Mit dem Kopf voraus
24. September 2016 von admin
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel reiste am 21.9 nach Russland. Die naiven deutschen Unternehmer, jedenfalls ihr Verband, hoffen auf eine Aufhebung der Russland-Sanktionen, als hätte Russland sie verhängt. Diese hatten die deutschen Exporte nach Russland auf die Hälfte einbrechen lassen. Warum sollten sie aufgehoben werden? Etwa weil US-Experten und -Spitzenmanagern fordern, die Wirtschaftsbeziehungen zu Russland wieder zu normalisieren, um der US-Erdölindustrie strategisch wichtige Förderprojekte in der russischen Arktis zu sichern? Die Sanktionen betreffen nicht die US-Industrie, sondern die der EU, nur die europäische insbesondere die deutsche. Dazu wurden sie ausgedacht und verhängt. Glaubt man wirklich die eigenartigen Vorgänge in der Ukraine oder die falsch gelaufene Wahl auf der Krim seien der Grund und nicht nur Vorwand gewesen? Wie naiv kann einen die Angst vor dem Großen Bruder machen?
Haben die Damen und Herrn der Industrie und ihre gut bezahlten Experten diverse Reden von Mr. George Friedman von STRATFOR nicht gehört, die dieser z.B. am 16.3. 2015 vor dem Chicago Council on Global Affairs gehalten hatte, oder haben sie das Gehörte schnell „verdrängt“? Der geopolitische Vordenker der USA hatte offen ausgesprochen, worum es bei den Sanktionen eigentlich ging und geht: „Wenn deutsches Kapital und deutsche Technologie mit russischer Arbeitskraft und russischen Ressourcen kooperieren würden, wäre das eine existentielle Bedrohung für die USA“. Er wurde damals noch deutlicher. „Die Deutschen haben ein sehr komplexes Verhältnis zu den Russen“ und das genau sei die „Deutsche Frage“. Diese bestehe seit 1871 und sei bis heute das „größte Problem der USA“. Und an anderer Stelle „Das ursprüngliche Interesse der Vereinigten Staaten, aufgrund dessen wir Kriege geführt haben – den 1. Weltkrieg, den 2. und den Kalten Krieg – bezog sich auf das Verhältnis zwischen Deutschland und Russland, da die beiden vereint die einzige Kraft waren, die uns bedrohen konnte, und um sicherzustellen, dass dies niemals geschehen würde.“ Darum geht es noch immer, vor allem darum „sicherzustellen, dass dies nicht geschieht“ – so einfach ist das. Dazu bedarf es keiner Verschwörungstheorie, sondern diese nur zur Verhinderung der Einsicht der Betroffenen.
Wenn sich, zwischen den beiden wieder einen Krieg zu inszenieren wegen der dabei auftretenden Folgeerscheinungen unerwünscht oder unter heutigen Verhältnissen insgesamt als unmöglich erweisen würde, was ließe sich im gleichen Sinne nach Ende des Kalten Kriegs sonst noch unternehmen? Man könnte, man hat einen neuen Kalten Krieg entfacht und alles mit politischem Rang und Namen hat ihn in Deutschland abgenickt – oder etwa nicht? Doch der neue Kalte Krieg beruht auf windigen Argumenten und in erster Linie auf Propaganda. Das kann auf Dauer nicht überzeugen. Was ließe sich nachhaltiger sonst noch unternehmen?
