Wenn Imperien wanken
9. März 2018 von admin
riecht man Pulverdampf. Wenn europäische Nicht-Kernwaffenstaaten für gemeinsame atomare Missionen den Umgang mit amerikanischen nicht-strategischen Atomwaffen üben, sei das ein schwerer Verstoß gegen den Atomwaffensperrvertrag, sagte der russische Außenminister Sergei Lawrow am 14.2. 2018 auf der Abrüstungskonferenz in Genf und: „Allen muss klar sein, dass das US-Militär auf diese Art und Weise die Streitkräfte europäischer Staaten auf die Anwendung taktischer Atomwaffen gegen Russland vorbereitet.“
„Die USA schaffen damit gefährliche Voraussetzungen für einen Atomkrieg selbst in einem Konflikt von ursprünglich niedriger Intensität, wenn sie sich das Recht auf einen präventiven Atomschlag selbst mit Hilfe von Mini-Nukes im Falle einer Cyberbedrohung vorbehalten. Denken Sie mal darüber nach!“ Kommentierte die Pressesprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa am 7.3.2018 den gleichen Sachverhalt.
In der am 18.12.2017 veröffentlichten neuen Nationalen Sicherheitsdoktrin der USA werden drei Hauptgruppen von Bedrohungen für die USA definiert. An erster Stelle steht „China und Russland; sie wollen eine Welt schaffen, die den amerikanischen Werten und Interessen widerspricht. China versucht, die Vereinigten Staaten in der Pazifik-Region zurückzudrängen, seine Grenzen zu erweitern und die Region durch ein neues Wirtschaftsmodell zu seinem Vorteil umzubauen… Sie stellen damit unsere geopolitischen Vorteile in Frage und versuchen, die internationale Ordnung zu ihren Gunsten zu ändern“, heißt es in dem Dokument. Was für eine Unverschämtheit aber auch!
„In diesem Herbst, im Oktober, wird ein Großmanöver der Nato stattfinden, möglicherweise das größte Manöver mit Einsatz von Amphibienfahrzeugen, das auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges durchgeführt wurde und „Trident Juncture“ hieß“, sagte der US-General und Marinekorpskommandanten Robert Neller, bei der am 7.3. bekannt gewordenen Sitzung des Repräsentantenhauses der USA, und: „Ich bin mir sicher, dass es seitens Russlands Proteste geben wird. Aber ich denke, das wird nur die Ernsthaftigkeit der Strategie, die die USA durchführen, zeigen.“ Konkret sollen die Manöver in norwegischen Gewässern unmittelbar an der Grenze zu Russland stattfinden. An ihm sollen über 45.000 Soldaten beteiligt sein, darunter 12.000 deutsche Soldaten, – falls die angesichts der jüngst in Berlin beschlossenen Einsätze im Nahen Osten und in Nordafrika überhaupt noch zur Verfügung stehen.
Denn die Bundesregierung hat beschlossen, die deutschen Kontingente der alliierten Truppen in Afghanistan, Mali und im Irak weiter aufzustocken und treibt damit die Militarisierung dieser Gebiete, aber damit auch die Rekrutierung neuer Terroristen voran. Dabei gibt die Bundesregierung selbst zu, dass sich die „Sicherheitslage“ in Mali im Laufe des mehr als fünfjährigen Einsatzes „verschlechtert“ hat. In Afghanistan ist dies trotz des seit über 15 Jahren dort geführten Krieges ebenfalls der Fall. In der Sahelzone haben jihadistische Milizen trotz der anwesenden Truppen der Alliierten die Anzahl ihrer Anschläge 2017 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Zivile Organisationen in der Zone üben scharfe Kritik an der westlichen Intervention. Berlin und Paris treiben zusätzlich zu ihren eigenen Einsätzen den Aufbau der „G5 Sahel“-Eingreiftruppe voran, die von einem der Alliierten, Saudi-Arabien, finanziert wird. Denn Riad will im Sahel mit dem Aufbau salafistischer Strukturen gegen schiitische Minderheiten vorgehen. Unsere Regierung scheint das unter Anleitung des französischen Präsidenten Macron unterstützen zu wollen.
Das „anerkannte“ Wirtschaftsmagazin The Economist titelte am 27.1. 2018 „The Next War“ („Der nächste Krieg“) und verwies in dem Artikel ausführlich auf die wachsende Gefahr eines Konfliktes zwischen den heutigen Großmächten – also doch wohl eines 3. Weltkriegs. Das US-Magazin „Time“ folgte eine Woche später mit einer ähnlichen Story, die etwas weniger deutlich mit „Making America nuclear again“ überschrieben war. Einen „alles zerstörenden Zusammenstoß zwischen den großen Mächten der Welt“ hält The Economist – heute anders als nach dem 2. Weltkrieg, aus dem die USA dank ihrer kluger Verfügung über Truppen anderer Staaten als unanfechtbarer Sieger hervorgegangen ist – inzwischen nicht mehr für unvorstellbar. Das Magazin bezieht sich dabei ausdrücklich auf die oben erwähnte neue Nationale Sicherheitsstrategie der USA. Zwar hält The Economist Russland und China bisher noch militärtechnisch und vom Rüstungsumfang für den USA unterlegen. Aber das werde sich dank der zunehmenden Digitalisierung der Militärtechnik und des steigenden Anteils an Elektronik bald ändern. Beide Länder versetzten sich „mit großer Geschwindigkeit“ in die Lage, die bisherige militärtechnologische Überlegenheit der USA aufzuhebeln. Das zeige sich besonders an der neuen Verwundbarkeit der US-Flugzeugträger und der Überwindbarkeit der US-Raketenabwehr.
