Sicher, sicherer, am sichersten
23. Dezember 2016 von admin
Am 5.9.06 sagte Hillary Clinton in einem sehr freundlichen Interview mit Eli Chomsky, der von 2005 bis 2014 für The Jewish Press arbeitete: „Ich denke nicht, dass wir (die USA) auf die Durchführung der Wahlen in Palästina hätten drängen sollen. Ich denke, das war ein großer Fehler. Und wenn wir schon darauf gedrängt haben, hätten wir sicher sein müssen, dass wir entscheiden, wer gewinnt.“ Es handelte sich um die Wahl vom 25.1.2006 zum 2. Palästinenser Parlament (neben der Palestinian National Authority), die der Hamas 74 Sitze und der von den USA inzwischen unterstützten Fatah 45 Sitze brachte. Zu einem Regime Change wegen der falsch gelaufenen Wahl kam es in diesem Fall nicht, weil im Palästinenser Gebiet ohne Bodenschätze nichts zu holen war. „Mein Chef hielt es (das einstündige wohlwollende Interview das noch andere Klopse enthielt) damals nicht für newsworthy,“ sagte Eli Chomsky am 28.10.2016 der britischen Zeitung The Observer, „denn jeder konnte damit die Idee – von einer nationalen Führungspersönlichkeit selbst angeboten – untermauern, dass die USA sich damit beschäftige, Wahlen im Auswahl festzulegen“ (that the U.S. should be in the business of fixing foreign elections). „Ich war überzeugt, dass es dies (einen Nachrichtenwert) hatte und bewahrte das Tonband all die Jahre auf.“ (http://observer.com/2016/10/2006-audio-emerges-of-hillary-clinton-proposing-rigging-palestine-election/
Das ist lange her. Uns plagen heute andere Sorgen. Zum Beispiel: Ist es nicht seltsam, dass Islamisten-Terroristen bei ihren Aktionen grundsätzlich Ausweispapiere verlieren? Natürlich hat die Polizei den Terror-LKW in Berlin am Montag spätestens Dienstag gründlich auf Spuren untersucht. Am Mittwoch teilte uns dann Spiegel Online den Namen des Terroristen mit, Anis Amri, ein mehrfach bestrafter Schwerverbrecher, der immer wieder frei kam, obwohl „Verdacht auf Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Straftat“ bestanden hat. Ja abschieben wollte man ihn, aber Tunesien, wo er noch 5 Jahre abzusitzen hatte, wollte ihn nicht – Schade. Der Mann hatte seinen Geldbeutel mit Ausweispapieren im LKW vergessen. Vielleicht hatte die Polizei die Papiere schon vorher gefunden, aber wegen der Fahndung nichts gesagt, oder jemand stieß später zufällig darauf oder hat sie ins Führerhaus gelegt – wer weiß. Aber warum musste die Polizei dann am Mittwoch plaudern? Ist da etwas zum Spiegel „durchgesickert“? Ist die Polizei etwa „nicht mehr ganz dicht“? Oder fiel ihren Führungsoffizieren nichts Besseres mehr ein? Jedenfalls braucht die Polizei Erfolge. Im Fall Amri würde es keinen Falschen treffen, ob den tatsächlichen LKW-Mörder wäre – gerade wegen der intensiven „Bestätigungen“ – wohl eher aber fraglich. Jetzt meldet http://www.focus.de/politik/deutschland/anschlag-in-berlin-im-live-ticker-anis-amri-soll-in-mailand-erschossen-worden-sein_id_6397332.html. Den Fall „erledigten“ – wenn es stimmt – italienische Kollegen.
