Es kann der Brävste nicht in Frieden leben…
3. August 2013 von admin
Der Konflikt in Syrien entwickelt sich nicht so, wie er in den USA geplant worden war und im Fall Libyen noch durchgezogen werden konnte. Die ungeheuren neuen Erdgas- und Erdöl-Funde, wie neuerdings in Australien, machen die Öl-Waffe stumpf. Tatsächlich scheint der propagierte Rückzug der USA aus dem Nahen Osten mehr zu sein als ein vorgetäuschtes Manöver. Gilt das auch für die mäßigenden Worte, die sich von Seiten hoher US-Militärs im Hinblick auf einen Iran-Krieg vernehmen lassen? Der „arabische Frühling“ erweist sich für die USA – jedenfalls vorerst – mehr und mehr als ein Rückschlag. In Ägypten scheint sich eine Art Nasser zurückzumelden. Ob das auch in Tunesien und Libyen geschehen wird, ist noch nicht entschieden. Nun durften die Snowden-Enthüllungen von weitgehend Bekanntem in den anerkannten Medien erstaunlicherweise weltweit eine aufgeregte Diskussion auslösen. Darüber bleibt ein Ereignisstrang nahezu unbeachtet, der weitreichende Folgen haben könnte: Die Entwicklung im Fernen Osten.
Am 17. November 2011 erklärte Präsident Obama vor dem Australischen Parlament, dass „er und sein Sicherheitsteam der Anwesenheit der Vereinigten Staaten in ‘Asia-Pacific‘ Top Priorität einräumen“ und die USA eine „Wendung (pivot) vom Nahen zum Fernen Osten vollziehen“ werde. Dabei versicherte Obama: “Die Reduktion der US-Verteidigungsausgaben werde nicht – ich wiederhole: ‚werde nicht‘ – zu Lasten der Ausgaben für Asia-Pacific gehen. Wir werden alle nötigen Ressourcen aufwenden, um eine starke militärische Präsenz in der Region aufrecht zu erhalten” (http://www.whitehouse.gov/the-press-office/2011/11/17/remarks-president-obama-australian-parliament). Bei der Gelegenheit wurde ein Dokument unterzeichnet, dass die ständige Stationierung von 2500 Marinesoldaten der USA beim Hafen Darwin im Norden Australiens festschreibt. Außerdem erklärte der Präsident, dass ab 2020 60% der US-Flotte im pazifischen Raum stationiert sein werde. 2500 Marinesoldaten fallen bei den 320.000, die im pazifischen Raum bereits stationiert sind, kaum ins Gewicht. Oder doch?
„Die Vereinigten Staaten bereiten sich auf einen Krieg mit China vor, eine enorme Entscheidung, die bis jetzt kaum von den gewählten Beamten, nämlich vom Weißen Haus und dem Kongress ernsthaft untersucht worden ist.” schrieb Amitai Etzioni am 13. Juni in einem längeren Aufsatz im Yale Journal of International Affairs. Der bezeichnende Titel des Aufsatzes lautet: Who Authorized Preparations for War with China? Etzioni ist Professor of International Affairs an der George Washington University; er fungierte unter anderem als Senior-Regierungsberater und lehrte zuvor in Columbia, Harvard und Berkeley).
Etzioni behandelt in dem Aufsatz ein in der Öffentlichkeit wenig bekanntes und diskutiertes Strategiekonzept, das AirSea Battle (ASB) Projekt. Seit Anfang der 1990er Jahren habe der einflussreiche US-Stratege Andrew Marshall und sein Gefolgsmann Andrew Krepinevich vor den neu entstandenen wirtschaftlichen und militärischen Möglichkeiten Chinas gewarnt. Auf ihre Anregung hin beauftragte der frühere Verteidigungsminister Robert Gates die US-Stabschefs, einen entsprechenden Vorgehensplan auszuarbeiten. Er sollte der US-Strategie entsprechen, die Zbigniew Brzezinski in seinem Buch The Grand Chessbord 1997 zum ersten Mal publik gemacht hatte, nämlich nicht zuzulassen, dass sich neben den USA ein annähernd gleichstarker militärischer Machtblock herausbilden könne.