Richtig! Man könnte die eine Seite des Problems beseitigen: „Deutsches Kapital und deutsche Technologie.“ Wie das geschehen könnte? Haben Sie nichts über die jüngsten Skandale der „Deutschen Bank“ oder des „VW-Konzerns“ gehört und die infolge dessen verhängten „Strafen“. Sie halten „die paar Milliarden“ für nicht entscheidend. Mag sein. Ähnlich gelaufene Skandale vor langer Zeit bei der Hela-Bank oder später die teuren Spielchen des Ron Sommer mit der Telekom hatten nicht den durchschlagenden Effekt. (Bei Ron Sommers Einstieg 1995 bei der Telekom verfügte der Bundeskonzerns über ein Finanzpolster von rund 500 Mrd. DM. Nach seinem Ausscheiden 2002 lag eine ausgewiesene Schuld von 70 Mrd. € vor. Wohin das Geld geflossen ist, hat man uns nicht verraten. Es sei einfach „an der Börse vernichtet“ worden. Sommer bekam für seine Leistung eine Abfindung von 11,6 Mio €). Da gab es dann noch die Bundesdruckerei und manch andere Aktion dieser Art. Selbst die Deutsche Wiedervereinigung macht unter dem Aspekt, Kapital aus dem geopolitischen Verkehr ziehen, Sinn.
Vielleicht sollte man dabei auch an die Kosten und gesellschaftspolitischen Auswirkungen der sogenannten Flüchtlingswelle mit den eingebauten IS-Schläfern denken, vor allem, wenn man berücksichtigt, wer den IS überhaupt ins Leben gerufen, stark gemacht und für seine Zwecke eingesetzt hat und noch einsetzt (trotz angeblicher Bekämpfung; aber auch das einzusehen verbietet die Angst vor dem Großen Bruder). Und dann ist da noch der Atomausstieg und die sogenannte Energiewende, von der nicht nur der ehemalige Verbandsvorsitzende der Stahlindustrie Prof D. Ameling auf der 9. IKEK am 12.12.2015 in Essen bezeugt, dass sie zur „De-Industrialisierung Deutschlands“ führen werde, oder – mit den Worten ihrer deutschen Propagandisten – zur „Transformation der Industriegesellschaft“. Inzwischen bekennt sich selbst der BDI (Bund Deutscher Industrie!) zu dieser Wende und kündigt seine Mitarbeit an. Wahrscheinlich wollen die „Biedermänner“ – wie immer – den „Brandstiftern“ noch die Zündhölzer reichen, um wenigstens „das Schlimmste abzuwenden.“
Was hindert Biedermann daran 1 und 1… und 1 zusammenzuzählen? Wahrscheinlich die Vernebelung durch die Leitmedien. Über sie hatte sich schon Upton Sinclaire in seinem Buch The Brass Check (1920), (dt. Der Sündenlohn 1921) ausgelassen. Aber da Sinclair (horribile dictu) „Sozialist“ war, durfte man sein Buch natürlich nicht lesen und schon gar nicht ernst nehmen. Heute sind zum gleichen Zweck diejenigen, die von „Lügenpresse“ reden, selbstredend Rechtsextremisten.
Ein Beispiel: Nach offiziellen Angaben der Polizei demonstrierten mindestens 230.000 Personen am 17.9. in Deutschland gegen die diversen Freihandelsabkommen (TTIP, CETA, TISA). Die Veranstalter schätzten die Zahl auf etwa 320.000. Doch „der Spiegel“ schrieb „Hunderttausende wurden zu den Demonstrationen gegen TTIP und Ceta erwartet. Am Ende kamen teils deutlich weniger.“ Auch „Die Zeit“ titelte: “ Der Protest ist bunt und laut – doch die Beteiligung an den Demonstrationen gegen die Handelsabkommen TTIP und Ceta bleibt hinter den Erwartungen zurück.“ Womit begründen sie diese Behauptung? Die Anzahl der Demonstranten übertrafen die aller bisherigen Demonstrationen und lagen recht genau bei der von den Veranstaltern erwarteten Zahl der Teilnehmer. Natürlich muss der gegenwärtigen Polit-Mode entsprechend der Protest auch „braun“ eingefärbt werden: „In der Allianz der TTIP-Gegner schreiten Gewerkschaften und Umweltverbände Seite an Seite mit Nationalisten vom rechten Rand. Ein paar ganz Braune sind auch dabei“ propagiert Der Spiegel. Also! Nur nicht mitmachen!
