt auf jeden.“ 18-jährige können bedrohlich aussehen, aber 12-jährige? Zwei Polizisten kommen rasch angefahren. Der jünger springt aus dem Wagen und beginnt sofort zu schießen. Volltreffer! (Ein wackeliges Video über den Vorfall steht im Internet).
Tragische Fälle, die weit weg in einem anderen Land geschehen, oder Symptome für die Nervosität einer Obrigkeit, die mit der Bevölkerung nichts Gutes im Schilde führt, weil ihr gutbezahlter Job davon abhängt?
Bei uns hier tobt ein anderer Mob. Zahlenmäßig ist er klein, dafür ist sein Einfluss auf die Gehirne der Massen noch(!) riesig. Denn: „Die deutschen Medien sind empört.“ Seit Mitte November liefert der russische Sender Russia Today (RT) im Internet eine deutschsprachige Nachrichtensendung. „Das hat uns gerade noch gefehlt“, stöhnte ein Journalist bei Zeit-Online. „Es ist erschreckend, wie dort gelogen und verbogen wird.“ Man schließt halt so gerne von sich auf andere. „Süddeutsche Zeitung“, „Handelsblatt“, „Zeit“, „Bild“ und „taz“, alle schimpfen unisono und annähernd rüpelhaft über den neuen Mitbewerber. Selbst die ZDF-Satiresendung „Heute-Show“ keift mit. Vielleicht verhält sich RT zu den Medien des Landes wie Obama zu Putin. Der eine spricht sachlich, klar mit Belegen, der andere behauptet süffisant mit guten Sprüchen und innerlich Schaum vor dem Mund ohne jeden Beweis. Das Ärgerliche für die Medienmafia ist, dass sie nun mit einem Kontrastprogramm konfrontiert wird. Wer die besseren Argumente hat, braucht die Konkurrenz nicht zu fürchten. Wer aber als Befehlsempfänger penetrant einseitige und dazu noch gehässige Botschaften abliefern und dann noch mühselig glaubhaft machen muss, wird nervös. Es ist nicht schön, ertappt zu werden, daher die Wut. Früher hatten Verschwörungstheoretiker behauptet, die deutschen Medien stünden bis 2099 unter alliiertem Kuratel (Beweise dafür fand ich nie). Niemand wollte das glauben, bis die Medien mit ihrer ungeheuren Einseitigkeit und Hetze dafür selbst die Indizien lieferten. Nach Angaben der RT-Redaktion haben die ersten zehn Sendefolgen insgesamt 478.470 Klicks erreicht – immerhin schon.
Wenn der Medienmafia sogar schon Leute wie Helmut Kohl, Henry Kissinger, Helmut Schmidt, Hans-Dietrich Genscher, Egon Bahr oder Michail Gorbatschow die Gefolgschaft verweigern und querschießen, ist das nicht so schlimm. Die „Abgetakelten“ wissen, wie weit sie gehen dürfen. Aber ein Kontrastprogramm eines abtrünnigen Alliierten und neuerdings „Feindes“ könnte zum Nachdenken anregen und fragen lassen: Wer hat nun Recht, wessen Botschaft klingt plausibler? – Nachdenken? Das ist das letzte, was deutsche Medienhuren ihrer Klientel zumuten wollen. Bisher hatten sie es leicht. Die über 50 Jahre rundum eingebimsten Ressentiments hielten jedes Nachdenken unter der Decke der Selbstverständlichkeit. Aber seitdem in der Ukraine ein Weltkrieg angerührt wird, versteht sich das Selbstverständliche (Wir sind die Guten, die da die Bösen) nicht mehr von selbst. Zu viel Marktmanipulation an Wertpapieren und Goldpreisen kratzten an der Glaubwürdigkeit. Zu viel objektiver Unsinn wurde gepredigt: ‚Wir senken die Zinsen, damit die Banken mehr Kredit geben können, wir brauchen die Inflation, damit die Sparer neben „dem klei` Häuschen unsrer Oma“ auch ihre Vorsorgerücklagen „versaufen“ ‚- und viel mehr von solchem Schwachsinn – das lässt Zweifel aufkommen. Zu laut wird Kriegsgeschrei gegen die „blutige Nachgeburt des Stalinismus“, von denen erhoben, die in Kiew bekennende Nazis sich an die Macht putschen ließen und anderen verwehren wollen, sich dagegen zu wehren. Die Kriegsgefahr verhindert, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Und: Zu offensichtlich werden die Grundlagen einer geordneten Versorgung der Menschen hierzulande ruiniert und im Auftrag ausländischer Konkurrenz, die Exportchancen Deutschlands nach Osten und der noch(!) gute Ruf des Landes vernichtet.
