Wird die nächste Sintflut „seicht“?
2. April 2016 von admin
Seit März 2008 haben die Notenbanken weltweit die Zinssätze insgesamt 637 Mal gesenkt und wertlose Wertpapiere (für die Institutionen einmal bezahlt hatten) im Wert von (offiziell eingestandenen) 12,3 Billionen US-Dollar aufgekauft. Trotzdem steht nun die nächste Krise vor der Tür. Die FED hatte in den letzten Jahren immer wieder die „Illusion einer Erholung“ aufgebauscht, aber keinen real-produktiven Aufschwung in Gang gebracht. Sonst wären nicht zum Beispiel 100 Millionen Erwachsene allein beim westlichen Vorreiter USA ohne Arbeit und 46 Millionen US-Amerikaner auf Lebensmittelmarken angewiesen (im Jahr 2000 waren es noch „nur“ 18 Millionen). 35% der US-Bürger erhalten irgendeine Form staatlicher Unterstützung.
Der US-Finanzwelt ist es gelungen, Anleger weltweit zu überzeugen, Billionen erworbener Dollar in Wertpapiere zu investieren und dadurch deren nominellen Wert künstlich aufzublähen, ohne dass im gleichen Umfang reale „Werte“ geschaffen wurden. Wenn die FED oder Zentralbanken Wertpapiere ankaufen, schaffen sie Geld „aus dem Nichts“, „verwässern“ den Wert der Währungen und erzeugen die „Illusion einer Erholung“. Im Leitbild der westlichen Welt, im Wirtschaftssystem der USA summieren sich unter anderem z.B. Studienkredite auf insgesamt 1,3 Billionen Dollar. Die belasten jungen Bürger. Diese finden nach ihrem Studium kaum einen Arbeitsplatz, um ihre Kredite zurückzahlen zu können. Studentenkredite haben inzwischen die schlechteste „Performance“ des gesamten Kreditsektors. In den Nachäff-Staaten hinkt die Entwicklung vielleicht noch etwas hinterher.
Treu dem westlichen Vorbild schöpft die EZB monatlich nun 80 statt 60 Milliarden Euro, um mit dem neu auf den Markt geworfenen Geldern Anleihen zu kaufen. Das neu geschaffene Geld sollen Banken als Kredit vergeben. Aber an wen? Die einen wollen keine Kredite, weil sie für eventuelle Produkte nirgends einen zahlungsfähigen Nachfrager sehen, die anderen sind schon nicht mehr „kreditwürdig“, weil sie schon pleite sind. Nur Börsenspekulanten, Rüstungsindustrielle und Unternehmen, die in der Hoffnung auf ein Wunder eine unrentable Existenz bis zum Untergang noch etwas prolongieren wollen (wenn schon pleite, dann auch richtig!), sehen vielleicht noch eine Verwendung für billige Kredite.
Wenn die EZB irgendwann alle Anleihen aufgekauft hat, wird sie auf andere Wertpapiere zugreifen. Beim gegenwärtigen Volumen könnte die EZB den DAX vermutlich in einem Jahr aufkaufen. Was werden die Zentralbanken danach gegen frisches Geld aufkaufen wollen, mit Geld, das inzwischen so wenig „wert“ ist wie die als Sicherheit aufgekauften Wertpapiere, nämlich nichts mehr: Große Zahlen aber kaum noch Kaufkraft. Die Anzeichen dafür sind offenkundig: Man muss schließlich die Bank dafür bezahlen, dass man bei ihr Geld deponieren darf. Man bekommt am Ende Geld, wenn man den Banken Geld ab- und einen Kredit aufnimmt. Wir stehen kurz vor dieser herrlichen Zukunft der Schuldenmacher.
Die eingerissene Entwicklung hat einen anderen ihr aber entsprechenden Aspekt. Immer mehr angebliche „Bürger“, die über „Wahlen“ scheinbar politische Macht und damit Einfluss auf den Lauf der Ereignisse und das Wohlergehen der Gesellschaft zu nehmen meinen, werden statt von der produktiven (wörtlich „weiterführenden“) Arbeit ihrer Hände von Transferzahlungen des Staates abhängig und ihm damit gefügig. Solche Zahlungen machten in Deutschland 2013 bereits 47,3 Prozent der Staatsausgaben aus, im Jahr 2018 rechnet man aus heutiger Sicht (das heißt bei unterstelltem gleichen Steueraufkommen) mit 53,7 Prozent, rechnet man die Zinsabgaben aus dem Staatshaushalt heraus, läge der Sozialetat sogar bei 57,3 Prozent, allerdings noch ohne die fälligen Ausgaben für neu Flüchtlinge. Hierbei ist nicht gegen Sozialhilfe zu wettern, sondern gegen Zustände, die sie nötig machen.