Übergehen wir treudeutsch den israelischen Angriff während des Waffenstillstands auf Damaskus und die Golan Höhen. Tel Aviv hat dafür mit dem Abschuss eines Flugzeugs und der Beschädigung eines zweites bezahlt. Das mag auch für die westlichen Staats- und Regierungschefs gelten, die den vereinbarten Waffenstillstand, ohne den Inhalt zu kennen, beklatscht und vom Angriff weggesehen haben. Sie sollten das Abkommen nicht kennen, weil es der Große Bruder aus Gründen, die nur er kennt, nicht veröffentlicht haben wollte. Dann kam der Bruch dieser Vereinbarungen durch eben den Großen Bruder mit einem „versehentlichen“ Angriff auf syrische Regierungstruppen, die einer IS-Offensive gegen die angegriffene syrische Stellung Deir Ez–Zor vorausging. Das heißt: Der Angriff war geplant, weil man Offensiven, auch nicht die des hochgerüsteten IS, nicht ad hoc macht. Die Stellung der syrischen Regierung blockierte den Versorgungsweg des IS. Wie peinlich für die Westpresse – nur nicht nachbohren. „Es war nur ein Versehen.“ Wer wollte sich darüber aufregen. Steinmeier tat es vor der UNO nicht. Der drosch auf die syrische Regierung ein, die nach dem Angriff den verlogenen Waffenstillstand förmlich aufgekündigt hatte. Doch dann kam der Angriff auf einen Versorgungskonvoi der UNO als Ablenkung gerade recht. Fahrzeuge des Konvois wurden „in Brand geschossen“ (der Unterschied interessierte weder Steinmeier noch unsere Presse), wohl aber der Sturm der Entrüstung gegen die angebliche russische oder syrische Bomber. Sie bekommen ihre Einschätzung von der so genannten „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ einer in London ansässigen Person, die für die Aufständischen (und ihre westlichen Führungsoffiziere) Propaganda in die Welt setzt.
Der Brand im Konvoi kam sehr gelegen, er lenkte von dem US-Angriff ab. Aber war es nur das? Aus US-amerikanischer Sicht war der Waffenstillstand ein Mittel, Zeit zu gewinnen, um die Dschihadisten, die von der Versorgungsstraße durch die syrische Stellung abgeschnitten waren, mit Waffen zu versorgen, damit sie den Krieg gestärkt fortzusetzen können. Übrigens gelangten auch Waffen der Bundesrepublik, die angeblich an die Kurden gingen, in die Hände des IS – doch Schwamm drüber. Als Russland eine Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrats einberufen hatte, war Washington besorgt. Man brauchte dringend propagandistische Entlastung durch die allzeit „bösen“ Russen. Die US-Botschafterin am UN-Sicherheitsrat, Samantha Power, hatte das Vorgehen vorbereitet. Sie verließ die UN-Sitzung, in der der Vorwurf der Russen vorgetragen wurde, um sich an die Journalisten zu wenden. Dort machte sie die russische „Inszenierung“ wegen eines Fehlschusses (mit 62 Tote und 100 Verletzte!) verächtlich und verwies auf die weitaus schwerwiegenderen Verbrechen des Regimes von Damaskus (Wie der folgsame Steinmeier).
