Horch, was kommt von draußen rein.
22. Februar 2019 von admin
„Man muss das Geld zum Fenster rauswerfen, damit es zur Tür wieder reinkommt“, meinte die jüngst verstorbene Mode-Ikone. Aber wenn sich das Geld in der Tür vertan hat, verliert man „die Kontrolle über sein Leben und geht dann eben in Jogginghosen auf die Straße.“ Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk macht es vor. 8 Milliarden Euro pro Jahr fliegen für Gleichschaltungspropaganda („framing“) im Jahr aus dem Fenster. Über 70 % davon wirft die ARD zum Fenster hinaus. Weil sich das Geld in der Tür irrt und trotz Propagandarsteuer (Rundfunkgebühren) nicht zurückkehren will und außerdem noch die Rundfunk-Promis nicht in Jogginghosen rumlaufen sollen (was ein jeder doch einsehen müsse), soll diese Steuer nun angehoben werden. Die Nutznießer der Propaganda werden dafür stimmen, wie sie alles abnicken, was von „ganz“ oben kommt.
Und da ganz oben residieren die Vertreter der westlichen Werteordnung. Ihr oder US-Präsident Donald Trumps Sicherheitsberater, John Bolton, erklärte am 20.2. in Washington, die Tage der Regierung von Nicaraguas Präsident Daniel Ortega seinen gezählt. An seine Stelle werde, das sagte er mit anderen Worten, ein Vertreter westlicher Freiheit geschoben, und dann „wird das nicaraguanische Volk bald frei sein“, twitterte Bolton bereits am 18.2. Am gleichen 18. hatte sein Präsident vor Vertretern der venezolanischen Diaspora in den USA erklärt, dass Nicaragua ebenso wie Venezuela „die Freiheit“ verdiene. Er verkündete auf Twitter: „In Lateinamerika bricht ein neuer Tag an, der Sozialismus stirbt und Freiheit, Gedeihen und Demokratie erleben eine Wiedergeburt.“ Das heißt doch wohl, die völkerrechtswidrigen Sanktionen werden bei einer genehmen Regierung aufgehoben. Dem venezolanischen Militär drohte er. „Wenn ihr weiter zu Maduro (dem gewählten Ministerpräsidenten) steht, werdet ihr keinen sicheren Hafen finden und keinen leichten Ausweg. Ihr werdet alles verlieren.” (Vgl. New York Times 19.2.) Das nennt man im Westen als Rechtstaatlichkeit, Nicht-Einmischung in die Inneren Angeleigenheiten anderer Staaten neben dem üblichen Freiheit- und Demokratie-Geschwafel. So reden eben diejenigen, bei denen sich das rückkehrende Geld nicht in der Türe irrt. Die übrigen sind so „frei“, von Medien berieselt und „geframt“ zu werden. Meinungsmache ist nicht billig.