Natürlich bezweifelt das Pentagon noch diese Fortschritte, weil sie sich sicher sind, für ewig militärisch überlegen zu sein – verfügt die US-Armee doch über ein achtmal größeres Budget als die russische Armee. Andererseits zeigte sich in Syrien im Feld ein anderes Bild und so ließ der Oberbefehlshaber der Nato-Streitkräfte in Europa und des United States European Command (USEUCOM), Curtis Scaparrotti, laut dem „Defence One“ Portal verlauten: „Wenn man die Geschwindigkeit bedenkt, mit welcher sie (die Russen) die Modernisierung voranbringen, müssen wir unsere Modernisierung fortführen, um in den Bereichen dominierend zu bleiben, in denen wir derzeit noch dominieren.“
Könnte es zu einem „Präventivkrieg zur Sicherung der westlichen Hegemonie“ kommen, wie der ehemalige Vorsitzende der Linken in Niedersachsen, Manfred Sohn, in seinem Beitrag zur Zeitschrift Ossietzky am 10.2.2018 warnte? Ein solcher Krieg drohe, „weil man (im Westen, erg.) aus eigener Sicht Angst hat, den ideologischen und ökonomischen Krieg gegen Alternativmodelle zu verlieren.“ Die Nato plant in ihrer Aufrüstung gegen Russland neue Kommandozentren. Die Deutsche Marine baut in Rostock das NATO-Hauptquartier, das speziell für „Waffengänge in Randmeeren“ (Ostsee) ausgerichtet sein soll. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg wies natürlich den Vorwurf zurück, dass die Nato durch den Aufbau der zwei neuen Kommandozentren ein neues Wettrüsten mit Russland provozieren könnte. „Was wir machen, ist verhältnismäßig und maßvoll“, sagte er laut focus.online am 14.2.2018. Vielleicht plant man tatsächlich kein neues „Wettrüsten“, sondern gleich mehr. Schon die Münchner Sicherheitskonferenz hatte aus den gleichen Gründen vor der Gefahr durch China und Russland gewarnt. Und das Internationale Institut für Strategische Studien (IISS) in London befürchtet in seinem neuesten „IISS-Rüstungsreport: China und Russland wollen Amerika einholen“ und die FAZ vom 14.02.2018 warnt, China und Russland fordern zunehmend die militärische Vormachtstellung der Vereinigten Staaten und seiner Verbündeten heraus.
Eine andere Sicht trug der ehemalige Stabschef von US-Außenminister Colin Powell, US-Army Oberst Lawrence Wilkerson am 16.2. auf der Konferenz des National Press Club in Washington vor. Er behauptete, Israel versuche „Amerika in einen Krieg mit dem Iran hineinzusaugen“, was einen Weltkrieg auslösen könne. In seiner Rede wiederholte er mehrfach, dass Israel unter dem Vorwand der Präsenz des Irans in Syrien die militärische Konfrontation mit dem Iran suche. Dabei versuche Israel den Nahen Osten zu destabilisieren, was zu einem Weltkrieg führen könne. Ob das treibende Moment von Netanjahu oder dem von Thomas Barnett publik gemachten US-Nahostplan ausgeht, ist die Frage.
Nun hatte der russische Präsident Putin in seiner Rede am 1. März 2018 wohl nicht zufällig dem Westen einen Einblick in erstaunliche geheime Rüstungsentwicklungen Russlands gewährt. Sie haben beeindruckt. Die US-Abgeordneten Jeff Merkley, Dianne Feinstein, Ed Markey und der US-Senator Bernie Sanders haben deshalb US-Außenminister Rex Tillerson wie folgt aufgefordert: „Ein strategischer Dialog zwischen den USA und Russland wurde nach dem öffentlichen Auftritt des russischen Präsidenten am 1. März wichtiger, bei dem er einige neue Arten von Nuklearwaffen präsentierte, darunter einen Marschflugkörper und eine Untersee-Drohne mit Atomantrieb, die Russland entwickelt haben soll. Nun sind diese im START-Nachfolgevertrag von 2010 nicht erwähnt und werden die Lage destabilisieren, wenn sie entfaltet werden.“ Die beeindruckenden Rüstungserfolge könnten einen „Präventivkrieg zur Sicherung der westlichen Hegemonie“ verhindern. Das hat Putin mit seiner Rede wohl beabsichtigt, ob mit Erfolg, muss sich noch herausstellen.
