„Der Westen, ein Abgesang“
29. Juni 2018 von admin
Erdogan hat kürzlich bei der Wahl seine parlamentarische Mehrheit verloren und muss eine Koalition mit der Nationalistischen Aktionspartei eingehen. Da diese antiwestlich eingestellt ist, bleibt der Türkei statt der Integration in die EU, (die diese nicht haben will) nur der Weg in die Eurasische Union. Die Türkei steht damit nicht alleine. Professor Kishore Mahbubani aus Singapur preist in seinem jüngsten Buch (Has the West Lost It? London 2018) den Westen zwar als die erfolgreichste Zivilisation der gesamten Menschheitsgeschichte. Doch nach gut 30 Jahren Stagnation und Fehlentwicklung habe der Westen, um seine Dominanz zu sichern, versucht, die Entwicklung der Welt zu stoppen und zu diesem Zweck in die inneren Angelegenheiten anderer Länder eingegriffen. Daher gibt Mahbubani dem Westen keine Zukunft mehr. Spätestens 2050 würden die fünf maßgeblichen und größten Volkswirtschaften in Eurasien anzutreffen sein.
Als einziges Schutzargument hört man im Westen die pauschale, hysterische Verurteilung „illiberaler Demokratien“, die durch persönliche Herrschaft verzerrt würden. Doch wen kümmert das im Rest der Welt? Arnold Toynbee behält wohl mit seiner Intuition Recht: Die Geschichte ist in Bewegung und strebt auf die Umgestaltung Eurasiens zu. Gelingt der Shanghai Cooperation Organization (SCO) diese Aufgabe und kann die Türkei dabei zur Brücke zwischen einer abgekoppelten EU und der Neuen Seidenstraße (BRI) des multipolaren Lagers im Osten werden? Schwer zu sagen.
Bei seiner Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz vom 17.2.2018 äußerte sich auch der damals geschäftsführende Außenminister Sigmar Gabriel sehr besorgt, wenn er das westliche Bündnis weltpolitische an „einer historischen Wegscheide, wie sie die Welt nur alle paar Jahrhunderte erlebt,“ stehen sieht. Seiner Meinung entscheide sich in der Gegenwart, ob man „den Beginn eines neuen asiatischen Zeitalters … und die Selbstaufgabe des … Westens“ erlebe. Dazu forderte er wie andere Konferenzredner – „bei vielen Vorbehalten“ – einen engeren Zusammenschluss zwischen Europa und den USA und eine „Machtprojektion … in die Welt“, die auf „das Militärische“ nicht verzichten dürfe.“ (www.auswaertiges-amt).
Der Westen ist noch nicht am Ende, aber auf dem Weg dorthin. Warum das so ist, behandelt mein als Manuskript vorliegendes Buch mit dem Titel Der Westen ein Abgesang, Entstehung und Zukunft der westlichen Marktgesellschaft. Der Zersetzungspilz steckt in den gesellschaftlichen Auswirkungen der Marktgesellschaft (Karl Polanyi).
Ausgehend von den gesellschaftlichen Zerfallsprozessen in der Wahrnehmung der Bürger und nach einer kurzen Abhandlung der wichtigsten Theorien über Aufstieg und Niedergang von Zivilisationen, wendet das Manuskript der allmählichen Herausbildung der Strukturen (seit dem Normannen-Einfall) zu, die zu der vor allem am Geldgewinn orientierten „Marktgesellschaft“ zuerst in England geführt haben. Seit über 200 Jahren erfolgt langsam eine tiefgreifende Umwandlung der christlich abendländischen Gesellschaft in eine Marktgesellschaft. Das Kapitel „Griff nach der Weltgeltung“ behandelt das Eindringen der Führung des britischen Empires in die republikanischen Strukturen der USA und deren Veränderung. Dem Kapitel „Konsolidierung des Westens“ geht es um den Wandel des alten Kolonialismus in den sogenannten finanzpolitischen, „antiimperialistischen Imperialismus“ und den Ausbau der „Internationalen Treuhänderschaft“ zur endgültigen politischen Organisation „des Westens“ nach Breton Woods 1944 und radikaler nach 1971 mit der Einführung des Fiat-Money-System mit den Finanzmärkten.
Der Westen in Aktion behandelt die poltische und wirtschaftliche Seite der neueren Umformung des Westens und das Erstarken einer Schattenregierung als der Regierung hinter dem sogenannten „Deep State“ (der ständigen Bürokratie und der sie umkreisenden Lobby) und hinter der US-Regierung. Diese beruht auf drei Säulen, den Spitzen des Industriell-militärischen Komplexes, vor dem bereits 1961US-Präsident Eisenhower gewarnt hatte, der „Finanzindustrie“ der Wallstreet und des geheimdienstlich überwachungstechnologischen Komplexes von Silicon Valley. Diese Troika konsolidierte ihre Macht im Kampf des Westens gegen Kommunismus und Nationalismus, beim Ausbau der materiellen Basis des Westens und leitete die Umorientierung des Westens in Richtung „nachindustrieller“ oder „stationärer Gesellschaft“ ein. Sie rückt das „fiktive Kapital“ ins Zentrum westlicher Wirtschaftspolitik und entschied sich letztlich für die von Steven R. Mann bereits 1992 konzipierte „Strategie Chaos“, auf die Admiral Arthur K. Cebrowski das US-Militär ausrichtete und die sein Assistent Thomas P. M. Barnett propagandistisch bekannt machte. Sie bedeutet: Man muss nicht aufwendig von außen auf einen anderen Staat einwirken. Es ist einfacher und kostensparender, bereits im Vorfeld von innen heraus gewünschte Kettenreaktionen zur Übernahme solcher Staaten in Gang zu setzen.