Doch warum wurde weiter oben mit dem „oder“ zwischen Vertretern der westlichen Wertordnung und US-Präsident Donald Trump unterschieden – ist er nicht ihr Präsident? Nun, die Antwort lieferte die Sicherheitskonferenz in München. Dort sprachen der US-Vizepräsidenten Michael R. Pence für Trump und machte sich bei den Anwesenden reichlich unbeliebt. Er wetterte gegen die billige Gasversorgung über Nord Stream 2. aus Russland statt des teuren Flüssiggases der verbündeten USA und drohte, wenn man nicht pariere, Strafzölle auf deutsche Autos an, selbst wenn man diese in einer der deutschen Fabriken in den USA produziere. Und dann war da noch der ehemalige US-Vizepräsident Joseph R. Biden von der Fraktion „Hoch-Adel und Hoch-Finanz“ mit einer umfangreichen Entourage. Er machte in erster Linie Werbung für sich und seine Fraktion und ließ durchblicken, der Spuk dauert nicht mehr lang, dann fahren wir wieder eingleisig zur Weltregierung und Weltbeglückung. Das gab Beifall. Frau Merkel (mit von der Leyen) hatte diese Ankündigung bereits vorweggenommen und Mike Pence geantwortet: „Wenn diese Autos plötzlich eine Bedrohung der Sicherheit der Vereinigten Staaten sind, dann erschreckt uns das.“ Als wenn Trump das jucken würde. Aber der Applaus war ihr sicher. Immerhin beschäftigte die deutsche Automobilindustrie 2017 (neuer Zahlen kenne ich nicht), sie habe mit 876.000 Arbeitnehmer, einen Umsatz von 331,2 Mrd. Euro erreicht und sei damit für über ein Fünftel der Bruttowertschöpfung der deutschen Industrie verantwortlich. Der Exportumsatz betrug 234,2 Milliarden Euro. Aber der Diesel-Betrug und Trumps Ankündigungen haben Gewicht. Seit dem dritten Monat in Folge geht es abwärts – und zwar deutlich mit zunehmender Geschwindigkeit. Laut dem Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) ging die PKW-Produktion im Januar 2019 um 367.300 Einheiten das sind 19 % im Vergleich zum Vorjahresmonat zurück. Bei der PKW-Produktion waren es im letzten Quartal 2018 noch 13,2% weniger im Vergleich zum Vorjahresquartal. Im Gesamtjahr 2018 wurden hier 5,118 Millionen PKW gebaut, was einem Rückgang von 9,4 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Ist „das Erschrecken“ ihrer Kanzlerin für die Autobauer hilfreich?
Gabor Steingart kommentierte das so: „Mehr nicht? Deutsche Politiker bellen aber mit Angst und ohne die Absicht zu beißen. Merkel versteht unter einer funktionierenden transatlantischen Partnerschaft, den Amerikanern durch dick und dünn zu folgen. Und wenn die die Absicht haben, den Konkurrenten (Deutschland) platt zu machen, Merkel macht es. Nur beim Nord Stream 2 zögert sie noch, während die Position im Nuklearabkommen mit dem Iran schon brökelt“. Falsch daran ist nur „den Amerikanern“, es hätte heißen müssen der „Hoch-Adel und Hoch-Finanz-Fraktion“, denn Trump vertritt sicher auch „die Amerikaner“, aber eben nicht „die richtigen“.
Doch in einem treffen sich die Position der beiden „da ganz oben“, beim Rüstungsgeschäft, der stets offenen Tür für das rausgeschmissene Geld. Die friedlichen USA investierten zehnmal mehr Geld in Rüstung als zum Beispiel das böse Russland, besagt der Jahresbericht des Internationalen Instituts für Strategische Studien (IISS). Sein Sitz in London deutet an, dass das kein propagandistisches Entgegenkommen für Russland war. Der US-Verteidigungshaushalt soll im vergangenen Jahr bei 643,3 Milliarden US-Dollar (570,4 Milliarden Euro) gelegen haben (ohne die erheblichen Kriegs- und einige Rüstungsausgaben, die nicht über diesen Etat laufen) und lag damit weit vor den aufstrebenden Militärmächten wie China und Saudi-Arabien. Peking setzte laut diesem „Bericht“ für den gleichen Zweck 168,2 und Riad 82,9 Mrd. Dollar ein. Mit 63,1 Mrd. Dollar belief sich Moskaus Verteidigungshaushalt 2018 offiziell auf weniger als ein Zehntel von dem der USA. Deutschland gab dafür 45,7 Mrd. Dollar aus. Das Militärbudget der europäischen Nato-Länder beträgt insgesamt 264 Mrd. Dollar, das wäre gut das Vier-fache des russischen. Das sei aber kein Grund, die Verteidigungsausgaben der EU zu reduzieren, kommentierte der IISS-Experte François Heisbourg auf der Münchener Sicherheitskonferenz die Zahlen, weil die „Russen viel Schlagkraft aus dem Geld bekommen, das sie investieren“, zitierte ihn Die Zeit. Bei den einen kehrt eben das rausgeworfene Geld zur richtigen Tür zurück, bei den anderen ist es der Effekt – so unterschiedlich sind die Systeme und daher stammt wohl auch die Feindschaft. Deshalb muss Frau von der Leyen die Aufrüstung der Bundeswehr fordern, damit man sich „vor Russland schützen“ könne.
