Neue Besen kehren zunächst, vielleicht…
26. Januar 2018 von admin
Die Polit- und Wirtschaftsbosse des Westens haben sich in Davos zwei Haupthemen vorgenommen: Digitalisierung und Zuspitzung der geopolitischen Lage (also der Konflikte in der Welt). An ersterem, dem Verhältnis von Chips zu Arbeitsplätzen, wird schon lange ergebnisoffen herumgedoktert. Das zweite war für die dort Versammelten von Anfang an das Grundthema, die befreite Durchsetzung ihrer Herrschaftsvorstellungen weltweit. Und doch stellt es sich wegen des in seinen Ausmaßen überraschenden Wiedererstarkens Russland und Neuerstarkens Chinas wiederum ganz neu. In Davos will man sich traditionell auf Weichenstellungen für Politik und Wirtschaft einigen. Als „Kleine Leute“ erfährt man von den Verabredungen nichts. Man bekommt Reden vorgehalten, aus denen Spökenkieker dies oder das herauszulesen können – zumeist das, was Sie, das Volk, glauben sollen.
In manchen Jahren gibt es nichts umzustellen, weil man mit dem Kurs zufrieden ist, in anderen ist es anders. In diesem Jahr scheint es Umstellungsbedarf zu geben. Allerdings ist nicht klar, wohin die Reise „geopolitisch“ gehen soll. US-Handelsminister Wilbur Ross sprach davon, dass es schon immer Handelskriege gegeben, die USA sich bis jetzt dabei herausgehalten habe (hört, hört), aber jetzt (weil genötigt) einsteigen müssten. Ross gab sogar an, wie man das zu tun gedenkt. Man wolle sich China wegen des Diebstahls geistigen Eigentums zur Brust nehmen. Ob man da nicht inzwischen etwas zu spät kommt? China produziert nach einer längeren Phase der Nachahmung schon längst sein geistiges-technisches Eigentum selbst und – wie es scheint – effektiver als der senil gewordene Westen. Etwas allgemeiner gab US-Finanzminister Mnuchin mit ungewohnter Offenheit die neue Linie vor. Er nannte die Dollar-Abwertung ein gutes Mittel, um den US-Außenhandel wieder in Gang zu bringen. „Der schwächere Dollar ist gut für uns, insofern er den Außenhandel beeinflusst und Chancen eröffnet“, sagte er u.a. wörtlich. Und schon -0 wer hätte es gedacht – gibt der Dollar auf den Märkten deutlich nach, verkaufen die Großgeldbesitzer Dollar und kaufen dafür Euro. Doch was haben die USA noch anzubieten außer Waffen? Und wie lange dauert es, bis die ausgelagerten Produktionsstätten zur Versorgung des Binnenlandes wieder zurückgeholt bzw. neu aufgebaut werden?
Doch dann tritt Mr. Präsident auf, angeblich das Trampeltier im westlichen Porzellanladen oder nur derjenige, der die westliche Blinde Kuh im Kreise dreht. Trump war bislang als Freund eines schwachen dafür exportstarken Dollars bekannt. In Davos behauptete er das Gegenteil. In einem Interview wünschte er sich ausdrücklich einen starken Dollar, sein Finanzminister sei mit seinem Ruf nach einem schwächeren Dollar falsch zitiert worden. Kann man ihm das abnehmen? Tun es „die Märkte“? Sie hielten kurz inne und warfen dann weiter ihre Dollar auf den Markt, um bei seiner Schwächung noch rasch zu profitieren. Sie werteten Trumps Äußerung wohl als Versuch der „Schadensbegrenzung“ und nicht als Weichenumstellung. Wie lautete doch noch Trumps wohl ernst gemeintes Wahlversprechen? Er wollte zigtausend Industriearbeitsplätze in die USA zurückzuholen. Das kann die Steuerreform alleine nicht schaffen, das kann ein schwacher US-Dollar und auch nur über einem längeren Zeitraum und nicht auf Anhieb. Trump ist auf dem besten Weg sein innenpolitisches Wahlversprechen mit einem schwachen Dollar einzulösen. Wahrscheinlich meinte er mit seinem „starken“ Dollar eigentlich die Stärke der USA, die wieder aufzurichten, er ebenfalls versprochen hatte.
Frau Merkel scheint es dagegen mit der Angst zu tun zu bekommen. Nein, nicht wegen der großen Koalition und dem Krakeel im Land und dem Rätseln, ob die jüngsten über 1.800 Online-Beitrittsanträge zur SPD seit ihrem GroKo-Parteitag, sich für oder gegen die GroKo richten. Das ist ihrem Elite-Clan in Deutschland so wurscht wie der sprichwörtliche Sack, den er in China selbst umwerfen läßt. Merkel fürchtet, dass der Zusammenhalt im Westen auseinander triftet und man im alten Europa plötzlich nicht mehr weiß, was zu tun ist. Zu lange hat man sich hier daran gewöhnt, den Weg gewiesen zu bekommen. Es gilt nun selbst einen Weg zu finden, aber welchen? Weit und breit Keine Obrigkeit mehr, oder genauer, keine, deren Weisungen eindeutig und verlässlich sind. Da ist nur ein Trickser, schrecklich! Eigentlich hätte Merkels Entourage schon der Brexit belehren können, dass die USA mit ihren engsten Verbündeten das alte Europa abgekoppelt haben – wenn sie schon nicht Ursache und eigentlichen Sinn der Flüchtlingswelle verstehen konnte/wollte.
