„Mit der Gefahr wächst das Rettende auch…“(nach Hölderlin)
19. Dezember 2015 von admin
Die USA haben (die deutschen Zahlen sind anders gelagert, in vielen Bereichen noch erschreckender und auch viel unzugänglicher) rund eine Billionen Dollar ausgegeben, um den Krieg gegen Drogen zu führen. Der hat nichts gebracht. Sollte er es denn? Das für Banken lukrative Drogengeschäft blüht noch so wie 1970, als dieser Krieg begann. Die USA haben angeblich über 1,6 Billionen Dollar für den Krieg gegen Terrorismus ausgegeben und mehr als zwei Billionen Dollar allein für den Krieg im Irak. Als der Krieg begann, gab es nur wenige Fanatiker, inzwischen gibt es Hunderttausende, vielleicht sogar Millionen Terroristen – einige davon inzwischen vielleicht schon in ihrer Nachbarschaft. Für wen arbeiten die Terroristen? Tuns sie es denn nicht für den regime change im Sinne der USA? Man sagte uns, dass man mit Bomben, Drohnen, und Sonderkommandos die Bevölkerung schützen, Frieden und Stabilität sichern wolle. Das Gegenteil wurde bewirkt. Und wie oft haben wir von Politikern gehört, man wolle „den hart arbeitenden Familien helfen“? Das war angeblich der Grund, wieso seit 2009 über 10 Billionen Euro/Dollar an die London City und die Wall Street überwiesen wurden. Sie sollten die Konjunktur ankurbeln und dann das Geld „hinunter rieseln“ lassen. Doch es rieselte nicht, es ist bei den Banken insbesondere bei den Reichsten hängen geblieben und hat die Bürger über ihre Regierungen verschuldet. Seit 1964 haben die USA 22 Billionen Dollar für den „Krieg gegen die Armut“ ausgegeben. Damals waren 10% der Bevölkerung unter die Armutsgrenze geraten. Und heute? Es sind dort immer noch 10% und eher noch mehr – je nach Statistik.
Was hat all das gebracht? Nicht das, was vorgegeben wurde, sondern eine ins Ungeheuerliche gewachsene Abhängigkeit der Bürger vom Medien- und Staatsapparat. Menschen machen Fehler. Wenn die Fehler über Jahrzehnte ständig wiederholt werden, dann steckt dahinter – auch wenn gehirngewaschene Zombies entsetzt „Verschwörungstheorie“ schreien – Absicht. Kann es auch ein „Oder“ geben? Vielleicht die „Hand eines Schicksals“? Darüber ließe sich nachdenken.
Seit Giambattista Vico sich in der Neuzeit zum ersten Mal über das Auf und Ab von Kulturen Gedanken gemacht hat, haben immer wieder Leute wie A. Toynbee, O. Spengler und andere nachweisen wollen, dass Zivilisationen wie Lebewesen fast zwangsweise eine Entwicklung von der Geburt über ihren Höhepunkt bis zu ihrer Degeneration und ihrem Untergang durchlaufen. Zuletzt hat so etwas wohl der US-Diplomaten-Erzieher an der Georgetown School of Foreign Service, Carroll Quigley versucht, allerdings ohne dabei wie die Vorgänger auf quasibiologische Abläufe zurückzugreifen.
Nach Quigleys Verstellung bilden sich Zivilisationen aus dem Zusammenstoß mehrerer Kulturen, aus ihrer Vermischung und Verschmelzung. Die sich so bildende Zivilisation schafft sich auf unterschiedlichen Ebenen und für unterschiedliche Zwecke Organisationen. Die wichtigsten sind dabei jene, die auf Expansion gerichtet sind. Das betrifft nicht nur den Zugewinn neuer Territorium durch militärische Eroberung oder sonstige Anbindung, sondern vor allem die Expansion als Verbesserung der intellektuellen, religiösen, sozialen Beziehungen und der politischen Instrumente, die sich deutlicher auf die Steigerung der Produktivität und damit auf zunehmende wirtschaftliche und militärische Stärke auswirken.
