Zeit für eine Entente Cordial?
19. Januar 2013 von admin
Goldman Sachs Chefvolkswirt für Deutschland, Dirk Schumacher, erklärte bei einer Strategiekonferenz dieser Führungsinstanz des Westens am 17.1, dass die Bundesrepublik vor einem rasanten Anstieg der Inflation stehe. Und Bundeswirtschaftsminister Rösler warnte im Deutschen Bundestag davor, den Euro durch Inflation zu stabilisieren: „Einen Preis sind wir nicht bereit zu zahlen – den Preis der Geldwertstabilität!“ So, so!
In der Lokalpresse z.B. dem Wiesbadener Kurier liest es sich anders, etwa „Wirtschaft trotzt der Krise“, „Robustes Wachstum“. Nur im Kleingedruckten folgt noch „Allderdings hat sich die deutsche Konjunktur in der zweiten Jahreshälfte deutlich abgekühlt“, aber auch „es wird damit gerechnet, dass das Wachstum im zweiten Halbjahr 2013 wieder anzieht.“ Gibt es dafür konkrete Hinweise? Sicherlich: Es stehen Wahlen an, dazu wird an der Wahrnehmung gearbeitet. Wer dürfte also am „Aufschwung“ noch zweifeln, und wenn er nur die Preise träfe.
„Deutsche Exporte brechen ein: Minus 3,4 Prozent“ wussten die Deutschen Wirtschaft Nachrichten (DWN) am 8.1. Und laut Handelsblatt hatte die deutsche Industrie im November „so viele Stellen gestrichen wie seit fast einem Jahr nicht mehr“. Dem folgen die Zahlen des Statistischen Bundesamts vom 16.1. Weil das so ist, muss dringend „gerettet“ werden: „Die Bundesregierung startet deshalb noch in diesem Frühjahr ein millionenschweres Subventionsprogramm für Solarspeicher. Schon zu Ostern soll ein Fördertopf für das Jahr 2013 zur Verfügung stehen, der von der Staatsbank KfW ausgereicht wird“ (FR 16.1.). „Wir wollen die Technologie-Entwicklung anstoßen und dem Kleinspeicher-Markt auf die Sprünge helfen“, gab das Umweltministerium bekannt. Nach Peter Altmaier stehen dafür bereits 50 Mio. € bereit. Damit könnten laut Industrie 20 000 bis 25 000 Batterieanlagen zu je gut 2 000 € gefördert werden. Zu Details und Nebenwirkungen finden Sie wie üblich keine Beilage.
Die Akkus sollen es Haushalten ermöglichen, sich zeitweise vom Stromnetz abzukoppeln und einen deutlich höheren Anteil des auf dem Dach erzeugten Solarstroms selbst zu verbrauchen. Damit ließen sich gut zwei Drittel des auf dem Dach erzeugten Stroms selbst verbrauchen. Zahlreiche Hersteller gehen mit Batteriesystemen hausieren, darunter auch Solarworld, die wegen der schlechten Auftragslage ein Drittel ihrer Belegschaft in Kurzarbeit schickt, und Deutschlands zweitgrößter Energieerzeuger RWE.
Eine „Studie“ des ISEA-Instituts der Uni Aachen kam – „im Auftrag des Solarverbands BSW“ – bereits Mitte 2011 zu der Erkenntnis, dass die staatliche Förderung kleiner Speicher wenig sinnvoll sei, weil sie die schwankende Erzeugung von Solar- und Windstrom nicht ausbalancieren könnten. Vielleicht helfen Schwankungen im Stromnetz und gelegentlich Blackouts beim Verkauf an Einzelhaushalte. Außerdem sollte man das rot-grüne Smart Grid mit den intelligenten Stromzählern von Siemens nicht unterschätzen. Mit seiner Hilfe ließen sich die häuslichen Akkus (wie die zum Aufladen geparkten Elektroautos) bei Flaute ferngesteuert anzapfen. Die Akkus nützen dann zwar nicht dem Käufer, könnten aber „bei einer Steuerung der Hausbatterien an die Nachfrage angepasst zur Stabilisierung des Systems beitragen.“ Na also, geht doch: Kunde zahlt, System nutzt.
