„Wer jetzig Zeiten leben will, muss haben …“
27. Mai 2016 von admin
Naja, oder gute Fähigkeit zum Verdrängen. Wir erleben gerade wieder einen neuen globalen Rüstungs- und Eskalations-Wettlauf mit der Gefahr des endgültigen nuklearen Schlagabtauschs. Aus dem Kalten Krieg wurde offensichtlich nur mehr die Frage: Wie hintertreiben wir trickreich das Nukleare Patt der Zeit vor 1990.
Angesichts der NATO-Strategie „Massive Vergeltung“ (MC 14/2) hatte 1967 der belgischen Außenminister Pierre Harmel einen Bericht zur Lage der NATO angeregt. Er hatte offensichtlich die Formel, die NATO solle als Faktor des dauerhaften Friedens gestärkt werden, falsch verstanden, denn er interpretierte ihre Funktion damals in zwei Punkten. Die NATO solle militärisch ausreichend gestärkt werden, um das Gebiet der Mitgliedstaaten gegebenenfalls erfolgreich verteidigen zu können, und so abschrecken. Und 2., sie solle aufgrund dieser militärischen Sicherheit dauerhafte Beziehungen herstellen, mit deren Hilfe grundlegende politische Fragen gelöst werden könnten.
Die Formel „dauerhafter Frieden“ verstand die Führungselite im Westen aber anders als Hamel. Ihr Verständnis ging bereits auf die 1891 gegründete aber von Hof-Historikern weitgehend ausgeklammerte „Geheimgesellschaft Cecil Rhodes“ und deren Wirken unter Führung Lord Milners und seiner Nachfolger zurück. Mit der Gründung der privaten Federal Reservebank (FED) kam die translatio imperii dieser ango-amerikanischen Gruppe zum Abschluss. Diese Gruppe von Spitzenfinanziers und ihrer Zuträger verstand unter „dauerhaftem Frieden“ offensichtlich die Errichtung einer zu Sanktionierungen befähigten Weltregierung unter ihrer Regie, eben dieser angloamerikanischen Hochfinanz. Diesem Vorhaben scheinen sich das neue Russland und ebenso China immer noch, aber vielleicht sogar auch große Teile der Islamischen Welt sperren zu wollen.
Im Februar 2015 deutete George Friedman, der Gründer und Vorsitzender von STRATFOR, dem der CIA nahestehenden US-Thinktank, diese Jahrhunderte alte Strategie an, bezog sie aber fälschlich nur auf die USA als solche: „Das ursprüngliche Interesse der Vereinigten Staaten, aufgrund dessen wir Kriege geführt haben – den 1. Weltkrieg, den 2. und den Kalten Krieg – bezog sich auf das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland, da die beiden vereint die einzige Kraft waren, die uns bedrohen konnte, und um sicherzustellen, dass dies niemals geschehen würde.“ (Wolfgang Effenberger,Willy Wimmer: Wiederkehr der Hasardeure, zeitgeist Print & Online August 2015, S. 450.).
Inzwischen stellen Russland und China vereint diese Gefahr dar und – sollte nicht übersehen werden – auch der Islam als Umma, als religiös fundierte politische Gemeinschaft der Muslime. Samuel Huntingtons „Krieg der Kulturen“ leitete offensichtlich die Aktualisierung der alten Strategie zur Errichtung der Weltregierung ein. Zu ihren früheren Versionen hatte der Mackinderplan von 1904, die von Eduard VII plötzlich und überraschend eingeleitete Entente Kordiale von 1902/3 und dann die von Friedman aufgezählten Kriege mit den dazu gehörigen Nebenprogrammen (Völkerbund, UNO, IWF Weltbank etc) gehört. Am Anfang der aktualisierten Version könnte somit eine Auseinandersetzung zwischen Russland (und China) mit dem Islam (über die Türkei, den IS und seine Finanziers) entsprechend der Phase des 2. Weltkriegs bis Dezember 1941 stehen. Sind die Gegner entsprechend geschwächte könnte sich daran der endgültige nukleare Schlagabtausch erfolgen. Der würde so „schrecklich“ ausfallen, dass sich niemand mehr der Errichtung einer Weltregierung widersetzen will.