Gibt es einen Terroristen-Code, den Ausweis quasi als Bekennerbrief zu hinterlegen? Gleich zu Beginn des Krieges gegen den Terror, am 11.9.2001, flogen aus dem brennenden und dann pulverisierten World Trade Center die fast unbeschädigten Ausweispapiere eines der Verdächtigen den Ermittlern nahezu vor die Füße. Das Feuer – das einzigartig in der Geschichte von Hochhausbränden – die Stahlkonstruktion der Twin Towers zum Schmelzen gebracht haben soll, konnte dem Papier nichts anhaben. Natürlich kann, wer es nicht glauben will, nur ein Verschwörungstheoretiker sein. Sollten damals die Ermittlungen in eine bestimmte Richtung gelenkt werden oder einen öffentlichkeitswirksamen Effekt erzielen?
Im Januar 2015 sah die Welt kurz im TV ein Video über den Angriff auf die Redaktion der Pariser Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo. Zwei gut durchtrainierte Killer streckten mit automatischen Waffen und der Präzision eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) ihre Opfer nieder und flüchten schnell und gekonnt. Wer hatte eigentlich das Video gedreht oder gab es Überwachungskameras? Doch die Profis vergessen ihre Ausweispapiere im verlassenen Fluchtfahrzeug. Die Papiere deuten auf zwei Brüder, Saïd und Chérif Kouachi, Söhne algerischer Einwanderer, hin. Ähnlich wie in Berlin setzt eine konzertierte Verfolgungsjagd ein. Die beiden werden gestellt und von der französischen SEK erschossen. Sie konnten nichts mehr aussagen, der Fall war erledigt. Für Verschwörungstheoretiker sahen die Täter auf dem Video SEK-Leuten ähnlicher aus als den beiden Brüdern. Natürlich fehlen Beweise.
Am 13. 11. 2015 während eines Fußball-Länderspiels zwischen Deutschland und Frankreich explodierten in Paris sechs Bomben und schossen an fünf Stellen Schießwütige auf Zivilisten. 130 Menschen sterben, mehrere Hundert werden verletzt. Und siehe da, zwischen Leichen finden die Behörden einen syrischen Pass, den die Behörde und die Medien sofort einem der Attentäter zuordnen. Von einer medienwirksamen Jagd auf diesen Mann ist nichts erinnerlich. Stattdessen bombardierte Frankreich völkerrechtswidrig in Syrien angebliche IS-Stellungen – es könnten, wie später seitens der Koalition der Willigen noch öfters, auch syrische Regierungsstellungen gewesen sein. Wer weiß das schon, außer den NATO-Offizieren, die syrische Regierungssoldaten in einem Führungsbunker der (wohl gemäßigten) Terroristen gefangen genommen haben? Sie haben das nicht mitbekommen? Dann war die Gefangennahme wohl „fake news“ der Russen und Syrer.
Vielleicht lieferte der Vorfall vom 14. 07. 2016 in Nizza das Muster für den Anschlag in Berlin. Am französischen Nationalfeiertag fährt ein Lkw in die am Strand prominierende Menge und ermordet 86 Menschen. Wieder finden die Behörden die Ausweispapiere eines 31-jährigen Tunesiers namens Mohamed Salmene Lahouaiej Bouhlel im Tatfahrzeug. Wieder kam es zu der von den Medien ausführlich begleiteten Verfolgungsjagd und der Verdächtige wird von der Polizei erschossen. Keine weiteren Fragen, Fall erledigt.
Politiker und Terror-Experten sind sich in einem einig: Terroristen verüben „feige“ Anschläge, obwohl die Terroristen dabei immer ihr Leben riskieren. Noch nie hat man diese Leute von „feigen“ Drohnen-Morden reden hören, obwohl der Drohnen-Mörder von einem bequemen Bürostuhl aus, den Abzug betätigen, um dann vielleicht grinsend zur Tasse Kaffee zu greifen: Wieder einer oder eine Trauer- oder Hochzeitsgesellschaft mit daruntergemischten Terroristen – wann gibt’s dafür ‘ne Lohnerhöhung. Vielleicht wären die Terror-Experten mit der Betrachtung der Drohnen-Morde näher bei den Ursachen des Terrorismus, statt sich mit der bloßen Beurteilung und Behandlung der Symptome zu begnügen. Ähnliches wäre auch in der Flüchtlingsfrage zu empfehlen.
