Wer nicht will, der hat
6. Dezember 2014 von admin
In Satres Stück Les séquestrés d’Altona (Die Eingeschlossenen) sitzen Leute in einer Art verschlossenem Luftschutzkeller und wollen mehr oder weniger verzweifelt tobend raus. Schließlich geht das Tor auf und gibt den Weg in einen finsteren Gang frei. Niemand geht. Die in ihrer Phantasiewelt „Demokratie/Freiheit“ Eingeschlossenen wollen von der Energieversorgung aus Russland frei werden und treiben dazu allerlei Spielchen. Dann brechen die genervten Russen das Geschäft ab und das Geschrei ist groß – aber nur hinter vorgehaltener Hand. Und für Bild ist selbstverständlich (wenn auch an den Haaren herbeigezogen – aber wer von den Veräppelten merkt das schon): Putin ist schuld.
Die Russen haben den kindischen Westlern in Brüssel noch nicht alle Hähne zugedreht, sondern nur die eine Pipeline South Stream. „Wegen der ausbleibenden Genehmigung Bulgariens haben weitere Arbeiten an dem Projekt keinen Sinn… Wenn Europa dieses Projekt nicht realisieren will, wird es nicht realisiert…Wir werden andere Märkte erschließen, und Europa wird diese Gasmengen nicht erhalten, in jedem Fall nicht von Russland.“ erklärte Putin am 1.12 von Ankara aus. Bulgarien hatte sich auf Druck aus Brüssel querstellen müssen. Jetzt hat es, wie auch das übrige krisengeschüttelte Südeuropa, das durch diese Röhre versorgt werden sollte, „den Salat“. Nicht ganz. Man wird russisches Erdgas in verflüssigter Form kaufen können – demnächst an den Zapfsäulen in der Türkei oder – noch „freiheitlicher“ – jetzt schon in den USA, nur eben etwas teurer. Was schert das Bürokraten. Die lassen die kleinen Leute zahlen, die das für ein wenig mehr „Freiheit und Demokratie“ doch gerne tun. Geschäft ist Geschäft. Bleibt es aus, hilft „die Politik“ nach, das ist schließlich ihre Aufgabe in der freiheitlichen Demokratie. Der Kleine zahlt.
„Eine persönliche Niederlage Putins“ sei dies, triumphiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung, das Sprachrohr der „Super-Yes Men“ derer von drüben. War es also ein „Sieg für den Westen“, für die „Putin-nicht-verstehen-wollenden“. In Brüssel rätselt man noch, wie man aus dem Eigentor zeitgeistige Antirussland-Propaganda schlagen könne. Aber Russland braucht nicht nach Europa zu verkaufen. Es schließ sein Pipeline-Netz nach Zentral, Ost-Asien, wo man weniger ideologisch „eingeschlossen“ ist, und an die Türkei an. Über die Unabhängigkeit braucht man sich in Brüssel also keine Sorgen zu machen. Außerdem bekommt die EU ihre Unabhängigkeit Schritt für Schritt von „drüben“ von der „Freiheit und Demokratie“ verordnet. Und wer will schon wahrhaben, dass hinter dem Ukraineputsch, den Sanktionen und der widerlichen Putinhetze nichts anderes steckt als der Mackinder Plan von 1904 (mit seinen zwei Weltkriegen): Die Herrschaft der Englischsprechenden über den Rest der Welt.