Im September 2009 einigten sichAir Force Chief of Staff (bis Aug. 2012) Gen. Norton A. Schwartz, und Chief of Naval Operations, Adm. Gary Roughead, auf das ASB-Projekt, das Verteidigungsminister Gates im Jahr darauf offiziell billigte. Gates Nachfolger, Leon Panetta, unterschrieb das Memorandum, segnete Ende 2011 den Plan ab und richtete ein entsprechendes „Multi-Service Office to Advance AirSea Battle“ ein. (Kyle D. Christensen, “Strategic Developments in the Western Pacific: Anti-Access/Area Denial and the Airsea Battle Concept,” in: Journal of Military and Strategic Studies, vol. 14, no. 3 (2012), 10). Nach diesem Plan bildet ein Blendungsangriff (blinding attack) auf chinesische anti-access facilities (den Zugriff verwehrende Einrichtungen, also Verteidigungsanlagen) wie Raketenstellungen an Land und auf See, Luftüberwachungsstationen, Satelliten und Anti-Satelliten Waffen und Kommando- und Kontrollknoten den Auftakt einer militärischen Auseinandersetzung. Dem soll dann der entscheidende Schlag mit der gesamten militärischen Überlegenheit der US-Luft-, See- und Land-Streitkräfte folgen. Von Strategen wird eingeräumt, dass jeder Angriff auf ein Frühwarnsystem, sich „unmittelbar auf strategic nuclear and escalation issues“ auswirkt, also einen vollen nuklearen Gegenschlag auslösen dürfte. Doch das zu untersuchen sei nicht ihr Thema (Jan Van Tol et al.,AirSea Battle: A Point-Departure Operational Concept, (Washington, DC: Center for Strategic and International Studies, 2010), 66).
Nun mag es sich bei dem ASB Projekt nur um eines der vielen Szenarien handeln, die das Militär probehalber durchspielt. Doch bei der Überprüfung des Verteidigungshaushalts FY 2013 stellt Todd Harrison eine Umverlagerung der Ausgaben entsprechend der neuen strategischen Richtlinien fest (Analysis of the FY 2013 Defense Budget and Sequestration (Washington, DC: Center for Strategic and International Studies, 2012), 4). Das bestätigt auch General Schwartz: “Die ersten Schritte in Richtung Air-Sea Battle sind hier im Pentagon bereits unternommen worden. In unseren FY 2012 und FY 2013 Haushalten steigern wir Investitionen in die Systeme und Fähigkeiten, die wir benötigen, um zusätzliche Bedrohungen zu besiegen.” (Norton A. Schwartz, Jonathan W. Greenert, “Air-Sea Battle, Promoting Stability in an Era of Uncertainty,” in: The American Interest, 20. 2. 2012,). Die New York Times erwähnt am 5.4.2012, dass die neuen Küstenkampfschiffe (Littoral Combat Ships) für flache, küstennahe Gewässer “im Zentrum der Planung für Präsident Obamas Strategie zur Machtentfaltung Amerikas im Pazifik“ stünden. Es gibt weitere Hinweise, dass die Beschaffung der US-Streitkräfte sich am ASB-Projekt ausrichtet.
Am 1.8. 2012 schrieb Greg Jaffe in der Washington Post, “Bei Air-Sea Battle handelt es sich darum, die Chinesen zu überzeugen, dass wir den Konkurrenzkampf gewinnen werden.” Möglicherweise überzeugt man sie aber davon, dass Washington einen „preemptive nuclear attack” auf China plant, denn ein anderes Vorgehen würde militärisch keinen Sinn machen.
Während des Kalten Krieges bezog sich die MAD-Strategie (Mutual Assured Destruction) auf das Ziehen von Roten Linien, deren Überschreiten den Nuklearschlag automatisch auslösen würde. Daran hatte sich der Warschauer Pakt gehalten aber auch die NATO (z.B. bei den Aufständen in Ungarn 1956 oder dem Ausbruchversuch der Tschechen 1968). Dagegen verlangt das ASB Projekt, die USA in die Lage zu versetzen, gleich zu Beginn „vom Weltraum, vom Cyberspace, von der Luft und vom Meer aus“ tief ins Hinterland Chinas vorzudringen, seine Verteidigungsanlagen auszuschalten, um das Land anschließend zu besiegen, also einzunehmen.
Den USA ist es bisher nicht gelungen Afghanistan oder den Irak völlig zu unterwerfen und zu befrieden. Und neueste Entwicklungen deuten selbst in der Berichterstattung unserer „anerkannten“ Medien eher auf eine Niederlage als auf einen geordneten Rückzug der US-Streitkräfte aus diesen Gebieten hin. Meint man in den USA wirklich, die Volksbefreiungsarmee Chinas selbst nach anfänglichen Blendungsschlägen „besiegen“ zu können? Und welches wären die Kosten solcher Versuche?