Und wer „schützt sich“ vor Google oder Facebook. Jeder zweite Euro im weltweiten digitalen Werbegeschäft fließt in die Kassen der beiden. Sie vermarkten die noch immer weitgehend unregulierten Analysen und kommerzielle Weitergabe der Nutzerprofile. Sollten sie je im freiheitlichen Westen reguliert werden, dann geht es unter dem Tisch der Dienste, für die die beiden arbeiten, eben weiter –wer könnte/wollte das überprüfen. Die EU-Kommission jedenfalls nicht, die würde darüber nur reden. Nur nebenbei. Die Google Firma Alphabet konnte ihren Umsatz 2018 um 23 Prozent auf 136,8 Milliarden Dollar steigern. Der Überschuss stieg von 12,7 Milliarden auf 30,7 Milliarden Dollar. Damit erwirtschaftet Alphabet fast doppelt so viel Gewinn wie Bertelsmann insgesamt umsetzt. Die fünf größten Medienunternehmen der Welt sitzen als Dienstleister allesamt in den USA. Dass die EU ihnen mit Steuern, Kostenbeteiligung an der genutzten Infrastruktur, an deren Lizenzen, Patente udgl. droht, ist nicht zu erwarten. Da hätte man Angst vor.
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) schaut auch lieber weg und zeigt brav auf andere Aggressoren im „Systemwettbewerb“. Er fordert Brüssel ganz marktwirtschaftlich zur Abwehr des chinesischen Einflusses in die EU auf. Allerdings sei die Volksrepublik mit ihrer weiterhin schnell wachsenden Wirtschaft und ihrem riesigen Innovationspotenzial nicht nur ein wichtiger Absatzmarkt, sondern auch ein „unverzichtbarer High-Tech-Kooperationspartner“, räumt der BDI ein; und VW-Chef Herbert Diess erklärt kürzlich mehr oder weniger verzweifelt: „Die Zukunft von Volkswagen entscheidet sich auf dem chinesischen Markt.“ Es ist halt so eine Sache mit den zwei Seelen in einer Brust. Die eigene und die von Deutschlands Wirtschaftspartner Nummer eins, der sich wirtschaftliche von China „abkoppeln“ („decoupling“) will. Verbal und systemgerecht heißt es: „Die deutsche Industrie lehnt sie (die „Abkoppelung“) ab“, verlangt aber von „der Politik“ in Berlin und Brüssel, sich stärker gegen Beijing in Stellung zu bringen. Nannte man so etwas nicht früher „Schizophrenie“ – nicht ganz, denn „chinesische Unternehmen gerieten immer stärker in Rivalität zu Firmen aus der Bundesrepublik.“ Da steckt also doch nur eine „Seele“ in der Brust. Nur, wie überall „im Westen“ sind System und Ideologie nicht mehr unter einen Hut zu bringen.