Und weil wir schon bei den Ursachen sind: In den zurückliegenden 200 Jahren kam es weltweit zu über 250 Staats-Pleiten mit den entsprechenden Folgen für die kleinen und ganz kleinen Leute. Sie fanden nicht nur auf den klassischen „Schuldenkontinenten“ statt – auch in Europa. In Deutschland büßten im vergangenen Jahrhundert die mittleren Vorsorgesparer zwei Mal einen Großteil ihres Vermögens ein (die großen hatten außer Landes vorgesorgt). Etwa die Hälfte der Staatspleiten fand in den letzten 40 Jahren statt. Tendenz steigend. Das liegt natürlich an der Explosion der Schulden. Leichtfertig erzeugtes Geld, „Ersparnisse“, die nie angespart worden waren, und manipulierte niedrige Zinsen schufen einen „Fake-Boom“ für die Leute mit der Erlaubnis zum Gelddrucken und ihre Freunde (Kreditvergabe durch Kontoeröffnung aus dem Nichts). Die Wertpapiermärkte kletterten von einer Höhe zur nächsten und stehen heute teilweise 20 fach höher als noch um 1980. Das galt als einzigartiger Wirtschaftsaufschwung. Als die Blase zu platzen drohte, schuldeten die Regierungen schnell von den Geldruckereien (den privaten Geschäfts- und Investment-Banken) auf die Steuerzahler um. Sogenannte „Reformen“ drosselten die Sozialausgaben zu Gunsten des Schuldendienstes – zum „Systemerhalt“.
Der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Christoph Butterwegge verweist wie einige andere auf die Vermögensschere in der Bundesrepublik. Hier gibt es Familien mit 20 bis 30 Milliarden Euro Privatvermögen. Man nennt sie hier nicht wie anderswo „Oligarchen“, sondern „Familienunternehmer“, die aber kein produktives Familienunternehmen führen, sondern schlicht ihr Forderungs-Vermögen verwalten lassen. Jeder Vierte in Deutschland hat laut DIW (Deutsches Institut für Wirtschaft) überhaupt kein Vermögen und weitere 7,4 Prozent der Menschen besitzen ein negatives Vermögen, sprich Schulden. Das heißt knapp ein Drittel der Deutschen sind nur eine Kündigung oder eine schwere Krankheit weit von der Armut (Sozialhilfe) entfernt. Das Bundesarbeitsministerium gibt zu, dass über 20 % der deutschen Beschäftigten für Niedriglöhne arbeiten. Tendenz steigend.
Auf 152 Billionen Dollar schätzt eine neue Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) weltweit alle Ende 2015 noch ausstehenden Schulden der privaten Haushalte, Unternehmen (ohne Banken und Versicherungen) und Staaten. Das wären rund 20.000 Dollar pro Erdenbewohner, ein historischer Rekord. Selbst nach den beiden Weltkriegen lastete kein so hoher Schuldenberg auf der Weltwirtschaft. Alle Welt arbeitet heute vorwiegend für den Schuldendienst und zwar ohne die Aussicht, je davon frei zu werden – sehr motivierend. So will es logisch und nicht ideologisch betrachtet die Eigengesetzlichkeit des Systems.