Auch die Gebäudedämmung soll weiter „gefördert“ werden. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat das Programm zur „energetischen Gebäudesanierung“ um 300 Mio. € auf 1,8 Mrd. € pro Jahr aufgestockt. „Hausbesitzer sollen (laut dpa) mit Einzelzuschüssen von bis zu 5000 € zur besseren Dämmung von Gebäuden angeregt werden“. Die zu entsprechenden Ausgaben „Anzuregenden“ sollten sich aber nicht beim EU-Rechnungshof informieren. Denn der hat (laut DWN vom 16.1.) festgestellt, was fachlich Interessierte bereits wussten: „Gebäude-Dämmung ist zu teuer und nutzlos.“ Die Kosten der Sanierung seien deutlich höher als der Nutzen durch Einsparung von Energie. Die EU habe laut Wall Street Journal seit 2000 fast 5 Mrd. € ausgegeben, um nationale Ausgaben zur Energie-Effizienz zu finanzieren und Treibstoffverbrauch und CO2-Emissionen zu verringern. „Zwar seien in allen untersuchten Fällen tatsächlich Türen und Fenster ersetzt oder Wände und Dächer isoliert worden. Doch waren die Investitionskosten verglichen mit dem möglichen Energiespar-Potential zu hoch. Die Förderung ist folglich am eigentlichen Ziel vorbeigegangen“ musste der EU-Rechnungshof feststellen. Die Investitionen seien „tatsächlich eine Verschwendung“ – wie so vieles, was die Energiewender durchsetzen. Harald Wögerbauer, der für den Report verantwortlich war, drückte sich dabei so vorsichtig wie möglich aus, wenn er als Lösung ganz im Geiste der EU vorschlägt, die von der EU geförderten Öko-Projekte (das heißt die Verschwendung) weiterhin zu überwachen.
Die subventionierende Regierung weiß eben am besten, wie der Noch-Geldbesitzer sein Geld am besten los wird. Was da vorgeschlagen wird, ist aber nur peanuts im Vergleich zu den Subventionen für die notleidende Spekulationswirtschaft. Haben die Hunderte von Milliarden Euro etwas gebracht? Ja, sie haben angeblich „die große Krise“ verhindert (aber nicht die kleine, in der wir stecken). Bis jetzt gibt es keine detaillierte Abrechnung, was mit den Tranchen geschehen und wohin das Geld geflossen ist. Die großen Investment-Banken Goldman Sachs und JP Morgan haben in Bloomberg vom 16.1. ihre Gewinne für das vierte Quartal 2012 veröffentlicht. Beide Geldhäuser machten bessere Geschäfte, als die ihnen artverwandten Analysten vermutet hatten. So konnte Goldman Sachs im vierten Quartal Erlöse in Höhe von 9,24 Milliarden Dollar einstreichen und vollführte damit einen Gewinnsprung um 68 % von 4,44 auf 7,475 Mrd. $. Bei JP Morgan lagen die Gewinne im letzten Quartal bei 5,79 Mrd. $. Erwartet wurde ein Gewinn von 4,95 Mrd. $. Damit konnte die Bank im gesamten Jahr einen Rekord-Gewinn von 21,3 Milliarden Dollar verzeichnen– 2,1 Milliarden Dollar mehr als 2011. Auch für die Federal Reserve Bank der USA hat sich das Gelddrucken gelohnt. Sie verbuchte für 2012 einen Rekord-Gewinn von 91 Mrd. $. Seit Ausbruch „der Krise“ hat sich die Bilanz dieser Zentralbank in Privatbesitz verdreifacht. Nur die Staatsschulden… Aber „Staat“, was ist das schon? Die Euro-Rettung hat‘s gebracht! Von dem Geld, das angeblich die Wirtschaft stimulieren sollte, ist in der produzierenden Wirtschaft wenig angekommen. Aber wer braucht schon Produktion? Wirtschaftliche Realität ist das Geld – und das hat wunschgemäß dazugewonnen.
Krisen und hohe Haushaltsdefizit der USA (über 10% des Bruttoinlandprodukts, aber nicht nur dort) haben in der Vergangenheit zu den großen Kriegen geführt. Das war nur vor dem I Weltkrieg, dem II Weltkriegs und beim Amerikanischen Bürgerkrieg (1861 – 65) so hoch. Heute ist es wieder so weit. Trotzdem ist George Friedman, der Chef von STRATFOR, dem Urheber und Verbreiter fast aller die USA betreffenden Mythen, die weltweit zu glauben sind, zuversichtlich. Er sieht, dass Obama die USA aus dem Krieg gegen den radikalen Islamismus, der „nicht zu gewinnen“ sei, zurückziehen will, und erwartet sich davon in einem seiner jüngsten Berichte eine Gesundung der US-Staatsfinanzen sowie der US-Wirtschaft. Erleichtert und verwundert stellt er fest, dass seit dem Libyen Unternehmen die Initiative zu solch nicht zu gewinnenden Kriegen auf die EU, speziell auf Frankreich und England, übergesprungen sei. Freiwillige Verpfändung der eigenen Wirtschaft an die Intern. Banken kann den „Frieden“ sichern.