Die Russen scheinen (gegen den Spaltplan Mackinders) Deutschland noch nicht ganz aufgegeben zu haben. Jedenfalls informierte die russische Firma „Rosneft“ vor wenigen Tagen über den Kauf von rund 17 % der Firmenanteile an der erdölverarbeitenden Raffinerie „PCK Raffinerie GmbH“ von der französischen Firma „Total“. Nun hat die angeblich deutsche Raffinerie vier Eigentümer – neben Rosneft und „Total“, die angeblich deutsche Firma „Ruhr Oel GmbH“ (die zur Hälfte auch „Rosneft“ gehört und zur anderen British Petrol (BP)) und die amerikanische Firma „Shell“. Die Firma „Ruhr Oel GmbH“ war 2013 auf dem deutschen Markt im Bereich Ölverarbeitung mit 21,2 Mrd. Tonnen führend und besitzt Anteile an anderen Öl-Verarbeitern (u.a. Gelsenkirchen 100 %, Bayernoil 25 %, MiRO 24 %). Die PCK Raffinerie GmbH in Mitteldeutschland wurde 1964 unter technischer Leitung der damaligen UdSSR gebaut, bekam das Öl über die Pipeline „Druschba“ und wurde 1991 „privatisiert“.
Einen anderen, für einige besseren Vorschlag hat die Enklave Kaliningrad (Königsberg) gemacht. Ein Vertreter (Michael Deljagin) schlug vor, dort eine Off Shore Zone (eine ausgegliederte, zollfreie Freihandelszone) einzurichten. Dort könne sich jede Firma ansiedeln, die weiter im Geschäft mit Russland bleiben und sich den „Frechheiten der EU“ entziehen wolle. Ähnliches schlug der russische Schiffbauer „Jantar“ vor. Er wolle in Kaliningrad ein Schiffbau-Cluster einrichten, das heißt die Ansiedelung von Zulieferfirmen für den Schiffsbau. Insgesamt 18 Firmen aus fünf EU-Ländern darunter Spanien, Italien, Schweden und Finnland, hätten Interesse gezeigt. Die dortige Technische Universität will dafür ein spezielles Ausbildungszentrum einrichten. Studienplätze werden für Kaliningrader Bewohner und für Interessierte aus anderen Regionen oder aus dem Ausland zur Verfügung gestellt. Die Studenten erhalten eine Garantie auf einen Arbeitsplatz vor Ort nach Abschluss der Ausbildung. Die russische Flotte beabsichtigt „nicht weniger als 400 neue Handelsschiffe und 3.000 Einheiten für die technische Flotte“ anzuschaffen, darunter schwimmende Kernkraftwerke zur Versorgung entlegener Gebiete z.B. rund um die Arktis. Deshalb hat ein Engagement in diesem Bereich eine recht gute Perspektive. Wie wird Brüssel darauf reagieren – Etwa noch mehr Sozialhilfeempfänger als Ersatz für die abwandernden Fachleute ins Land holen?
Doch bleiben wir bei der Energie, die für Nationen bekanntlich dem Brotkorb für Familien entspricht. Uns geht es doch hervorragend: der Ölpreis und damit der Gaspreis sinkt (um 35 % seit Januar für die Großen, an der Tankstelle sind es – wie Sie wissen -deutlich weniger). Die Öl-Förderung steigt. Die bekannten Öl-Reserven nehmen zu. Aber die Nachfrage sinkt wegen der klimaschützend gedrosselten Konjunktur (Geld braucht „man“ nicht durch Güter-Produktion zu verdienen, die „Besseren“ bekommen es von der EZB, die Schlechteren vom Staat: 10 % der Bundesbürger leben inzwischen schon von Sozialhilfe und verhalten sich entsprechend politisch korrekt). Die Welt verbraucht z.Z. täglich rund 92 Mio. Barrel Öl. Produziert werden täglich über 93 Mio. also rund eine Million mehr als verbraucht. Die USA als neuer „Payer“ produzierten laut einschlägiger Wirtschaftszeitschriften täglich allein schon etwa zwei Million Fass Öl, über 60% davon über Fracking. Somit sammelt sich am Markt ein wachsender Überschuss an. Und lässt den Ölpreis sinken, am 28.11. alleine schon um 10%. Die Reaktion darauf löschte bei Energie-Aktien in Europa fiktive Werte im Umfang von 27 Mrd. € aus. Klingt doch logisch – oder? Für diejenigen, die noch an den Markt glauben schon!