Und wie sieht es in dem für das „System“ maßgebenden Land aus? Seit 2010 haben sich U.S. Unternehmen mit fast 10 Billionen Dollar am Bond-Markt verschuldet. Das sind noch 50 Prozent mehr Schulden, als sie in den sieben Jahren vor der Finanzkrise 2008/2009 aufgenommen hatten. Daher stellte Moodys fest, das Verhältnis von Verschuldung zu Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen sei in den Bilanzen der US-Unternehmen wesentlich schwächer als noch vor der letzten Finanzkrise. In den letzten Jahren hätten U.S. Unternehmen rund 2,4 Billionen Dollar an neuen Schulden aufgenommen, um ihre eigenen Aktien zurückzukaufen. Damit hätten sie den Wert ihrer Aktienpakete gesteigert aber nicht die Produktivkraft, Wirtschaftlichkeit und den tatsächlichen Realwert ihrer Unternehmen. Das Verhältnis von Schulden zu Cash (Debt-to-Cash-Ratio) sinkt seit 2010 von Jahr zu Jahr und liegt zurzeit bei nur noch 12 %. Das bedeutet: Die 2.000 im Index-Ratio enthaltenden U.S. Unternehmen haben nur 0,12 Dollar Cash für jeden Dollar Schulden. Nur wenige dieser Unternehmen könnten höhere Zinsen überstehen.
Die letzten acht Jahre mit den niedrigsten Zinsen seit 6000 Jahren haben der Wirtschaft – weder der Finanz- noch der Güter-Wirtschaft etwas gebracht, wohl aber den Herren der „wundersamen Geldvermehrung“. Die Geldschwemme der Notenbanken hat auf den Anleihen-, Aktien- oder Immobilien-Märkten nur gewaltige Blasen aufgepumpt und Regierungen, Unternehmen und Verbraucher rücksichtslos in die Verschuldung getrieben oder verführt. Sie haben Investoren auf ihrer „Jagd nach Rendite“ an der Nase herumgeführt und zu verrückten Entscheidungen verleitet. Nun sind Staaten, Unternehmen und Haushalte Sklaven ihrer Verschuldung. Die Menschen werden irgendwann aufwachen und erkennen müssen, dass die angeblichen „Erholungen“ „fake news“ waren, dass man ihre Kaufkraft verwässert und ihre Produktivkraft nicht gefördert, sondern verbraucht hat.
Das wird die Leute nicht friedlicher stimmen. Man rechnet mit Aufständen und bereitet sich auf sie vor. In Frankreich wird der Ausnahmezustand von Terrorakt zu Terrorakt verlängert. Deutschland hinkt noch hinterher. Doch Mutti wird auch das richten. „Innenministerium will Abwehrzentrum gegen Falschmeldungen einrichten“, meldet der Spiegel. Jedes Terroropfer dient der Predigt: Der Bürger braucht/wünscht Sicherheit. Und Sicherheit bedeutet mehr Polizei, mehr Militär, mehr Befugnisse der Behörden, mehr Überwachung, mehr Angst – und hat natürlich seinen Preis. Und woher bekommen die Terroristen ihre Waffen – etwa nur die „gemäßigten“? Ich meine nicht die LKWs, sondern die modernsten Waffen, die sie dort, wo sie zu Hause sind, einsetzen, um Leute (subjektiv unbewusst und doch geplant) zur Flucht zu animieren. Eine Frage, die man besser nicht stellt, man könnte ja „fake news“ aufsitzen und beim Innenminister auffällig werden. Der Kampf gegen Terror entspricht politisch der wirtschaftspolitischen Geldschwemme der Zentralbanken: Ersterer förderte den Terrorismus, letztere die Verschuldung. Nein die da oben wollen eigentlich keinen Krieg, allenfalls die Kriegsangst. Sie wollen nur die Leute dazu erziehen, dass sie sich zu ihrer „eigenen Sicherheit“ trotz allem brav verhalten. Dazu bedarf es in erster Linie der Angst.
1 Reaktion zu “Sicher, sicherer, am sichersten”
Guten Tag Zusammen,
lesenswert zum Thema Berlinanschlag:
Das Versagen und seine Methode: Anschlag als Ablenkung von Aleppo
ua. bei:http://home.nuoviso.tv/magazin/das-versagen-und-ihre-methode-anschlag-als-ablenkung-von-aleppo/
Ich wünsche dem Spatzen und seinen Lersern einen guten Rutsch ins neue Jahr, und möge der Spatz noch lange zwitschern.
LG,
Hensel