Doch mit der Zeit verwandeln sich diese als Werkzeuge gedachten Organisationen wie Wissenschaft, Religion, soziale und politische Verfahren in Institutionen. Das führt dazu, dass die Personen, die diese Institutionen tragen, Sonderinteressen entwickeln, die auf die Absicherung und Erweiterung ihres und des jeweiligen Besitzstandes der Institutionen hinauslaufen. Darunter leidet die Expansion und es entwickeln sich zwischen den Organisationen und ihren Vertretern Konflikte. Das führt dazu, dass eine weniger degenerierte Gruppe, meist vom Rand der Zivilisation aus, sich diese unterwirft, hart durchgreift und ein straff organisiertes Imperium bildet. Damit schafft sie für eine gewisse Zeit einen Zustand des Friedens und so wieder einen gewissen Zuwachs an Wohlstand. Die so geschaffene Ruhe und Stabilität bremst aber auch die Entwicklung und sorgt für eine gewisse Statik der Gesellschaft. Diese lässt die den Menschen innewohnenden Kraft zur Verwirklichung ihrer Potentialität unbefriedigt. Die Folge sind zusätzlich aufflammende Konflikte und deren Unterdrückung. Letztere entzieht der Zivilisation Kraft und nötigt zu Verschwendungen (unproduktiver Einsatz ihrer Mittel). Das Einkommen der Bürger beginnt zu schrumpfen und befeuert ihr Unbehagen. Der Blick in die Zukunft, die Zuversicht der Bürger trübt sich ein. Ihr Interesse kehrt sich um und richtet sich auf Absicherung statt auf Expansion. Die Folge ist, dass sich Irrationalität und Esoterik in den Massen breit machen und die Wissenschaft verkommt (dogmatisiert, dem Konsens beugt). Die Zivilisation wird somit reif für eine Invasion tatfroher Völkerschaften von außen oder für die Aufmischung der institutionell verhärteten Verhältnisse durch eine tiefgreifende Revolution, eine die nicht nur eine Wohlstands-Umverteilung anstrebt, die nur die Degeneration fördern würde.
Wenn wir Quigleys Kriterien anwenden, dann stecken wir mitten in der Zerfallsphase, und die vergeblichen Bemühungen der in Eigeninteressen verkommenen gesellschaftlichen Institutionen wäre nur die logische Folge dieser Entwicklung. Gegner von Verschwörungstheorien bevorzugen diese Interpretation, weil das ihrer Ohnmacht, den müde gewordenen, egoistisch verkürzten Intensionen der Zivilisation im Endstadium entspricht, aber vor allem ihnen jede Verantwortung für das Geschehen nimmt. Die Elite der USA, des imperialen Hegemons, die mit den Thesen Quigleys erzogen wurde, glaubt nun dem „Schicksal“ der westlichen Zivilisation ein Schnippchen schlagen zu können, indem sie deren Expansion in Richtung Weltregierung vorantreibt. Sie hält es für Expansion, auch wenn dies trickreich mit Hilfe von ihnen fremdgesteuerter Patsies, mit fanatisieren Terroristen, die so manipuliert wurden, dass sie nicht wissen, für wen sie eigentlich ihren Kopf hinhalten, oder durch die Korrumpierung oder Manipulation quasi verbündeter Regierungen geschieht. Aber Expansion im Sinne Quigleys hätte etwas aus Zuversicht geleisteter Aufbau- und Entwicklungsarbeit, die selbst wieder Zuversicht schafft, zu tun. So etwas geht der westlichen Zivilisation und ihren Bürgern – nicht mehr nur in Deutschland nach zwei verlorenen und missverstandenen Weltkriegen – inzwischen völlig ab.