Ein Zeichen der Stärke ist es jedenfalls nicht, wenn die USA gerade ihr eigenes Projekt, die Welthandelsorganisation WTO, mit neu angekündigten Strafzöllen torpedieren, oder wenn Le Monde am 27.2. hinsichtlich Europas feststellen muss: “Deutschland sucht sich noch, Großbritannien verlässt die EU – das Letzte, was wir in dieser Lage gebrauchen können, ist Chaos in Italien.” Die Wahl könnte es bringen. Offensichtlich scheint nunmehr jede „Wahl“ (der „Wert“ schlechthin in demokratischen „Wertegemeinschaft“) das System zu erschüttern, ob sie nun in England beim Brexit 2016, 2017 in den Niederlanden, Frankreich und in Deutschland stattfand, oder nun in Italien. Auch die Debatte um Gegenmaßnahmen gegen die angekündigten US-Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte zeigt die Schwäche Europas. Wie soll man sich (wenn man es denn ernsthaft wollte oder zu dürften glaubte) dagegen wehren, zumal man „kaum noch Industriegüter“ aus den USA bezieht. Strafzölle auf Bourbon-Whisky oder Harly Davidson Motorräder wären ein Witz, Strafzölle auf Autoimporte, mit denen Donald Trump droht, aber nicht. Deshalb empfiehlt das Kieler Institut für Weltwirtschaft die Methode, die Angela Merkels offensichtlich den Wählern so sympathisch gemacht hat: „Lieber aussitzen!“.
Deutschland hat sich im Gegensatz zu den Befürchtungen von Le Monde nun doch „gefunden“ und hat eine Regierung, in der eine Andrea Nahles eine hervorragende Rolle spielen wird (20 Semester Germanistik und Politikwissenschaft, Promotion abgebrochen, anschließend über 30 Jahre Geld im politischen Geschäft verdient und das mit Vorschlägen, die Milliarden an Steuerkohle verbrennen). Oder ein Olaf Scholz, der sich dadurch als Finanzminister empfiehlt, dass er als Erster Bürgermeister von Hamburg rund 30 Milliarden Euro in der HSH Nordbank, die durch Spekulationen marode geworden war, versenkt hat. Die Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein geht nun für knapp eine Milliarde € an die New Yorker Investmentgesellschaft Cerberus und den US-Investor J. Christopher Flowers. Die beiden neuen Starken in der SPD haben Sigmar Gabriel als Außenminister gefeuert und durch den Meinungskontrolleur Heiko Maas ersetzt. Na denn.
Doch es gibt auch positive Anzeichen. Der grüne Energie-Staatssekretär Rainer Baake ist zurückgetreten worden. Baake steht für die (vom Bundestag durchgewinkte) stümperhafte Umrüstung der Stromversorgung Deutschlands auf wetterabhängige Windräder, ohne für die notwendigen Voraussetzungen im Netz und mit Speichern, für die es bisher noch nicht einmal ein praktikables Konzept gibt, gesorgt zu haben. Die deutsche Regierung entsorgte mit dem Berliner Flughafen (der in den einstweiligen Ruhestand versetzter Flughafen-Chef erhält nun neben 33.000 Euro Monatsgehalt zusätzlich noch Ruhestandsgeld aus der Steuerkasse) nicht nur das Image Deutschlands als Industriestaat, sondern demontiert mit ihrer Klimapolitik, Energiewende und KFZ-Politik die verbliebene Industrie gleich mit.
Natürlich helfen dabei neben den Medien die grünen Nichtregierungsorganisationen (NGO) mit ihrer Stimmungsmache kräftig mit. Als jüngste Leistung will der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) gegen den Beschluss des Bergamtes Stralsund, in deutschen Gewässern die Gaspipeline Nord Stream 2 bauen zu lassen, Klage einreichen. Statt billiges Erdgas aus Russland will man wohl teures Flüssiggas aus den USA über Polen beziehen –nach dem altbewährten Motto: „Je teurer, desto besseren, dann wird mehr Energie gespart.“
Wenn uns der Präventivkrieg erspart bliebe, wäre uns und der Welt viel gewonnen. Doch darauf wird diese Bundesregierung keinen Einfluss nehmen wollen und wohl auch nicht können.
2 Reaktionen zu “Wenn Imperien wanken”
Zitat:„….London befürchtet in seinem neuesten „IISS-Rüstungsreport: China und Russland wollen Amerika einholen“
Hieß es nicht so ähnlich auch um die Jahrhundertwende bzgl. des Deutschen Kaiserreiches vs. England und Frankreich?
Bleibt die Frage: Wo liegt heute Sarajevo? …….in London?
Eher in der Ukraine oder im Südchinesischen Meer