Der medial aufgebauschte Fracking-Boom in den USA der letzten Jahre hatte bei der US-Regierung Illusionen geweckt. Sie griff auf alte Pläne zurück (z.B. auf den israelischen Yonin-Plan von 1982 und entsprechende US-Nachfolgepläne) und begann einen Großteil des Nahen und Mittleren Ostens „in die Luft zu jagen“, ohne damit ihre Ölversorgung zu gefährden. Sie erinnerte sich schließlich an ihren großartigen, außenpolitischen Erfolg von 1986. Damals hat sie ihrem Verbündeten Saudi-Arabien befohlen, den Öl-Pries so drastisch zu senken, dass der Finanzhaushalt der Sowjetunion in Schwierigkeiten geriet und nachfolgende „Geheimdienst-Verhandlungen“ (CIA : KGB) den „friedlichen“ Zusammenbruch des Ostblocks vorbereiteten. Warum das nicht heute wegen der Schwierigkeiten in der Ukraine wiederholen? US-Außenminister John Kerry wurde (Laut Larry Eliot, 9.11. in The Guardian) im September nach Riad geschickt, um mit König Abdullah und Prinz Bandar entsprechendes zu vereinbaren – mit Erfolg, wie man sieht. Kurz nach Kerrys Besuch steigerten die Saudis noch im September die Förderung um mehr als 100.000 Fass pro Tag.
Beim jüngsten OPEC-Gipfel am 27. November wurde die Öl-Förderung nicht dem Verbrauch angepasst, sondern sogar noch weiter angehoben und der Preisverfall trotz viel Gerede also nicht gestoppt. Nun ist er auf unter 66 Dollar pro Barrel gefallen, auf den tiefsten Wert seit fünf Jahren. Russland war beim OPEC-Gipfel vertreten. Anschließend erklärte der Chef von Rosneft, Igor Setschin, vor der Presse, er rechne mit einem Preisrückgang bis Mitte 2015 um weitere 20% auf unter 60 Dollar pro Fass. Ähnlich äußerte sich Leonid Fedun von Lukoil. Die beiden russischen Erdöl-Lieferanten wirkten dabei nicht geschockt, nicht einmal besorgt – als geschehe dies auf Absprache. Die ersten Folgen trafen Oligarchen und Westfreunde: „Börsen-Absturz im Mittleren Osten. Die Börse in Saudi Arabien verlor in den letzten Tagen 24% und stürzte auch am Sonntag (30.11.) dramatisch weiter ab. Ebenso in Dubai & Co.“ Tut ja nicht weh – es handelt sich nur um Buntpapier, die realen Anlagen stehen noch.
Anders sehen es – laut Bloomberg vom 7. Oktober – die Wall Street Banker. Auch sie kümmern Saudi oder Dubai-Aktien weniger. Sie sehen das US-Schieferöl-Geschäft, in dem viel „Kredit“ steckt, gefährdet, wenn der Preis unter 80 $ pro Fass fällt. Das sei der Wert, an dem sich das Geschäft mit unkonventionellem Öl nicht mehr rentiert, seine Förderung Verluste einfährt. „Wenn die Preise nicht bald anziehen, könnte das der Beginn vom Ende des großartigen Amerikanischen Öl-Fracking-Booms sein“, schrieb am 5.11. Christopher Helman in Forbes. Die Saudis hätten bestimmt nichts dagegen, wenn wenigstens dies der Fall wäre. Aber wie sieht es ihr Großer Bruder? Hatte der etwas übersehen, als er „den Russen eins auswischen“ wollte?