Und da waren sie schon. Der UN-Konvoi wurde beschossen und das waren selbstverständlich russische oder syrische Bomber. Nur denen ist so etwas zuzutrauen – oder? Der humanitäre UN-Konvoi war möglicherweise voll von Waffen und Munition – sagen Leute wie der ehemalige Leiter der türkischen Anti-Terrorismus Abteilung, Ahmet Sait Yayla. Denn Pentagon und Türkei würden – wie er sagte – humanitäre Konvois verwenden, um die Dschihadisten zu bewaffnen. Yayla ist jetzt auf der Flucht aus der Türkei – vielleicht besucht er Edward Snowden. Der besagte Konvoi wartete lange an der türkischen Grenze, offiziell, weil die Straße nicht sicher gewesen sei, tatsächlich, weil Syrien darauf bestand, ihn vor der Weiterfahrt durch das eigene Staatsgebiet zu kontrollieren. Was dann folgte, lässt sich aufgrund widersprüchlicher Angaben beider Seiten noch nicht klären. Russlands Verteidigungsministerium veröffentlichte inzwischen ein Video des Angriffs auf den UN-Konvoi (YouTube/ Минобороны России Russlands Verteidigungsamt zeigt angegriffenen UN-Konvoi auf VIDE) Danach sei von russischen Erkennungsradaren am Abend des 19. September eine Angriffsdrohne vom Typ Predator in 3.600 Meter Höhe mit 200 km/h in der Nähe des UN-Hilfskonvois erfasst worden. Sie sei vom türkischen Nato-Stützpunkt Incirlik gestartet und im Raum der Ortschaft Urum-al-Kubra aufgetaucht, als dort der Hilfskonvoi der Uno unterwegs gewesen sei. Wenige Minuten nach dem Auftauchen der Drohne fing der Konvoi Feuer. Die Drohne sei danach noch rund 30 Minuten über der Gegend gekreist, so der Sprecher des Amtes.
Stimmen im Westen wie im Osten führen sowohl den Angriff auf Deir Ez–Zor wie auf den Konvoi auf einen Machtkampf zwischen US-Außenminister und Präsident, die ein Ende der Kämpfe und Abstimmung mit den Russen wünschen, und Verteidigungsminister Ashton Carter, der angeblich den offenen Krieg mit Russland und Syrien sucht, zurück. Demnach hätten die Falken die Maßnahmen der Tauben sabotiert und damit gegen den Präsident gemeutert. Von Konsequenzen der Meuterei war allerdings nichts zu merken. Bei einer effektiven Gehirnwäsche, die den mentalen Widerstand von Delinquenten (und Publikum) brechen sollen, setzt man sogenannte hard und soft cops ein. Ist das auch hier der Fall?
Zum zündeln bleibt schließlich noch der Iran. Die iranische Kurden-Partei PDKI hat erneut den bewaffneten Widerstand gegen den Iran aufgenommen und von den Medien unbemerkt ab Februar den Iran in 16 militärischen Aktionen den Iran angegriffen. Nach Informationen des Online- Nachrichtendienstes „Asia Times“ wird die PJAK (Partei für freies Leben in Kurdistan) seit Jahren von den US-Special Forces im Irak in Guerillatechniken ausgebildet.
Ich glaube, die westliche Elite verspielt den letzten Rest an Respekt und Glaubwürdigkeit bei unabhängig denkenden Menschen. Nur fanatisierte Westler und dafür Bezahlte werden noch zu ihnen stehen, bis auch die… Aber lassen wir das Träumen.
6 Reaktionen zu “Mit dem Kopf voraus”
Wen es interessiert, Niki Vogt von „Quer-Denken“ bringt weitere Details zum Angriff auf den UN-Konvoi.
http://quer-denken.tv/frontmeldungen-aus-dem-propagandakrieg-mh17-versehentliche-bombardierungen-und-ausgebrannter-hilfskonvoi/
Wie so oft, sind die innerkapitalistischen Konflikte zutreffend beschrieben. Natürlich will die USA keine andere Macht neben sich hochkommen lassen. Nur ist es natürlich mehr als fraglich, ob ein deutsch-russischer Block nun im Gegenzug segensreiche Wirkungen für die breite Masse der Bevölkerung hätte. Hier gibt es ja dasselbe Streben nach dem „koste es, was es wolle“-Profit, dass auch dem amerikanischen Kapitalismus eigen ist. Und man ist deshalb mehr oder minder USA-kritisch, weil man ökonomisch und militärisch nicht in der Lage ist, es ihr gleich zu tun – es aber gerne würde. Die kapitalistischen Mittelmächte wie etwa Deutschland würden auch gerne zu Großmächten werden (daher gibt es auch immer wieder Fürsprecher für ein deutsch-russisches Bündnis innerhalb der deutschen Wirtschaftselite). Sich zum Sprachrohr dieser Interessen zu machen, halte ich deshalb für irreführend. Der Inhalt eines deutsch-russischen Blocks wäre nicht „Entwicklung“, sondern auch nur Profitmaximierung um jeden Preis (siehe der Umgang der deutschen Regierung mit Griechenland!).