Aber gibt es ein „außerhalb“, zeigt sich irgendwo eine Alternative für die Menschheit auf dieser Erde? Wenn man sich an die westlichen Medien hält, sicherlich nicht. Aber vielleicht außerhalb ihrer Meinungsbildung? Am 4.12 war in der englischen Ausgabe der Deutschen Welle der Bericht von Thuso Khumalo über das zweitägige Forum für chinesisch-afrikanische Zusammenarbeit (FOCAC) in Johannesburg, in Südafrika erschienen. Dort hatte der chinesische Staatspräsident Xi Jinping vor 35 Regierungschefs aus Afrika angekündigt, China werde im Wert von 60 Mrd. Dollar zinslose und zinsbegünstigte Kredite für Infrastruktur- und Industrieentwicklung in Afrika bereitstellen. Außerdem kündigte er wegen der El-Nino-bedingten Ernteausfälle Nahrungsmittelsoforthilfe für den afrikanischen Kontinent im Wert von 156 Mio. Dollar an. Im Anschluss an die Konferenz unterzeichnete er mit afrikanischen Kollegen 26 Abkommen über konkrete Entwicklungsprojekte im Gesamtwert von vorerst 6,5 Mrd. Dollar. (http://www.dw.com/en/china-announces-60-billion-for-africa/a-18892967).
Zuvor am 24/25. November fand in Suhzou in China die vierte Konferenz Chinas mit den Regierungs- und Ressort-Chefs von 16 mittel- und osteuropäischen Ländern (MOEL) östlich von Deutschland (das nicht vertreten war) unter dem Motto „Neues Beginnen, Neue Bereiche, Neue Visionen“ statt. Dabei ging es um das gewaltige eurasische Infrastruktur-Ausbauprojekt „One Belt One Road“ (Vgl. Shannon Tiezzi in dem japanischen Magazin für Ostasien, The Diplomat, vom 26, 11. 2015). Bei dieser neuen Seidenstraße geht es um Eisenbahnstrecken, Straßen und Häfen in Europa. Den Anfang machte man mit der Unterzeichnung eines Vertrags Chinas mit Ungarn und Serbien über den Bau einer Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke zwischen Budapest und Belgrad. Der Bau soll noch vor Ende dieses Jahres beginnen und bis 2017 fertiggestellt sein, wenn die EU nicht dazwischenfunkt wie bei der South-Stream Pipeline. Li Xinhua beschrieb die neue Eisenbahn als „eine Überholspur für den Import und Export von Produkten zwischen China und Europa.“ China hatte zur Finanzierung weltweiter Entwicklungsprojekte, welche die von den USA kontrollierten Internationaeler Währungsfonds und Weltbankt mit ihren Konditionalitäten eher verhindert hatten, eigens die Asiatische Infrastruktur-Investment-Bank (AIIB) gegründet.
Experten befürchten inzwischen eindeutige globale Folgen dieses Prozesses. „Es sieht ganz so aus, als ob Europa in Afrika abgehängt wird“, schrieb Frank Sieren in seinem kürzlich erschienen Buch „Der Afrika-Boom – Die große Überraschung des 21. Jahrhunderts“ und weiter: „Das gilt übrigens nicht nur für Europa, das gilt auch für Amerika. Die haben einfach das Geld nicht mehr, da mitzuspielen, und stehen sich, was die Spielregeln betrifft, dann ein bisschen selbst im Weg. Das ist natürlich ein Problem, da wird vielleicht noch nicht gesehen, dass es einen realen Wettbewerb gibt und dass die afrikanischen Regierungen unter diesen verschiedenen Angeboten (aus China, Japan, Südkorea) aussuchen.“ … „Diese Entwicklung einer Nord-Süd-Hilfe zu einer Süd-Süd-Kooperation wird nicht nur wirtschaftliche Folgen haben, sondern auch politische. Man konnte das bei der letzten großen Tagung der Vereinten Nationen sehen, da sind dann schon viele der kleinen aufstrebenden Länder auf Seiten der Chinesen, aber auch auf Seiten der Russen — das hat man ganz klar bei den Reden von Xi Jinping und von Wladimir Putin sehen können — und eben nicht mehr auf Seiten der Amerikaner. Weil sie genau sehen, dass die Amerikaner, dass der Westen nicht mehr so viel für sie tun kann (will,HB) oder nicht mehr so viel tut. Dadurch gibt es schon eine auch politische Machtverschiebung infolge dieser wirtschaftlichen Machtverschiebung, die ich nicht unterschätzen würde.“ Sechs der zehn wachstumsstärksten Länder der Erde liegen in Afrika.