Mit Islamisten hat das wenig zu tun. Oder doch? In Libyen und Syrien kämpft der Westen an der Seite von Islamisten gegen die Regierung. In Mali unterstützt er die Regierung gegen Islamisten. Es muss an der Gefährdung der Interessen „des Westens“, jedenfalls der Kolonialherren liegen. Natürlich geht es dabei auch um Rohstoffe. In Mali liegt sehr viel Uran, das bisher aber nur im angrenzenden Niger, das durch die Mali-Aktion auch geschützt werden soll, abgebaut wird. Daneben gibt es in Mali Öl, noch wichtiger Phosphat und dann noch Gold. 2010 wurden dort gut 38 Tonnen Gold gefördert. Mali ist der drittgrößte Goldförderer in Afrika und Gold gewinnt in der Finanzkrise an Bedeutung. Frankreich will sich diese Reichtümer sichern.
Doch die Mali-Krise ist älter. 2003 nannte die Bertelsmann-Stiftung Mali in ihrem Ländergutachten, das „Erfolgsmodell demokratischer Transformation auf dem afrikanischen Kontinent“, allerdings müsse dort die Privatisierung stärker vorangetrieben werden. „Als Ergebnis der Auflagen von IWF und Weltbank ist damit begonnen worden, große Teile ehemaliger staatlicher Betriebe zu privatisieren. Dieser Prozess geht schleppender voran, als gefordert“ hieß es. Die staatliche Telefongesellschaft Sotelma übernahm die französische Gesellschaft Alcatel. Schließlich wurde neben der Eisenbahn und den größten Nahrungsmittelfirmen auch die Wasserversorgung privatisiert. Sie ging an den französischen Konzern Saur. Dadurch kam es seit Ende 2008 wegen der angehobenen Wasserpreise im trockenen (islamischen) Norden zu schweren Ausschreitungen (in Portugal, wo die EU-Kommission die Privatisierung des Wassers durchgesetzt hat, stieg z.B. in Pacos de Ferreira der Wasserpreis um 400%). Im Norden Malis eskalierten die Ausschreitungen bis die Regierung damit nicht mehr zu Recht kam. Nun bieten „islamische Extremisten“ den Vorwand, um französischen Konzernen den Zugriff auf Mali militärisch zu gewährleisten.
Am 14.1. hat Guido Westerwelle seinem französischen Kollegen, Laurent Fabius, in einem Telefonat angeboten, Deutschland wolle die Intervention in der früheren französischen Kolonie „politisch, logistisch, medizinisch und humanitär“ unterstützen (www.auswaertiges-amt.de 14.01.2013). Die „militärische“ folgt, weil sie beim Wähler schlecht ankommt, wie in Irak, Afghanistan oder Libyen hinter vorgehaltener Hand. Warum das? Nur der als Pazifist kaum ausgewiesene Verteidigungsminister de Maizière äußerte Einwände: zuvor müssten „die Voraussetzungen dafür geklärt und gegeben“ sein. (FAZ 14.01.2013) Naive denken dabei an eine UNO-Resolution, Geldgierige sofort an Anteile vom Rohstoff-Kuchen, als ließe sich so etwas nicht eleganter durch Finanzbeteiligungen regeln.
Man hüte sich vor vorschnellen Erklärungen. Es geht um Politik, genauer um Macht. Am 2. November 2010 haben Paris und London nach stillen Vorbereitungen seit 1997 eine neue „Entente Cordial“ (Vgl. Deut. Ges. f Auswärtige Politik Analyse No. 10, August 2012) geschlossen und ihr Bündnis sogleich im Februar 2011 im Libyen Unternehmen getestet. Man beschloss an Deutschland vorbei die enge Koordinierung der Streitkräfte und der Militärplanung, eine gemeinsame Eingreiftruppe von 6.000 Soldaten („Combined Joint Expeditionary Force“), einen „binationalen aeronavalen Flottenverband, die enge Zusammenarbeit in den Bereichen Rüstungstechnologie und -industrie und die Kooperation im Nuklearbereich. Dieses neue binationale Abkommen torpediert nicht nur die vielfältigen Versuche Deutschland und Frankreich militärisch fester mit einander zu verzahnen, dazu das deutsche Streben nach dem Aufbau einer gemeinsamen, einheitlichen EU-Armee mit einer einheitlichen europäischen Rüstungsindustrie, auch weckt es Erinnerungen an die Vorbereitungen zum I und II Weltkrieg gegen Deutschland. Zum Sonderbündnis sei es gekommen, „weil Deutschland in der Vergangenheit zahlreiche französische diplomatische wie militärische Initiativen blockiert habe“, urteilen Claire Demesmay und Ronja Kempin in Internationale Politik“1/2013. Die mit dieser erneuten Entente verbundene Gefahr soll eine Beteiligung am (Raub)Krieg in Mali, wenn nicht beheben so doch mildern. Daher „fordert die SPD deutsche Beteiligung an Mali-Einsatz“ (www.welt.de 14.01.2013) und weiß www.spiegel.de 14.01.2013, dass „Trittin (mit Grüßen vom Bilderberg) den Kriegseinsatz in Mali begrüßt“.