Wenn Länder also ins Visier der kapitalistischen Vormacht USA geraten, macht sie das nicht automatisch zu Hoffnungsträgern. Es handelt sich vielmehr um Kämpfe um die Aufrechterhaltung der Hackordnung im Wolfsrudel. Im.Weltkrieg sollte einfach verhindert werden, dass Deutschland sich zur europäischen Großmacht aufschwingt, indem es den Kontinent „organisiert“. Heute haben wir eine ähnliche Lage. Nur braucht Merkel keine preußische Armee oder Blitzkrieg-Panzerverbände dazu – sie hat ja den Euro 😉
… Ihre Sorge um den Ruf der westlichen Elite „bei unabhängig denkenden Menschen“ teile ich nicht. Wer nachdenkt, bei dem hatte diese Elite noch nie einen guten Ruf … die Elite „zur Vernunft zu bringen“ ist ein völlig verfehltes Unterfangen.
Zu Upton Sinclair Wahlkampf 1934 und der wirklichen soziale Lage unter der Roosevelt-Regierung gibt es übrigens hier interessante Informationen und Hintergründe: http://www.wsws.org/de/articles/2003/12/sinc-d27.html
Redeausschnitte von diesem Friedmann unter https://www.youtube.com/watch?v=vln_ApfoFgw , ab etwa 9:00 geht es um Deutschland und dann fällt der von Ihnen zitierte Satz … der plaudert also auch die kapitalistischen Familiengeheimnisse aus. Dass die USA davor Angst haben, heißt aber nicht, dass es deswegen ein wünschenswertes Projekt wäre – jedenfalls nicht unter den üblichen profitmaxierenden Prämissen (vielleicht mit etwas mehr „realwirtschaftlichem“ Anteile), wie sie auch die deutsche und die russische Elite vertreten.
Wie so oft zeigt sich der abstrakte Kampf gegen „das Profit-Interesse“ als Ablenkung und
impotentisierende Radikalität.
Klar kann man auch nach den vermeintlichen Chancen suchen, die die Krise eröffnet und sehen, ob man den einen oder anderen, der was zu sagen hat, in die richtige Richtung stupsen kann. Doch dieses „Druck ausüben“ durch Enthüllung, Bloßstellung, Demos, Intervention bei Veranstaltungen etc. hat die Tendenzen Richtung Sozialabbau, zunehmender Kriegsgefahr, Entlassungen, Billiglöhne, Finanzcasino u.a. nicht aufhalten können.