Eine sicherere Erklärung dieser Interpretation der laufenden Ereignisse hätte die genauere Untersuchung der Entstehung der von Friedman angeführten Kriege zur Voraussetzung. Diese wird bis heute durch Pseudoerklärungen wie die „naive Dummheit“ (Kaiser Wilhelms II und der „Schlafwandler“) beziehungsweise die „Kriminalität“ (des Buhmannes „Hitler“, dem Vorbild für Erklärungsmuster späterer Angriffskriege (z.B. Saddam Hussein, Gaddafi, Assad etc.) eher vertuscht als erklärt. Eine ähnliche Vertuschung erlebten wir bei anderen Schlüsselereignissen unserer Zeit, z.B. bei der Kennedy Ermordung, dem Anschlag von 9/11, „Charlie Hebdo“ und anderen.
Von einer Beendigung des Kalten Kriegs kann trotz des Zusammenbruchs der Sowjetunion keine Rede mehr sein. Der heutige Spannungszustand und das damit verbundene wieder einsetzende Wettrüsten zwischen Russland und dem Westen birgt weit größere Gefahren als die dafür angegebenen akuten Streitfragen (Halbinsel Krim, Ostukraine, westliche Sanktionen, russische Gegensanktionen, westlicher Truppenaufmarsch an der Grenze Russland, Aufstellung von ABM-Systemen in Osteuropa, russische Mannöver in unmittelbarer Nähe westlicher Kriegsgeräte wie Düsenjägern und Kriegsschiffen) es wert wären. Dieser Spannungszustand enthält vielerlei Möglichkeiten zu Missverständnissen, die nicht nur leicht eskalieren können oder sogar sollen und die gegenwärtig noch eskaliert werden, bis sie außer Kontrolle geraten.
Die rasant dichten Überflüge russischer Bomber über amerikanische Zerstörer in internationalen Gewässern der Ostsee und die amerikanische Raketenabwehr in Rumänien, die den USA offensichtlich die Erstschlagsmöglichkeit sichern soll, ist mit den Zusicherungen nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem damaligen Verzicht auf eine NATO-Osterweiterung des Westens kaum vereinbar. Doch die Eskalation geht weiter. An vorderster Front steht hierbei die Weiterentwicklung der nuklearen und konventionellen hightech-Waffensysteme mit dem beide Seiten versuchen, das doppelte Pat der MAD-Doktrin (der wechselseitigen gesicherten Zerstörung) zu umgehen. Genau das betreiben zurzeit die Generalstäbe, ohne dass die Politik dem Irrwitz Einhalt gebietet und versucht, zum regulierten Gleichgewicht der 80er-Jahre zurückzukehren oder ein geordnetes Miteinander herzustellen. Stattdessen werden Vorwürfe erhoben, die an die kindische Auseinandersetzung zwischen Kanzler von Bülow und dem britischen Kolonialminister Joseph Chamberlain erinnern. Chamberlain hatte das Verhalten Preußischer Soldaten im deutsch-französischen Krieg 1870 mit der Taktik der „Verbrannten Erde“ Kitcheners im Burenkrieg verglichen, wofür von Bülow eine Entschuldigung verlangte, die Chamberlain entrüstet verweigerte. Dieser Pseudodisput diente 1902 dazu, den strategischen Umbruch der britischen Balance of Power Politik von einem angestrebten Bündnis mit Deutschland in eines mit dem bisher verfeindeten Frankreich einzuleiten und zu vertuschen.