Präemptive Atomschläge gehören zur Militärdoktrin der USA, seitdem Präsident George W. Bush auf Druck von Dick Cheney und den sogenannten Neocons 2002 das Strategiepapier Nuclear Posture Review abgesegnet hat. Dies haben Oliver Stone und Peter Kuznick in ihrem Buch The Untold History of the United States von 2012 noch einmal detailliert bestätigt. Der Zusammenbruch der Sowjetunion und die Konzentration Chinas auf seinen eigenen Wirtschaftsausbau erlaubten es den USA, einen deutlichen Rüstungsvorsprung zu erringen. Entsprechend waren in den USA die US-Rüstungsetats nach Ende des Kalten Krieges unverhältnismäßig stark aufgestockt worden. Keir Lieber und Daryl Press bescheinigen Washington in ihrem Artikel The Rise of U.S. Nuclear Primacy, im März/April 2006 Heft der Zeitschrift Foreign Affairs „first-strike capability“ Es heißt dort: „Der überstürzte Abbau der russischen Arsenale und die Modernisierung der Nuklearstreitkräfte Chinas im Eiszeittempo“ haben dazu geführt, dass weder Russland noch China Washington einen Erstschlag vergelten können. Die Aufstellung der US-Raketenabwehr-Stellungen in Europa rund um Russland und im Südosten um China soll diese „Erstschlags“-Befähigung zementieren. Natürlich ist weder der russischen noch der chinesischen Führung diese Entwicklung entgangen.
Die USA wären nicht die USA, wenn sie nicht versuchen würden, andere Länder für ihre Interessen einzuspannen. Am 26 Juni 2013 diskutierte das American Enterprice Institut (AEI) die Entwicklung Japans. Dabei wurde nicht nur beteuert, dass der japanische Premier Szino Abe, den Artikel 9 der Verfassung ändern will, der Japan verbietet Kriege zu führen, sondern dass er nun auch eine „präventive Strategie gegen potentielle Aggressoren“ ausarbeiten lässt. Eine Rolle spielte dabei sicherlich der provozierte Konflikt um die Diaoyu (Senkaku) Inseln im Südchinesischen Meer. Dazu verwies man beim AEI auf das für den Juli geplante gemeinsame Manöver mit den USA vor der Küste Kaliforniens. Dabei sollen Landungsoperationen gegen feindlichen Widerstand geübt werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang das Treffen Abes mit seinem Indischen Kollegen Manmohan Singh. Dabei wurden Rüstungs- und strategische Abkommen und gemeinsame Anlandungsmanöver vor der Küste Japans beschlossen. Auffallend ist die neulich erfolgte militärpolitische Annäherung Washingtons an Vietnam und Burma, das bis vorkurzem zu den Schurkenstaaten zählte. Nun droht das südostasiatische Bündnis ASEAN zu platzen. Küstenländer wie Vietnam, Singapur, Malaysia und die Philippinen scheinen unter dem Schutzschirm der USA verbleiben zu wollen, während sich die Kontinentalländer wie Kambodscha, Laos und Thailand andeutungsweise China zuwenden.
Die USA strecken selbst ihre Fühler nach Russland aus, das sie andererseits mit Abfangraketen umstellen, um das Land von seiner militärischen Zusammenarbeit mit China abzubringen. Russlands außenpolitischer Waldai Club veröffentlichte am 31. 7. seinen Bericht „Russlands Elite 2020“. Bei der Gelegenheit verwies Soziologieprof. Eduard Ponarin von der Moskauer Wirtschaftshochschule auf gemeinsame Interessen der russischen und der US-Eliten angesichts gemeinsamer außenpolitischer Bedrohungen und US-Professor William Zimmerman, von der Universität Michigan dozierte deutlicher, „2035 wird China eine ausreichende Bedrohung sein, damit sich Russland und die USA zusammenschließen.“
Die zahlreichen Kriege und militärischen Überfälle seit dem Zweiten Weltkrieg sind nahezu alle von den USA und Israel ausgegangen und doch behaupten USA und Israel stets Opfer von Aggressionen und die „großartigsten Demokratien der Welt“ zu sein. Nach dem pumpen Vorgehen der sogenannten Necons unter Bush II verflüchtigt sich die Überzeugungskraft dieser Ideologie. Befragungen überall in der Welt (außerhalb Deutschlands) zeigen, dass die Bevölkerungen Israel und die USA für die größte Bedrohung des Friedens und des Lebens auf der Erde halten. Das in der Öffentlichkeit weder in den USA noch im Rest der Welt kaum diskutierte ASB-Projekt, die offensichtliche Einkreisungspolitik gegenüber Russland und China, die Aufstellung entsprechender Raketenabwehrbatterien als nötige Vorbedingung für den Erfolg eines nuklearen Erstschlags bestätigen diese Einschätzung. Nachgiebigkeit kann diese Gefahr nicht abwenden, sondern nur eindeutige Stellungsnahmen.