Der vermeintliche „Druck“ auf die Elite wird ständig und seit vielen Jahren von kleinbürgerlich-linken und -progressiven Gruppen ausgeübt (Gewerkschaftsjugend, ATTAC, Falken, LR-Bewegung, wikileaks u.v.a.). Sieht man all die Zeit und die Mühen, die Hoffnungen und den Eifer, die da investiert werden und vergleicht es mit dem Nicht-Ergebnis, dann lasse ich mir den Aufkleber „Ablenkung“ und „impotentisierende Radikalität“ gerne verpassen … das gleicht doch der Gewerkschaftsdemo mit Trillerpfeiffen, wo die eigentlich kampfbereite Basis zu „dem Ärger Luft machen“ eingeladen wird … ähnlich die kleinbürgerliche „Empörung“ über das Treiben der Mächtigen, die sich in inzwischen hunderten von Webseiten (Kopp, neopresse, wirtschaftsnachrichten etc. pp) ventiliert (und dabei durchaus richtige Informationen unters lesende Publikum bringt – nur leider vermengt mit allerlei Unsinn und Pseudo-Hoffnungen) …
… das Informieren über das Treiben der großbürgerlichen Profitinteressierten finde ich auch von Ihrer Seite verdienstvoll, Aufklärung ist der erste Schritt; aber in den innen- wie außenpolitischen Konflikten der Eliten untereinander nach Ansatzpunkten zu suchen, wie man das vielleicht ausnützen könnte – das hat für mich weit mehr mit Ablenkung zu tun als mein Verweis darauf, dass wertvolle Potenz vergeudet wird, wenn man innerhalb des Systems, gar noch in Kooperation mit subalternen Teilen der Elite (den Füchsen, wie Sie sie mal nannten), nach Lösungen sucht …
… die einzige Bewegung, die es geschafft hat, den Kapitalismus etwas zu bändigen, war nun mal eine militante, radikale Arbeiterbewegung mit Massenbasis. Und militant war sie nicht, weil die Reform ihr eigentliches Ziel war, sondern Revolution … die Reformen waren ein Abfallprodukt großbürgerlicher Angst vor dieser offensichtlich potenten Bewegung … wenn man hier und jetzt, vor „Überwindung“ des Kapitalismus etwas tun will, ist das weit vielversprechender …
WO ist den diese alte Arbeiterbewegung unter Führung linker Intellektueller hingekommen. Hier wird der Glaube an eine unhistorische Wende verbreitet,
die wie ein Kanickel aus dem Hut gezaubert werden soll – mit viel Leid für die leichtfertig geopferten Akteure an der Front.
Geschichte ist Bewegung (kein Umschlag, ein solcher erfolgt erst aufgrund akumulierter Entwicklungseffekte), sie wird
durch Ereignisse in unterschiedliche Richtungen gedrängt. Für die Ereignisse sorgen Mächte/Menschen. Es gilt
zu unterscheiden, was in welche Richtung drängt. Interessant ist, dass das Herunterbeten der Revolution (mit Ergebnissen wie in Libyen, Syrien etc)
letztlich immer das Establishment schützt und stützt, weil es jede Richtungsänderung als unzureichend diffamiert. Sowohl die englische wie die Französische Revolution
war ein Komplott des Adels mit der Hochfinanz und hat das Bürgertum so verarscht, wie die russ. Intellektuellen die Arbeiter. Natürlich kann man lächerliche
Trillerpreifendemos und Unterschriftenaktionen kritisieren, wenn sie nicht mit einer nachhaltigen Erziehung/Aufklärung/Verhaltensänderung einhergehen.
Bürgerkrieg und Bürgerkriegspropaganda bietet jedenfalls keine Perspektive, sondern genau das, was dem Stop der Entwicklung der Produktivkäfte bezw. ihrer
Rückentwicklung entspricht, ist der rev. Traum vom Anfang des 20. Jahrhunderts. und heute also objektiv reaktionär. Ein „rechter“ Snowdon hat mehr bewirkt als
zur Zeit alle radikal „linken“ Intellellen zusammen.
Die Produktivkräfte sind im Westen und in vielen anderen Weltgegenden seit Jahren soweit, dass sie Einführung einer Produktion zulassen, die nicht mehr auf Geldverdienen ausgerichtet ist. Ein paar Stunden in der Produktion täglich – und die Güterversorgung für alle wäre auf höchstem Niveau sichergestellt. Die Fehlallokation von Ressourcen im Kapitalismus ist bekannt (https://www.heise.de/tp/artikel/42/42399/1.html). Die „akkumulierter Entwicklungseffekte“ sind also längst da.