Ähnlich unsere Regierung. Die Energiewende wird gefördert, der Konsument zahlt; und weil der Wind nicht immer weht, werden die bösen Konzerne gezwungen, Heizkraftwerke für diesen Fall für den raschen Einstieg in die Erzeugung unter Dampf zu halten. Ein Heizkraftwerk ist teuer, eines, das den neuesten Auflagen der Regierung entspricht, sowieso. Es unter Dampf zu halten ist – abgesehen vom für die Vegetation nützlichen aber nicht bezahlten CO2-Ausstoß – teuer; wenn man zu wenig Strom verkaufen kann, wird es zum Verlustgeschäft. Wie lange kann das ein Konzern durchstehen? (Hatten deren Vorstände auch etwas „übersehen“ als sie der „Energiewende“ in Erwartung, die Kunden mit höheren Preisen schröpfen zu können, zugestimmt hatten). Nun wirft der erste der vier großen Stromkonzerne das Handtuch. Keine teuren, unrentabel gemachten Atom-, Kohle-, Öl- und Gas-Kraftwerke mehr! „Bad-Energiefirmen“ also nach „Bad-Banken“. „Bad-Gouvernement“ haben wir schon. Nun will sich E.on ganz auf das sichere, staatlich subventionierte, risikofrei gemachte Geschäft mit Alternativenergie konzentrieren. Der Aufsichtsrat des Konzerns hat den Ausstieg aus der teuren Verpflichtung zur Sicherung einer kontinuierlichen aber künstlich verteuerten Stromerzeugung bereits abgesegnet. Dadurch wird es dem klammen Konzern möglich, wieder Dividenden, 0,50 Euro je Aktie, zu zahlen, erklärte E.on. Wann folgen die anderen Unternehmen dem „wirtschaftlichen“ Schritt. Bald, wenn nicht ihr staatlich verordnete Vorhaltepflicht ordentlich vom Stromkunden bezahlt wird. Merkel/Gabriel wird es „alternativlos“ richten.
Ihre regierenden West-Kumpels (Juz & Co,) in der Ukraine haben in dieser Woche eine 1433-Km-lange Erdölpipeline der russischen Firmen “PrikarpatZapadTrans” und “NefteTransProdukt“, die durch die Ukraine in die EU verläuft, und alle dazu gehörenden Gebäuden, Grundstücken und Geräte überfallen und „enteignet“. Der Chefmanager von „Transneft“, Tokarev, reagierte und betonte, alle Lieferungen über diese Pipeline in die EU werden ab sofort einstellt. Wenn es kalt wird, ist wahrscheinlich wieder Putin Schuld. In Odessa war zuvor schon die Erdölraffinerie von Lukoil und vor einer Woche das Aluminiumkombinat ZAL des russischen Unternehmens „RusAl“ in Zaporozhia besetzt und enteignet worden. Ukraines Freunde im Westen billigen das schweigend – oder haben Sie darüber etwas in Ihrer „freien Presse“ oder etwas von Ihrer „demokratischen Regierung“ dazu gelesen oder gehört? Warum auch, hier ist die westliche „Werte“gemeinschaft am Werk – schließlich trifft es nur die bösen Russen – nur? Nicht nur die ukrainischen Oligarchen. Die Nichtauslieferung des angezahlten und vertraglich vereinbarten Hubschrauberträgers „Mistral“ an Russland, ist gleiche Münze. Aber wahrscheinlich geht auch diese west-ethische Maßnahme nach hinten los. Indien z.B. kündigt alle Waffenbestellungen in Frankreich, wenn nicht ausgeliefert wird – und die waren erheblich. Unseren Politclowns fällt dazu – wenn sie noch Latein gelernt hätten – nur der Spruch in Küchenlatein ein „Quod licet Jovi non licet Bovi“. Wer am Ende Jupiter und wer der Ochs sein wird, steht noch aus.
Genug für heute, nur noch ein weiteres Sprüchlein der westlichen Führungselite: “Enjoy it while it lasts, buddy, cuz you ain’t gonna be numero uno much longer.” Auf gut Deutsch: „Nach uns die Sintflut!“