Eine wichtige Rolle bei dem neuen Wettrüsten spielen „nukleare Gefechtsköpfen geringeren Formats“, die sich leichter, scheinbar kontrollierbarer aber bedrohlicher einsetzen lassen eine wichtige Rolle. William J. Perry, der US-Verteidigungsminister unter Clinton warnt, die neuen, kleineren und hochpräzisen Waffen, die die Obama-Administration plant, würden nur das Undenkbare denkbarer machen. „Man macht sie (Atomwaffen) leichter einsetzbar, obwohl es überhaupt kein glaubwürdiges Konzept gibt, die Eskalation zu beherrschen.“ Auf das Konzept der wechselseitig gesicherte Zerstörung – MAD, der 1970er 1980er Jahre – ist nach der Aufstellung der ABM-Syteme in Rumänien und anderswo und mit der Miniaturisierung der Nuklearwaffen kein Verlass mehr. Die Drohungen entwickeln inzwischen eine eigene, beängstigende Dynamik.
Die Nato will außerdem ihre Truppen in Polen und im Baltikum aufstocken (wozu auch Deutschland zur Kasse gebeten wird), um Stärke gegenüber Russland zu demonstrieren, verkündete Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg im Interview in Die Welt am 1. Mai und gleichlautend der US-Botschafter bei der NATO, Douglas Lute, in einem Interview. Sir Alexander Richard Shirreff, von 2011 bis 2014 „Supreme Allied Commander in Europe“, sagte in einem Interview mit dem Guardian vom 18.5., es mache ihn wütend, dass sich Großbritannien nicht dringlicher auf einen Krieg gegen Russland vorbereite. Denn Russland sei der gefährlichste Gegner des Westens, daher müsse der Westen dringend handeln. Vom Interviewer auf den Umstand hingewiesen, dass sich Russland von der NATO nach all den Neuerungen (insbesondere dem ABM-System in Rumänien, Polen, Tschechei etc.) umzingelt fühle, erwiderte der General verärgert, Russland habe „kein Recht“, sich umzingelt zu fühlen. (Er sagte nicht, es habe keinen Grund oder Anlass dazu) Das bedeutet doch: Wenn Russland kein Recht hat, sich umzingelt zu fühlen, darf es auch keine Verteidigungsmaßnahmen ergreifen. Tut es dies doch, darf der Westen dies als nicht hinnehmbare Provokation deuten, die schlussendlich sogar einen Präventivkrieg gegen Russland rechtfertigen könnte.
Es wird höheren Orts auch gemunkelt, die NATO werde sich erweitern. Montenegro und bald danach Georgien sollen aufgenommen werden. Außerdem droht beim Ministertreffen der NATO Anfang Juli, dass die NATO-Russland-Vereinbarung vom 27. Mai 1997 aufgehoben wird. Darin war vereinbart worden, dass die neuen Mitgliedsländer „keine Absicht, keinen Plan und keinen Grund“ hätten „Atomwaffen auf ihrem Gebiet aufzustellen“.
Berlin gibt sich seinen Bürgern gegenüber gemäßigt, zündelt aber kräftig mit: Zum Beispiel baut es neuerdings die Zusammenarbeit mit den Medschlis, einer umstrittenen kleineren Fraktion der Krimtataren aus, und das trotz deren Verwicklung in Gewaltaktionen. Ihr Vorsitzender, Refat Tschubarow, besuchte kürzlich wieder das Auswärtigen Amt „zu politischen Gesprächen“. Tschubarow hatte im September 2015 angekündigt, den Handels der Ukraine mit der Krim blockieren zu wollen und im Oktober triumphierend die schädlichen Auswirkungen der Blockade für die Bevölkerung der Krim, die Verknappung und entsprechende Preiserhöhungen bei Grundnahrungsmitteln gepriesen (etwa als Strafe dafür, dass sie mehrheitlich für den Anschluss an Russland gestimmt hatten). Auch die terroristische Sprengung von Strommasten durch Aktivisten der Medschlis, die die Krim vorübergehend von der Stromversorgung abgeschnitten hat, hält das deutsche Außenministerium nicht auf Distanz zu ihnen.