Was setzt der Westen dem entgegen? Nicht nur die Klimablödelei in Paris, die die Industrialisierung Afrikas und Südamerikas unterbinden will. Nach 2000 als die Organisation FOCAC zwischen China und 40 afrikanischen Staaten ins Leben gerufen wurden, richteten die USA in Stuttgart das Strategische Hauptquartier AfriCom zu dem einzigen Zweck ein, die Verbindung zwischen China und Afrika zu blockieren. Schürten sie im Osten Streit zwischen China und Japan, organisierten sie in der Ukraine einen „regime change“ und spalteten sie die EU und das aufstrebende Russland durch Sanktionen. Seitdem haben wir den sogenannten Arabischen Frühling, die Ermordung Gaddafis, der sich für die Entwicklung Afrikas stark gemacht hatte, die Zerstörung Libyens, die Aufstände in Syrien, und die religiös-fanatische Mobilisierung von Terrorbanden in Mali, Nigeria und anderen afrikanischen Staaten.
Wo Expansion und wo Dekadenz herrschen, dürfte jedem, der das Denken noch nicht für Medienkonsum geopfert hat, klar sein. Die Welt steht am Scheideweg. Die Hetz-Hysterie der westlichen Medien zeigt, wie tiefgreifend die Entscheidung sein wird.
2 Reaktionen zu “„Mit der Gefahr wächst das Rettende auch…“(nach Hölderlin)”
Wir leben in einer verhängnisschweren Zeit. Die großartigste Geschichtsepoche nicht nur der faustischen Kultur Westeuropas mit ihrer ungeheuren Dynamik, sondern eben um dieser willen der gesamten Weltgeschichte ist angebrochen, größer und weit furchtbarer als die Zeiten Cäsars und Napoleons. Aber wie blind sind die Menschen, über die dieses gewaltige Schicksal hinwegbraust, sie durcheinanderwirbelnd, erhebend oder vernichtend. Wer von ihnen sieht und begreift, was mit ihnen und um sie her geschieht? Was wissen sie alle von der Richtung, in welcher ihr eigenes Schicksal sich bewegt? Da entstehen lächerliche Schlagworte wie Überwindung der Wirtschaftskrise, Völkerverständigung, nationale Sicherheit und Autarkie, um Katastrophen im Umfang von Generationen durch Wohlstand und Abrüstung zu »überwinden«.
Dazu kommt die allgemeine Angst vor der Wirklichkeit. Es ist die seelische Schwäche des späten Menschen hoher Kulturen, der von der mütterlichen Erde und damit vom natürlichen Erleben von Schicksal, Zeit und Tod abgeschnitten ist. Er erträgt das nicht, was er sieht und sehen muß: den unerbittlichen Gang der Dinge, den Zufall, die wirkliche Geschichte mit ihrem mitleidlosen Schritt durch die Jahrhunderte, in die der einzelne mit seinem winzigen Privatleben an bestimmter Stelle unwiderruflich hineingeboren ist. Das ist es, was er vergessen, widerlegen, abstreiten möchte. Er flieht aus der Geschichte in die Einsamkeit, in erdachte und weltfremde Systeme, in irgendeinen Glauben, in den Selbstmord. Er erträgt die Wirklichkeit nicht mehr. Er setzt sein Wunschbild der Zukunft an die Stelle der Tatsachen – obwohl die Geschichte sich noch nie um Wünsche der Menschen gekümmert hat –, vom Schlaraffenland der kleinen Kinder bis zum Weltfrieden und Arbeiterparadies der Großen.
Was die augenblickliche Weltlage betrifft, so sind wir alle in Gefahr, sie falsch zu sehen. Ein so unwahrscheinlicher Zustand von Ruhe, Sicherheit, friedlichem und sorglos fortschreitendem Dasein hat sich über die Völker der Industrienationen verbreitet, welches man in allen Jahrhunderten vergebens sucht. Wer das erlebt hat, erliegt immer wieder der Neigung, es für normal zu halten, die Barbareien der Gegenwart nur als Störung dieses natürlichen Zustandes aufzufassen und zu wünschen, daß es »endlich wieder besser« gehe. Nun, das wird nicht der Fall sein. Denn die schweren ungelösten Probleme unserer Zivilisation wurden immer weiter auf- und den Söhnen und Enkeln zugeschoben, als üble Erbschaft kommender Geschlechter, so daß wir gar nicht mehr an ihr Vorhandensein glauben, obwohl sie in ständig wachsender Spannung aus der Zukunft herüberdrohen.