Solange aber für Profitmöglichkeiten produziert wird (und nur für den Gewinn wird produziert – nicht für die Güterversorgung!), geht die Politik der „Löwen“ immer darauf, alle Hindernisse für weitere Profitmöglichkeiten aus dem Weg zu räumen (und sie bedienen sich dabei der „Füchse“, ihres austauschbaren politischen Personals) – das ergibt dann etwa Syrien und Libyen, Irak und vielleicht doch noch Iran … und dauerhaft natürlich die Zerschlagung Rußlands und Chinas …
… die marxistische Linke teilt die „linke“ oder progressive Auffassung, dass die Vorgänge in Libyen und Syrien auch nur irgendwas mit „Revolution“ zu tun hätten, überhaupt nicht – ähnlich bei den Farben“revolutionen“ in Europa … siehe etwa hier http://www.wsws.org/de/articles/2016/09/24/syri-s24.html oder hier http://www.gegenstandpunkt.com/gs/12/3/gs20123149h1.html
… dass eine Revolution die Form eines Komplotts annimmt, sagt noch gar nichts über den INHALT der Revolution … die bürgerliche Revolution in Nordamerika war auch als Verschwörung organisiert, hatte aber einen progressiven Inhalt (im Unterschied zu den Farben“revolutionen“, die nur einen Regierungswechsel herbeiführen wollen – zwecks NATO-Ausdehnung) …
… die Französische Revolution als „Verschwörung“ abzutun, kenne ich natürlich noch aus LR-Zeiten – aber das macht es nicht richtiger: die Adelsgesellschaft wird beseitigt, die großen Güter an die Bauern verteilt (das Bürgertum schafft sich eine Massenbasis), die industrielle Produktion streift alle Fesseln ab … zur Oktoberrevolution hatte ich mich zwar schon gegen-verschwörerisch geäußert, wiederhole es aber gerne wieder: entscheidend ist der sozialpolitische Inhalt der Revolution (und wie soll man auch anders Revolution machen denn als (teilweise) Verschwörung?) … die Entwicklung der sowjetischen Produktivkräfte nach 1917 steht außer Frage (oder?) … Verschwörer verrechnen sich auch, wie etwa die Kaiserliche Regierung mit Lenins Waggon; oder die englische Oberschicht mit der Überradikalisierung Französischen Revolution …
… Snowden hat zweifelsohne seine Verdienste und gehört „verteidigt“ – aber seine Enthüllungen lassen sich nicht gegen das ausspielen, was Sie „linke“ Intellektuelle nennen – und das „linke“ völlig zu Recht in Anführungszeichen setzen: eine anti-industrielle, letztlich pro-Profit-Wirtschaft-Linke hat so gar nichts mit Marx und Marxismus zu tun … allmählich merkt man ja (Streiks in Frankreich!), wofür der Überwachungs- und Polizeistaat ausgebaut wird: es war nie der Terrorismus, sondern die Vorsorge gegen die Rückkehr des Klassenkampfes (igitt!) … denn wohl nur der deutsche Lohnempfänger lässt sich das ständige Kürzen seines Lebensunterhaltes so widerstandslos gefallen
… zu den Opfern im Kampf: natürlich gab es diese üble „Großzügigkeit“ mit der Ressource „Proletarier“ und marxistischen Kadern – aber das liegt eben AUCH daran, dass das Profitsystem letztlich auf Gewalt beruht (wie schon der Feudalismus). Die Nutznießer der alten Ordnung lassen sich doch ihr Eigentum, ihre Geldmacht nicht einfach kampflos wegnehmen (siehe USA nach 1776, Frankreich nach 1789, Rußland nach 1918): Krieg und Bürgerkrieg sind da fast unvermeidbar (wie gerne wir das auch anders hätten) …
Sie übertragen aus meiner Sicht Ihre völlig stimmigen und berechtigten Vorbehalte gegen (Öko-, progressive, kapitalismusverliebte, Frankfurter Schule- etc) „Linke“ auch auf marxistische Linke – ich halte das für ein Fehlurteil: schon zu erkennen an der scharfen Kritik marxistischer Linker an diesen „Linken“. Selbst wenn Sie die Urteile „echter“ Marxisten über das Profitsystem nicht teilen, so wäre es doch intellektuell redlicher, die Unterschiede (Produktivkräfte entfesseln!) deutlich zu benennen.