Die Beziehungen zu Tschubarow und zu seinem Vorgänger, Mustafa Dschemiljew, waren seit 2010 wieder intensiviert wurden, um nach dem Regierungswechsel in Kiew antirussische Kreise in der Ukraine zu stärken. Die Kooperation mit Medschlis-Milieu erfolgt in Abstimmung mit den USA, der Türkei Erdoğans und anderen NATO-Staaten. Unterstützt die deutsche Regierung etwa die Vorbereitung von gewalttätigen Protesten, wie sie ab Frühjahr 2013 schließlich zum Putsch in der Ukraine geführt haben. Die in Russland verbotene Medschlis vertritt eine prowestliche Strömung unter den Krimtataren gegen die eher prorussische Mehrheit der Krimtartaren, die deren Politik entschieden ablehnt. In Berlin tut man so, als vertrete Medschlis alle Krimtartaren. Repräsentaten von Medschlis kündigten nun für den Herbst die Eröffnung offizieller Vertretungsbüros in Brüssel und Washington an. Soll Tschubarow mit seiner Medschlis etwa seinen Beitrag zur „nationalen Dekomposition Russlands“, welche die NATO-Strategie offiziell fordert, leisten?
Im Blick auf Berlin fällt einem nur noch das Gedicht „Entwicklung“ von Eugen Roth ein.
Ein Mensch, der beste Mensch der Welt,
Wird eines Tages angestellt
Und muss – er tut’s zuerst nicht gern –
Laut bellen nun für seinen Herrn.
Bald wird er, wie es ihm geheißen,
Die Zähne zeigen, ja, gar beißen.
Er wird sein Amt – im Bild gesprochen –
Wild fletschend, wie der Hund den Knochen,
Den einer ihm missgönnt, verteidigen –
Ein schiefer Blick kann ihn beleidigen.
Dann wird er milder: Zahn um Zahn
Wird stumpf und fängt zu wackeln an –
Bis schließlich er, als Pensionist,
Fast wieder Mensch geworden ist.
Von letzterem kann allerdings im senil gewordenen Deutschland noch keine Rede sein.
4 Reaktionen zu “„Wer jetzig Zeiten leben will, muss haben …“”
Die Großen hören auf zu herrschen, wenn die Kleinen aufhören zu
kriechen. (Friedrich Schiller)
Da ja der Staat BRD (?) seit 1949 an der US Leine hängt und kriecht
kann weiter dort geherrscht = ausgebeutet werden!
Friede der BRD Asche nach dem nächsten Krieg!
Jeder Steuerzahler ist ein krimineller Unterstützer des internationalen Staatsterrorismus und letztlich ursächlich auch für einen Krieg mit atomaren Waffen verantwortlich.
Leider wird diese Tatsache so deutlich fast nie kommuniziert. Thematisiert werden stets nur unbedeutende Nebenschaupläze und Personalien, denn sich führen zu lassen ist ja soooo normal. *seufz*
„Die Großen hören auf zu herrschen, wenn die Kleinen aufhören zu kriechen.“
Vielen Dank für einen weiteren guten Bericht.
Ich wünschte es wären mehr Menschen bereit ihre Beziehungen zu hinterfragen und endlich das Dogma des Mainstream abzuschütteln.
Für so vieles ist es bereits zu spät, doch habe ich immer noch die Hoffnung, dass dieser wunderbare Planet die aktuelle Phase der Ignoranz überlebt.
Eine Veränderung wird kommen, so oder so…!
Da liegt der Hase im Pfeffer: „Eine ähnliche Vertuschung erlebten wir bei anderen Schlüsselereignissen unserer Zeit, z.B. bei der Kennedy Ermordung, dem Anschlag von 9/11, „Charlie Hebdo“ und anderen.“
Da der gewöhnliche Bürger über die vergangenen (Schlüssel)Ereignisse, ja, die ganze (Schlüssel)Historie per se, fehlinformiert wurde und wird, kann er auch die Zusammenhänge nicht erkennen und tanzt fröhlich in den Untergang.