Diese Leichtigkeit des Seins hat die Menschen satt, begehrlich, urteilslos und unfähig gemacht, Unglück zu ertragen: die Folge sehen wir in den utopischen Vorstellungen und Forderungen, mit denen heute jeder Demagoge auftritt, Forderungen an die Zeit, die Staaten, die Parteien, vor allem »die anderen«, ohne an die Grenzen des Möglichen, an Pflichten, Leistungen und Entsagung auch nur zu erinnern. Dieser allzu lange Friede über dem vor wachsender Erregung zitternden Boden ist eine furchtbare Erbschaft. Kein Staatsmann, keine Partei, kaum ein politischer Denker steht heute sicher genug, um die Wahrheit zu sagen. Sie lügen alle, sie stimmen alle in den Chorus der verwöhnten und unwissenden Menge ein, die es morgen so und noch besser haben will wie einst, obwohl die Staatsmänner und Wirtschaftsführer die furchtbare Wirklichkeit besser kennen sollten.
Wir leben in einer gewaltigen Zeit. Die Weltkriege waren für uns nur die ersten Blitze und Donner aus den Gewitterwolken, die schwer über uns dahinziehen. Die Form unserer Welt wird heute aus dem Grunde umgeschaffen, ohne daß das Wollen und Wünschen »der Meisten« beachtet und ohne daß die Opfer gezählt werden. Aber wer versteht das? Wer erträgt das? Wer empfindet es als Glück, dabei zu sein? Die Zeit ist gewaltig, aber umso kleiner sind die Menschen. Sie ertragen keine Tragödie mehr, weder auf der Bühne noch in Wirklichkeit. Sie wollen das »Happy-end« flacher Unterhaltungsromane, kümmerlich und müde wie sie sind. Aber das Schicksal, das sie in diese Zeit hineingeworfen hat, packt sie beim Kragen und tut mit ihnen, was getan werden muß, ob sie nun wollen oder nicht. Die Evolution tritt wieder in ihr Recht. Alles ist ins Gleiten gekommen. Jetzt zählt nur der Mensch, der etwas wagt, der den Mut hat, die Dinge zu sehen und zu nehmen, wie sie sind. Die Zeit kommt – nein, sie ist schon da! –, die zartbesaitete Seelen und flüchtige Ideale mit dem Winde verweht. Ist das »Pessimismus«? Wer es so empfindet, hat die fromme Lüge oder den Schleier des Glaubens und der Utopien nötig, um vor dem Anblick der Wirklichkeit geschützt, von ihm erlöst zu sein.
Wer keine Tragödie erleben, keine ertragen kann, kann auch kein Gestalter der Zukunft sein. Wer Evolution nicht erlebt und akzeptiert, wie sie wirklich ist, nämlich emotions- und erbarmungslos, nichts bedauernd, vor dem Auge der Werteanbeter also ohne Sinn, Ziel und Moral, der ist auch nicht imstande, seinen Abdruck im Sand der Zeit zu hinterlassen. Hier scheidet sich das überlegene und das unterlegene Ethos des menschlichen Seins. Das Leben des einzelnen ist niemand wichtig als ihm selbst: ob er sich der Evolution entziehen (aussterben) oder sich für sie opfernd weiterleben will, darauf kommt es an. Die Evolution hat mit menschlicher Logik nichts zu tun. Ein Gewitter, ein Erdbeben, ein Lavastrom, die wahllos Leben vernichten, sind den planlos elementaren Ereignissen der Weltgeschichte verwandt. Denn wenn auch Spezies zugrunde gehen, antike Städte vergangener Kulturen brennen oder in Trümmer sinken, kreist doch die Erde ruhig weiter um die Sonne und die Sterne ziehen ihre Bahn. Das ist Schicksal. Man kann es verneinen, aber damit verneint man sich selbst.
Frei nach Oswald Spengler
Wie man sich bettet so liegt man zum Teil. Nicht alle Verantwortung dem rauschaften Schicksal zuschieben!