Willkommenskultur-Begeisterte hoffen bei den Flüchtlingen auf billige Arbeitskräfte, ohne zu sehen, dass auch für deren herbeifantasierte Produkte kaum mehr eine Gewinn versprechende zusätzliche zahlungsfähige Nachfrage in Erscheinung tritt. Die ausgeschütteten Sozialausgaben, erscheinen zwar auf dem Markt und bieten eine gewissen zusätzliche zahlungsfähige Nachfrage, die möglicherweise einigen kleinen noch unabhängigen Unternehmen zu Gute kommt und ihnen Marktgewinne sichert. Aber sie muss auch wieder von Bürgern aufgebracht werden, deren Zahlungsfähigkeit entsprechend eingeschränkt wird. Wie lange werden Staat und Zentralbank sich solche Zahlungen aufgrund der Geldwertverwässerung (Schaffung von Kredit/Schuldengeld) der Banken noch leisten können? Endlos?
Sind Sie noch überzeugt, dass „im Westen“ die intelligentesten Ökonomen der Welt am Werk sind und Politiker, die mit gutem Gewissen das Beste für die Bevölkerung vorausplanen? Glauben Sie das wirklich, oder sehen Sie nur keine Alternative und blicken daher lieber weg und wählen „Jacke wie Hose“? Die Wahl zwischen etwas mehr für Soziales, dafür weniger für anderes von Pseudo-Umweltschutz (also Zwangskonsum) bis Rüstung – oder umgekehrt. Im Einzelfall macht das einen Unterschied, in manchen Fällen einen großen, entsprechend hitzig wird von manchen vielleicht gewählt. Doch für die Zukunft der Gesellschaft ist es nur wie bei Mathias Claudius: „abermals ein Tag vom Jahre, abermals ein Schritt zur Bare“. Eine solche Perspektive muss ebenso wie das zwanghafte Wegsehen lähmen und Burn-Outs oder Depressionen erzeugen.
Den Westen hält eine „fixe Idee“ im Griff: Die Idee, dass nur die Beschäftigung im eigentlichen Sinne wertvoll ist und sich „lohnt“, wenn man dabei schließlich mehr Geld herausbekommt als man für die Arbeit (Lebensunterhalt, Ausbildung, Produktionsmittel, Verkaufskosten etc.) aufwendet. Die revolutionäre bürgerliche Gesellschaft erkannte die Voraussetzung für ein solches „Mehr“ an Geld im Reichtum der damals herrschenden Klasse, des Adels, und wollte ihr den über die zur Verfügung gestellten Produkte abgewinnen. Was danach sein würde, blieb offen. Der Markt sorgte für genug Wettkampf und Anspannung. Als sich die Erfolgreichsten mit dem verbliebenen (Finanz)Adel verbündeten, suchten sie den Gewinn vermehrt in der Geldentwertung (Schaffung von Kreditgeld), in dem sie zunächst noch den gleichen Geldwert (Preis) für Waren erzielten, die sich einfacher, das heißt mit geringerem Aufwand (Lohn-, Rohstoff-, Herstellungs- und Verkaufs-Kosten etc) herstellen ließen. Dieser noch virtuelle „Sparprozess“ war die technologisch produktive Phase der Bürgerlichen Gesellschaft. Übersteigende technische Produktivitätssteigerungen sorgten für eine Wohlstandsexpansion in den sogenannten Industriestaaten (hinzu käme die in der VW-Lehre kaum berücksichtigte politisch/militärische Ausweitung der Handelsgebiete und eine entsprechenden Aufschuldung der Bewohner in diesen neuen Gebieten, Kolonien, besiegten Staaten etc.).