Schließlich wird nach den tatsächlichen Werten der oft beschworenen „Wertegemeinschaft des Westens“ gefragt. Sie bildeten sich in der bürgerlichen Revolte gegen die Adelsherrschaft und deren entwicklungshemmende Funktion. Sie erlebten einen Wandel aufgrund der Widersprüchlichkeit der bürgerlichen Revolution, und durch die Einführung – neben dem ursprünglichen Gütermarkt – eines widernatürliche Arbeitsmarktes unter der Klassentrennung von zwecksetzender und ausführender Arbeit, eines Geldmarktes unter der marktbestimmenden Vorgabe der Knappheit, eines Marktes für Grund- und Boden und der daraus abgeleiteten Rechtfertigung künstlich erzeugter Knappheit, und eines Marktes für Informationen. Aufgrund des dadurch bedingten Wertewandels fragt sich, was von den beschworenen Werten der westlichen Wertegemeinschaft, wie „Freiheit und Demokratie“, Gleichheit vor dem Gesetz, Meinungsfreiheit, und Rechtsstaatlichkeit in der gesellschaftlichen Realität des Westens noch gilt beziehungsweise, was daraus geworden ist: Ein Propaganda Instrument für die „Nationalen Interessen“ der USA. Das jedenfalls besagt der International Broadcasting Act von 1994 und seine späteren Amendements relativ offen.
Droht uns ein Endspiel, nachdem ein „Traum“ zerronnen ist und Umdenken eingesetzt hat? So sieht es der Präsident des Council on Foreign Relations, Richard N. Haass, in einem kurzen Artikel vom 21.3.2018 (unter: https://www.cfr.org/article/liberal-world-order-rip.) Außerdem hat UN-Generalsekretär Guterres am 20.6. Putin in Moskau getroffen und ihm gesagt: „Jetzt betonen wir insbesondere und zusätzlich, dass Russland ein unersetzbares Element zur Gründung einer neuen multipolaren Weltordnung ist.“ Und bei Lichte besehen läuft auch US-Präsident Trumps „America First Politik“ auf den Abschied der USA von ihrer bisher verfolgten unipolaren Weltordnung hinaus.
Bleibt dem unipolar ausgerichteten Westen, beziehungsweise seinem bisherigen „Liberalen Establishment“ nur mehr als das Vertrauen auf „militärische Macht“. Doch ist dieses Vertrauen angesichts der Waffenentwicklung im Osten und ihrer Bewährung in Syrien überhaupt verlässlich? Steht tatsächlich eine multipolare Weltgesellschaft auf dem Programm, wie soll diese aussehen und was kann sie den benachteiligten Einzelnen bringen? Oder ist auf eine Erneuerung von innen zu hoffen? Welche technologischen und gesellschaftlichen Phänomene deuten auf eine Überwindung der Geldgewinn-Orientierung als Grundcharakteristikum der noch herrschenden Marktgesellschaft hin? Mehr Fragen als gewagte Antworten! Bleibt zum Schluss nur die Hoffnung auf die in der abendländischen Gesellschaft meist unterschwellig wirksame und oft bekämpfte Geisteskraft, die ohne auf den je individuellen Vorteil zu schielen, immer wieder vom Rande der abendländischen Gesellschaft aus technische, wissenschaftliche, politische und spirituelle Erneuerungen und Revolutionen ausgelöst hat.
Die Aussagen des Textes erstrecken sich auf 230 engbeschriebenen DINA 4 Seiten und sind in 874 Anmerkungen gut belegt. Das Manuskript sucht noch einen Verlag – bisher noch ohne Erfolg. Er kann als PDF-Datei für € 15 auf CD oder per e-mail, oder, wenn eine Veröffentlich im Eigenverlag nötig wird, für einen höheren Preis (?) erworben werden. Bestellungen an boettigerdrh@web.de
1 Reaktion zu “„Der Westen, ein Abgesang“”
Warum veröffentlichen Sie nicht unter der Amazon Book of Demand – Variante? Alle Rechte bleiben bei ihnen, Sie legen den Preis und die Gestaltung fest, – nur Werbung müssen Sie selber machen.
https://kdp.amazon.com/de_DE/
Jaja, Amazon. Aber, nebenbei können Sie ja mal bei Antaios nachfragen, wenn Sie im Kopfe frei sind.