Das gilt auch bei den Fakten: „2018 hat Deutschland mit 294 Milliarden US-Dollar und damit 7,4 Prozent des BIP wieder den weltgrößten Exportüberschuss erzielt. Dagegen steigerte die USA sein weltweit größtes Leistungsbilanzdefizit (vor allem wegen des Importüberschusses) um noch Mal fünf Milliarden Dollar auf rund 455 Mrd. US-Dollar. Im Gegensatz zum dem, was mit dem Decoupling geplant war verringerten sich die US-Ausfuhren nach China, während die US-Einfuhren aus China trotz der Zölle und des Handelskriegs deutlich zulegten. In Deutschland fliegen aber beim Export nicht Geld sondern Werte zum Fenster hinaus, das Geld bleibt auf dem Forderungskonto, während sich in den USA die Schulden anhäufen. Das ist dort allerdings kein Problem, weil die USA dafür nicht aufkommen werden, weil sie – dafür steht Trump – es nicht wollen. Trump nimmt sich vermutlich Eduard III zum Vorbild, der seinen Gläubigern zurufen ließ, kommt und holt Euch euer Geld, wenn ihr es wagt. Einige Angestellte der Bardi und Peruzzi, die das wagten, weil sie geschickt wurden, landeten für vorgeschobenen Vergehen im Gefängnis. Eduard brauchte das Geld im Krieg gegen Frankreich. Den Bankhäusern fehlte die Polizei. Seit diesem Bankrott von 1343 ff denkt die Hochfinanz über „Demokratie“ nach, über willfährige (geldgierige) Parteiführer, die die Könige bei Zahlungswilligkeit halten. Sie versuchten es mit verschiedenen Parteien Stände-, Steuerzahler-, Bodenbesitzer-Partei. Es dauerte bis sie nach der Amerikanischen und Französischen Revolution mit der Massendemokratie und den „außengeleiteten Menschen“ das geeignete Instrument gefunden hatten. Nun werden Parteien für diesen Zweck nicht mehr benötigt, weil Hochfinanz und Hochadel selbst die Macht hinter den scheinbaren Machthabern die Macht an der Geldstrippe halten. Die Massenparteien müssen nur die Massen bei Laune halten, deshalb sind sie sich ja auch so ähnlich.
Inzwischen ist selbst Hochfinanz und Hochadel, um eine sichere Gefolgschaft besorgt und verteilt das zurückkommende Geld an immer mehr Türen: In den zehn Jahren seit der Finanzkrise hat sich die Zahl der Milliardäre weltweit nahezu verdoppelt. Die entsprechende Liste bei Forbes zählt jetzt 2208 Personen dieser Gattung. Ihr „Vermögen“ stiegen im Durchschnitt um 11 Prozent im Jahr. Die Zahl der Milliardäre ist 2018 auf ein Rekordhoch gestiegen. Laut jüngstem Oxfam-Bericht zur sozialen Ungleichheit ist das Vermögen der Dollar-Milliardäre im Schnitt täglich um 2,5 Milliarden US-Dollar gewachsen. Der Anteil der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung am globalen Vermögen ist dagegen systembedingt kontinuierlich zurückgegangen, von 0,76 Prozent im Jahr 2008 auf 0,43 Prozent im Jahr 2018. Wie sonst lassen sich Geldgewinne machen? Trotz der „verbindlichen“ Millenniumsziele der UNO steigt die extreme Armut, die angeblich überwunden werden soll, sogar wieder an, zum Beispiel in Afrika südlich der Sahara. Die sich immer weiter öffnende Schere zwischen Reich und Arm sorgt dafür, dass Millionen Menschen weiterhin in extremer Armut leben und keinen Zugang zu Schulbildung und Gesundheitsfürsorge etc. haben, oder dass sie sich auf den Weg zu uns machen.
2 Reaktionen zu “Horch, was kommt von draußen rein.”
Zwei Fragen, sehr geehrter Dr. Boettiger, stellen sich mir:
1. Muß der Anteil der Weltbevölkerung am Weltvermögen nicht automatisch sinken, wenn die Geburtenrate so bleibt? Im Jahre 2050 sollen knapp 10 Milliarden Menschen die Welt bevölkern (heute 7,6 Milliarden). Was ist der Sinn dessen?
2. Existiert das Vermögen der Milliardäre real, oder ist das nur heiße Luft.
Schöne Grüße
Wenn man von einem feststehenden (Geld)Vermögen ausgeht, würde er natürlich sinken. Dabei ist das Missverhältnis zu beachten, das 0,1% der Bevölkerung ein Vermögensäquivalent beansprucht wie die Hälfte der Weltbevölkerung. Das sind nicht meine Schätzungen. Welcher Anteil am Vermögen real ist und welcher irreal, ist heute nicht auszumachen, weil alles in Geld gezählt wird. Der Irreale Teil stellt sich als Schulden dar (angeblich 230 Billionen Dollar), die wahrscheinlich nicht einbringbar sind, über die aber erheblich Macht ausgeübt wird.