„37 % der Windparks verbrannten das Geld ihrer Anleger. Die Darlehenstilgung war höher als die erwirtschafteten Mittel. Von den Windparks mit Fondsstruktur liegen sogar zwei Drittel im Defizit oder decken gerade die laufenden Kosten.“ (Näheres Alexander Wendt in: Der Grüne Blackout. Warum die Energiewende nicht funktionieren kann. ISBN-13: 978-1500603472) Und das alles trotz der von der Regierung verordneten Zwangs-Subventionierung durch die Verbraucher.
Selbst ein Peter Schmidt, Präsident des Deutscher Arbeitgeber Verbands, fand für Medien und Regierung bereits am 17.8. 2014 (unter http://www.deutscherarbeitgeberverband.de) endlich überraschend treffende und deutliche Worte. „Es muss sich nur der geringstmögliche Kenntnisstand mit dem größtmöglichen Fanatismus paaren. Das war bei den Protagonisten der Energiewende von Beginn an gegeben. Schon eine der bekanntesten – weil dümmsten – Parolen der Bewegung – „Die Sonne stellt keine Rechnung“ – zeigt, auf welch naiv-religiösem Boden sich die Anhänger gemeinsam in Ekstase gebracht haben, um dann in kollektiver Besinnungslosigkeit über alle Grundlagen der Physik und der Betriebswirtschaft der Realität zu entschweben.“ Dem wäre nur ein „Warum?“ hinzuzufügen.
In dieser verqueren Situation entdeckte die europäische Oberbehörde, die EU-Kommission, (laut Focus und The Telegraph) eine noch viel größere Gefahr: Topflappen, Ofen-Fäustlinge und Haushaltshandschuhe müssen unbedingt sicherer werden, denn – so die Kommission: „Standard-Topflappen können offensichtlich zu schweren Verbrennungen führen – und die Menschen möchten kein Geld mehr für Produkte ausgeben, die nicht funktionieren.“ Das könnte stimmen. Aber sie sollen über 20 % mehr Geld für die nach EU Vorschriften nun zu überqualifizierenden Topflappen etc. ausgeben (oder besser, sich selbst welche nähen).
Die Nervosität der Behörden und ihrer Berufseinpeitscher ist nachvollziehbar. Ihnen schwimmen die Felle davon, den Medien ihre Klienten (soweit sie sich über Rundfunkgebühren nicht zur Abnahme der Propaganda zwangsverpflichten lassen), den Parteien ihre Wähler, den Behörden das Vertrauen. Der gesprungene Krug geht so lange zum Brunnen, bis er vollends bricht. Wie lange noch?
2 Reaktionen zu “„Burn, Baby, burn…!“”
Stellungnahme des oben genannten -weißen- Polizisten (9.50 Minuten):
Darren Wilson Interview With George Stephanopoulos – FULL VIDEO (ABC NEWS)
http://www.youtube.com/watch?v=hhej1A7igtM
Stellungnahme der Eltern des oben genannten -schwarzen- Bürgers (3.38 Minuten):
Michael Brown’s mother and father inciting the crowd to „burn this bitch down.“
http://www.liveleak.com/view?i=365_1416942618
Nach etwas Recherche fand ich eine Stellungnahme der Eltern, wo sie zum oben genannten Interview des Polizisten Stellung nehmen:
Michael Brown’s Parents React To Darren Wilson’s First TV Interview
http://www.youtube.com/watch?v=POAg9HYciqc