Dann sind da noch die Visegrád-Gruppe (V4, Tschechische Republik, Ungarn, Polen und die Slowakei) und ein sich noch zierendes Österreich. Die V4 werden als Puffer zwischen dem alten Europa und Russland aufgebaut. In ihr ist Polen der eigentlich treibende Kern. Das immer willfährige Instrument Großbritanniens hat offensichtlich bis heute kaum verstanden, wie und wofür seine Ressentiments benutzt werden. Die V4 spielt nicht nur in der Flüchtlingspolitik eine eigene Rolle. Sie versucht inzwischen auch außenwirtschaftlich eigene Wege zu gehen, aber vorsichtig, damit Brüssel nicht zu hellhörig wird. Wer möchte schon mit Treibhausgas-Europa in ein vorindustrielles Milieu abgleiten? Aber auf einen Happen aus der Konkursmasse des alten Europas will man auch nicht verzichten. Die neu angebahnte Zusammenarbeit mit Australien biete der V4 bedeutende Wettbewerbsvorteile, meinte der ungarische Außenminister Péter Szijjártó am 19.1. bei einem Ministertreffen der V4 und mit dem aus Australien in Budapest. Die Gruppe versucht auch, trotz der Ressentiments den wirtschaftlichen Weg nach Osten vorsichtig zu öffnen, den sich das alte Europa mit den aus den USA befohlenen Sanktionen selbst verbaut hat.
Eine Weichenumstellung verspricht vielleicht der Wechsel an der Spitze der Federal Reserve Bank (FED) in den USA. Der neue Chef heißt Jerome Powell, der allerdings bereits seit 2012 in der FED sitzt. Donald Trump hatte ihn schon im November 2017, also vor seinem verwirrenden Hin und Her, für das Amt vorgeschlagen. Nun ist dieser Powell für die US-Zinspolitik und die Stärke oder Schwäche des Dollars mit entsprechenden Auswirkungen auf die Weltwirtschaft verantwortlich. Die FED ist formal politisch unabhängig und vor allem der Regierungssitz der großen Geschäftsbanken des Westens, auch wenn der jeweilige US-Präsident Einfluss auf die Wahl ihres Vorsitzenden für sich in Anspruch nehmen darf. Powell gilt als Wunschkandidat des US-Finanzministers Steven Mnuchin, der 13 Jahre führend für Goldman Sachs gearbeitet hatte. Wird er die „moderate“ Geldschwemme seiner Vorgängerin Yellen fortsetzen? Wahrscheinlich, weil höhere Zinssätze Geld in die USA zurückschwemmen und damit den Wert des Dollars hochtreiben würden.
Nun berichtet die Washington Post am 23.1., dass der Internet-Riese Google allein im Jahr 2017 eine Rekordsumme von 18 Mio. Dollar für die Ausweitung seiner Interessenvertretung im Kongress, im Weißen Haus und in sonstigen Bundesbehörden in Washington ausgegeben hat. Das muss sich erst einmal rentieren. Es soll dabei um Einfluss auf Maßnahmen gehen, die Migration, Steuerreform und Kartellrecht betreffen, in erster Linie aber wohl die Neuregelung der Online-Werbung im Zusammenhang mit der angeblichen „russischen Einflussnahme“ auf das Netz. Google ist nicht das einzige Unternehmen, das so großzügig Geld für die Lobbyarbeit ausgegeben hat. Facebook steigerte dem Blatt zufolge seine Ausgaben 2017 um 32 Prozent (auf mehr als elf Millionen US-Dollar) und Apple sogar um 51 %. Zusammen mit Amazon gaben die Vier im ersten Regierungsjahr Donald Trumps rund $ 50 Millionen für die “Meinungsbildung” in Washington aus. Warum tun das gerade die, deren Geschäftsgrundlage weitgehend „immaterielle“ Internet-Werbung ist? Nun, wie sähe es für sie aus, wenn das Internet plötzlich, um es vor „russische Einflussnahme“ zu schützen, unter Kontrolle genommen würde? (Unser Justizminister plant Ähnliches). Oder war die Diskussion seit Oktober 2017 der Auslöser, welche die Internetfirmen verpflichten will, ihre gesammelten Daten mit all den gesammelten persönlichen Profilen, politischen Stellungnahmen oder Buch- und sonstige Bestellungen in eine politisch kontrollierte Datenbank einzuspeisen. Doch was würde sie das tatsächlich „kosten“? Doch wohl insgesamt wesentlich weniger als der jüngste Aufwand für die Lobby. Dass so etwas wie Internet-Kontrolle im „Country of the Free“ nicht unumstritten aber auch nicht ausgeschlossen ist, zeigt der jüngste Streit um die Veröffentlichung der sogenannten FISA Studie.