Da letztlich die Privatisierung der Trinkwasserversorgung den „Krieg“ in Mali ausgelöst hat, ist es vielleicht nicht uninteressant zu erfahren, dass die EU-Kommission „den Markt für die Privatisierung der Wasserrechte freigeben“ will, so die Sendung Monitor am 13.12. materialreich unter dem Titel “Geheimoperation Wasser: Wie die EU-Kommission Wasser zur Handelsware machen will”. Die „Freigabe“ betreiben Großkonzerne wie z.B. Thames Water, Veolia, RWE und Gelsenwasser. Dass die Privatisierung von Trinkwasser – wie logischerweise zu erwarten – selten oder nie zu der von Bürokraten und Marktideologen versprochenen Anhebung der Wasserqualität und Senkung der Preise geführt hat, bestätigt eine in der Sendung zitierte „Studie“ der Universität Barcelona von 2010.
Wer wird dann wohl in Europa intervenieren, wenn die angekündigte Anhebung der Lebensmittelpreise und die den Privatisierungsbestrebungen folgende Wasserverteuerung zu Aufständen wie in Mali führen? Werden auch in diesem Fall Islamisten ihre entsprechende Hilfe wie in Libyen und Syrien und indirekt in Mali anbieten? Bewaffnete islamische Widerständler haben einen Marktwert. Andere ließen sich inzwischen in Europa anwerben. Noch ist es ja nicht so weit und Sie können getrost wie üblich das „geringere Übel“ wählen.
5 Reaktionen zu “Zeit für eine Entente Cordial?”
Wie gehabt: Das beste Geschäft macht man immer mit der Dummheit
der Menschen! Und wer dumm gehalten wird kann leichter ausgenommen werden! Und solange die Dummheit Staatspriorität
ist wird der dumme Wähler eben weiter dumm bleiben!
Dank an die Parteien im dt. Bundestag!
Ein weit ausgreifender Artikel – ich greife mal den Punkt Mali heraus. Natürlich gibt es da westliche Rohstoff- und Geostrategie-Interessen. Nachzudenken wäre aber darüber, ob die französische Militäroperation dort nicht wenigstens politisch zu dulden wäre. Oder stellt sich der Autor das schön vor, wenn man in einem wahabitisch geprägten Emirat zu leben hat, zumal in dessen einführender Terror-Periode? Sicher nicht.
Dann fangen Sie bitte in Saudi Arabien an und verurteilen sie Brezezinski,
der diese westliche Terrortruppe aufgebaut hat.
Für Interessierte hier noch einige Hintergrundinformationen:
http://www.neopresse.com/politik/mali-afrika-experte-warnt-vor-franzosischem-staatsstreich-im-marz-oder-april/
Danach ist Mali
„eines der fünfzehn zentralafrikanischen UMOA Mitglieder deren Währung der, CFA-Frank, unter absoluter französischer Kontrolle ist. Der CFA-Frank wird in Charmaliers unter Kontrolle der Französischen Nationalbank gedruckt. Frankreich bestimmt den Kurs, die Modalitäten und Paritäten. Frankreich hat … absolute Kontrolle über die Volkswirtschaften der fünfzehn Länder.
Sämtliche UMOA Länder müssen 65 % ihrer gesamten Devisen und ihr gesamtes Gold in Frankreich hinterlegen. Frankreich verzinst die Devisen zu ca. 3 % . Die eingenommenen Zinsen gehen direkt in die französische Staatskasse ein und werden dann zu einem Zinssatz von 5 % – 6 % oder mehr, als „Entwicklungshilfe“ an die UMOA Länder vergeben.“
Schön für den Bundesbürger, wenn er als Begleitmusik zu den heutigen Feiern „50 Jahre Elysee-Verträge“ erfährt, daß die Bundesrepublik koloniale Ambitionen ihres Vertragspartners mit 300 Millionen Euro unterstützen will.
Das System wurde 1946 von Charles De Gaulle eingeführt. De Gaulle hatte das System von Deutschland übernommen, dass es bis zu seiner Kapitulation 1945 in den von Deutschland besetzten Ländern einführte um die deutsche Staats- und Kriegskasse zu finanzieren.
Wir schreiten weiter voran, wenn auch in die falsche Richtung, Reizwörter sind für mich Solar und Dämmung.