Der militärische Wahn ist aber kein Zeichen von Stärke, sondern die Folge der verzweifelten Situation der Internationalen Hochfinanz, die sich daran macht, auf ihre äußersten Mittel (das US-Militär) zurückzugreifen. Wird die Menschheit das zulassen. Weder vor dem ersten, noch vor dem Zweiten Weltkrieg hatte sie eigentliche Absicht der Vorbereitungen verstanden, weil sie der Propaganda glauben und nicht den unmenschlichen Zynismus der Hochfinanz sehen wollte. Doch nun rührt sich selbst in den USA Widerstand. Das ist die Bedeutung des Wistleblowings eines Mannings und vieler anderer mutiger Amerikaner und vielleicht auch eines Snowden und der offensichtlichen Wut der US-Behörden (Vgl. Handelsblatt vom 1.8.).
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4 Reaktionen zu “Es kann der Brävste nicht in Frieden leben…”
Es scheint für den Professor Hampel- bzw. Zimmermann wohl eine Selbstverständlichkeit zu sein, daß es 2035 eine „Elite“ in den USA geben wird, und diese dann naturgemäß so überlegen und unwiderstehlich sein wird, daß die Russen angesichts der chinesischen Bedrohung keine andere Wahl mehr haben werden, als sich bereitwillig mit dieser Creme de la Creme der angloamerikansichen Avantgarde zu verbünden.
Der kluge Prof, der sich anscheinend selbst zu dieser Elite zählt, sollte bedenken, daß „easy come easy go“ schon immer der „American Way“ gewesen ist und dies auch mit großer Sicherheit das Schicksal dieses bizarren Konstruktes namens USA werden wird (obwohl man sich z.Zt. jenseits des Atlantik noch in einem recht sonderbaren und bemerkenswert realitätsresistenten Optimismus zu befinden scheint).
Dieses Land wird so schnell, kurz und schmerzlos aus der Geschichte hinweggefegt werden, wie es darin erschienen ist.
In etwa genau so wie ihre BoA-Billigzins-finanzierten Holzhütten bei einem Tornado.
Vielen Dank für die vielen Informationen.
Bei der Beurteilung der Lage der „Hochfinanz“ wäre es wünschenswert wenn diese verzweifelt wäre.
Ich fürchte aber die Hochfinanz (= die größte Verbrecherbande aller Zeiten) ist kurz vor dem Ziel die Weltherrschaft zu übernehmen.
Deshalb agiert sie bereits ziemlich offenkundig.
Im Zuge der „Finanzkrise“ hat sie Billionen an sog.Rettungsgeldern eingesackt.Die USA stellen offenbar ihre Privatarmee ,bezahlt wird sie vom US-Bürger,der auch verheizt wird.
Weltweit gebietet sie über willfährige Politmarionetten und Beamtenapparatschiks.
Abtrünnige werden gnadenlos verfolgt.
Es sieht so aus ,als ob die „Protokolle“ keine Verschwörungstheorie sondern einfach Verschwörungspraxis sind.
Die geopolitischen Ziele „unserer amerikanischen Freunde“ kann man nicht nur in „The Grand Chessboard“, sondern vor allem in dem Pentagon-Papier „Joint Vision 2020“, welches im Internet aufrufbar ist, nachlesen. In diesem teuflischen Papier ist von „Full Spectrum Dominance“ die Rede. Wenn man das liest, läuft es einem kalt über den Rücken.
@caesar4441
hihi weil Du von Verschwörungspraxis schreibst gg
Also wenn ich wen „aufwecken“ will, und der Erfolg darin nur bescheiden oder gar nicht zustandekommt (also derjenige „weiterschlafen“ will)…. und ich damit konfrontiert werde, dass ich mich nicht mit solchen (abstrusen) Verschwörungstheorien abgeben soll, so entgegne ich oft folgendes:
Mit VerschwörungsTHEORIEN gebe ich mich nicht (so) ab — für mich interessanter ist da schon die VerschwörungsPRAXIS, die jederzeit und jeden Tag auf der Welt so nachverfolgbar ist, wenn man seinen eigenen Verstand benützt, — und — nicht alles unhinterfragt einfach so „schluckt“, was einem so täglich vom System „serviert“ wird…