Einer der jüngsten “Tweets” des Donald J. Trumps lautete: “In einer der tollsten Geschichten seit langem behauptet das FBI jetzt, ihm seien fünf Monate der Korrespondenz des Pärchens Strzok-Page, etwa 50.000 Texte, und alle in prime time übermittelt, abhanden gekommen. Wow!” Die angesprochenen Texte sollen Beweise für illegales Vorgehen von Obama und Hillary Clintons Wahlkampf-Team gegen Trump enthalten haben. Strzok soll außerdem zum gleichen Zweck eine Schlüsselrolle in der Konstruktion der „russischen Wahleinmischung“ gespielt haben. Nach Angaben der US-amerikanischen Zeitung Politico soll die Nationale Sicherheitsbehörde der USA trotz eines gerichtlichen Löschverbots diese geheimen Überwachungsdaten gelöscht haben. Der Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA ,“Gesetz zur Überwachung in der Auslandsaufklärung“) sieht vor, dass ein geheimes Gericht (FISC) über die Genehmigung von Abhör- und Überwachungsaktionen entscheidet. Das war auch in diesem Fall geschehen.
Nun gibt es zu dieser Überwachungsgenehmigung noch ein ebenfalls geheimes FISA-Memo. Das will man nun nach dieser erstaunlichen „Löschung“ der Daten lautstark sehen. Abgeordnete, die das FISA Memo gelesen haben aber nicht veröffentlichen dürfen, geben sich entsetzt. Das Papier zeige Vorgänge wie in der alten Sowjetunion (also noch schlimmer als unter Putin, Wow!). So etwas zu lesen, darf man dem Volk natürlich nicht zumuten. In einem Brief an Mark Zuckerberg, den Chef von Facebook, und Jack Dorsey, den von Twitter, haben nun Senator Diane Feinstein und der Abgeordnete Adam Schiff verlangt, die Veröffentlichung dieses Memo, nachdem die Masse giert, zu verhindern, weil der Schrei nach der Veröffentlichung “Russia-backed” sei. Das war voreilig und kam ungeplant an die Öffentlichkeit, au weh. Der Generalinspektor im Justizministerium, Michael Horowitz zog schnell die Notbremse und ließ den Hauptbetreibern der Veröffentlichungskampagne, den Senatoren Charles Grassley (R-Iowa) und Ron Johnson (R-Wis) rasch mitteilen, man habe mit geeigneten Werkzeugen die verlorengegangen Texte zum Teil wieder herstellen können. Also in Ruhe das amtliche Untersuchungsergebnis abwarten (etwa wie im Mordfall JF Kennedy oder bei 9/11 etc.?)!
Und bei uns? Deutsche Journalisten gelten dank ihrer Ergebenheit gegenüber den staatstragenden Parteien als „nützliche politische Interpreten. Sie organisieren Kampagnen gegen Fake News, gegen Nazi-Demos, gegen neue Nazis im Parlament, gegen russische Eingriffe in den Wahlkampf, gegen Wähler, die falsche Parteien wählen, sie schauen regelmäßig nach, wie es bei der Regierungsbildung läuft, was Deutschland noch für Hoffnungen hat und wem der Verdienst gebührt, dass die Wirtschaft brummt.“ Sich selbst sehen sie als prinzipientreue Umerzieher eines zu wankelmütigen Publikums, dessen Köpfe sie meinen, mit Hilfe der rund 400 Tageszeitungen, 3541 Zeitschriften und 77 Radio- und TV-Anstalten ihrer Bosse zurechtrücken zu müssen. Doch was sie aus Radios, Bildschirmen und Papieren trieft lassen, ist eine dünne gleichgeschaltete Brühe, die niemanden bei einigermaßen Verstand noch überzeugen kann. Dass hat man inzwischen sogar höheren Orts bemerkt, dort, wo man bisher „die Geschlossenheit unserer Fronten“ gelobt hatte. Jetzt wurden die Chefredaktionen aufgefordert, mit den „Erscheinungen des Subjektivismus, der Rechthaberei, der Schönfärberei“ Schluss zu machen und dafür „Erreichtes zu analysieren“, „Neues zu projektieren“ und „sich von Überlebtem zu trennen“. Das „wachsende Bedürfnisse nach politischer, wissenschaftlicher Information“ solle besser und ohne vermeintliche Tabus befriedigt werden. Jochen Korenz, der noch wenig bekannte „Medienbeauftragte der Bundesregierung“ und verantwortlich für Pressearbeit im Bundeskanzleramt berief die Medienchefs ein, um ihnen zu beteuern, dass „es jedenfalls seitens unserer Regierung keinerlei Barrieren in der Informationsarbeit“ mehr geben werde. Man könne den Spruch „Schweigen ist eine schlechte Gewohnheit“ als „Spruchband in der Redaktion aufhängen“, und, man werde künftig „keine Kritik an Mängeln jemals wieder falsch verstehen“. Wie schön! Mal sehen, was dabei herauskommt!