Die relative Geldentwertung fiel zunächst nicht auf, weil die Preise für gleichwertige Waren scheinbar die gleichen geblieben sind. Mit der noch unterschwelligen Geldentwertung ging schon eine rasantere Konzentration der „Vermögen“, das heißt der Macht über die (und bald „den“) Wirtschaftsprozess(e), einher. Mit der Möglichkeit einzelner Superreicher, den Wirtschaftsprozess, in den die wirtschaftlichen Aktivitäten der großen Mehrheit fest eingebunden sind, übergreifend zu kontrollieren, verschwand die Erwartung, dass realisierte höhere Geldbeträge wirklich einen Gewinn darstellen. Gewnne versprachen nur Verschiebungen an der obersten Reichtumsspitze. In der konzentrieren Wirtschaft konnten ihre Kontrolleure ihr Vermögen nur noch durch weitere Konzentration steigern, indem sie trickreich das Vermögen untereinander umverteilten und die Verlierer abstießen. (Zum Beispiel konnte man über Bankkredite unproduktivere Betriebe schützen und ihre produktivere Konkurrenz in den Bankrott treiben, vgl. den Fall Borgward.) „Geld“ war hierbei lediglich ein Steuerungsmittel. Aus dem Wirtschaftsprozess selbst ließ sich nur das herausholen, was man vorher in Form von Kosten hineingesteckt hatte. Das war zwar immer schon so, wurde aber wegen der Vielzahl derer, die über Vermögen verfügten, um in den Wirtschaftsprozess produktiv einzugreifen, wegen der Unübersichtlichkeit der tatsächlichen Geldströme, wegen der Kreditvergabemöglichkeit gegen vorhandene Sicherheiten, und wegen der ständigen Fluktuation der Geldwerte früher nicht überblickt. Inzwischen hat die Vermögenskonzentration einen Grad erreicht, dass die „eigentlich“ Vermögenden, die mit ihrem Vermögen den Wirtschaftsprozess (und die Politikerklasse) steuern können, diesen Zusammenhang erkennen und strategisch nutzen. Auch hierbei spielen Währungen und Wertpapiere nur noch als Manipulationsmittel eine Rolle. Der eigentliche „Wert“ ist der Anteil an der steuernden Verfügungsmacht. Viele Besitzer stattlicher Geldbeträge hegen noch die Illusion, sich für Vermögende zu halten, wie sich viele Unternehmer noch für „Eigentümer“ im ursprünglich bürgerlichen Sinn halten. Sie vermögen im Unterschied zu den ganz wenigen Superreichen mit ihrem Vermögen allenfalls ein paar harmlose Wellen auf dem Strom der wirtschaftliche/politischen Ereignisse auszulösen aber keinen realen „Fortschritt“ (nur kurzfristig steigende Vermögenswerte da, sinkende Asset-Werte dort).
Die tatsächlich Vermögenden steuern mit der Globalisierung eine erneute Revolution an, die tatsächliche Machtübernahme in der Welt, d.h. die unmittelbare Regierung der Großeigentümer hinter den Großkonzernen und Großbanken in einer gleichgeschalteten Welt. Davor sollen allerlei internationale Handelsverträge die Macht der Staaten und Regierungen auf die Dienstleistung beschränken, ihre Bevölkerungen durch Terrorismus, eine Art virtueller Weltbürgerkrieg und entsprechende Polizeimaßnahmen auf Linie zu halten. Dass die Letztentscheider im Hintergrund sich auf eine wirtschaftlich/technische Entwicklung zur besseren Versorgung der Menschen einigen werden oder wollen, bleibt die Illusion der von ihnen ausgehaltenen Elite, die für sie die gut bezahlte Drecksarbeit (der psychisch-mentalen und politisch/polizeilichen Domestizierung) besorgt. Ob sich die noch nicht in diesem Sinne domestizierten Teile der Weltbevölkerung dem fügen werden, ist die große Frage der Zukunft im Sinne der Prophezeiung Enzensbergers: „Die nächste Sintflut wird seicht sein“ – oder blutig ausfallen.
1 Reaktion zu “Wird die nächste Sintflut „seicht“?”
Die nächste Sintflut wird kommen und da wird dann abgerechnet werden! Ich verweise auf das Werk von Hellmut Haasis:
Spuren der Besiegten!