“Globohomo tyrants” am Ende?
5. April 2019 von admin
Am 26. 3.2019 haben die Vereinigten Staaten die israelische Souveränität über die besetzten Golan-Höhen anerkannt, und damit ihrer Resolution 242 im UN-Sicherheitsrat vom 22.11.1967 widersprochen. Diese hatte „die Unzulässigkeit des Erwerbs von Territorium durch Krieg“ unterstrichen und daher den „Rückzug der israelischen Streitkräfte aus dem im vorhergegangenen Konflikt besetzten Territorium“ befohlen. Israel hatte sich nie an diese und andere UN-Resolutionen ähnlicher Art gehalten, und zwar folgenlos. Nun sind die USA eingeschwenkt und haben ihre seit 52 Jahren gültige Stellungnahme zur Golan-Frage widerrufen und sich damit zugleich gegen die Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen [vom 26.6.1945] gestellt. Diese und die Resolutionen der Vereinten Nationen verlieren damit letztendlich den Status von Völkerrecht, weil sie diejenigen nicht mehr verpflichten, die sie einst beschlossen hatten. Das Völkerrecht löst sich vor unser aller Augen allmählich wieder in das Recht des Stärkeren auf, wie es Thrasymachos vertreten hat und bis zur Schaffung des Völkerbundes nach dem Ersten Weltkrieg politisch gültig war. Doch wer ist der Stärkere. Das Problem ist, dass genau das nicht mehr so klar ist.
In der National Defense Strategy des Pentagons von 2018 (NDS) heißt es: „Heute lassen wir eine Phase strategischer Atrophie hinter uns und wissen, dass unser militärischer Wettbewerbsvorteil Schaden gelitten hat (has been eroding). Wir sind mit einer zunehmenden globalen Unordnung konfrontiert, die durch den Rückgang der seit langem bestehenden, regelbasierten (d.h. nach freien $-Rhythmen), internationalen Ordnung gekennzeichnet ist. Dadurch wird ein Sicherheitsumfeld geschaffen, das komplexer und unbeständiger ist, als wir es in letzter Zeit erlebt haben… Zwischenstaatlicher strategischer Wettbewerb, nicht Terrorismus, ist jetzt das Hauptanliegen der nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten.“ Es geht also nicht um eine direkte, militärische Bedrohung durch China und Russland. (National Defense Strategy of the United States of America). Bedroht ist die wirtschaftliche, politische und militärische Hegemonialstellung der Ango-amerikanischen Elite durch das wirtschaftliche und militärische Erstarken Russlands und Chinas, die den US-Einfluss in Eurasien erodieren lassen.
Was bedeutet das für die USA? Der Plan, Eurasien zu vereinnahmen (Siehe: Zbigniew Brzezinski, Die Einzige Weltmacht, Amerikas Strategie der Vorherrschaft 1997), droht zu scheitern. Damit tritt an die Stelle des „Kriegs gegen den Terror“ (Synonym für die „Strategie Chaos“ von Rumsfeld und Cebrowski, siehe den Spatz letzter Woche) wieder “der Wettbewerb der Großmächte“. Zurzeit arbeitet der US-Kongress an einem Gesetz über weitere, neue Sanktionen gegen Russland. Laut US-Medienberichten will man unter anderem die Konten von „zwei oder mehr“ russischen Großbanken sperren. Gedacht wird an Russlands größte Banken, die Sberbank und die VTB Bank, auch die Außenhandel- und Entwicklungsbank VEB, die Rosselkhozbank und die Gazprombank stehen in der Schusslinie. Falls ihre „erodierte“ militärische Dominanz die US-Führung nicht mehr überzeugt und ihre Ultimaten und Sanktionen gegen Russland und China und die Länder, die mit diesen zusammenarbeiten wollen, nicht fruchten sollten, wie offensichtlich zurzeit in Venezuela zu beobachten, müssten sich die USA auf den Teil der Welt zurückziehen, den sie noch beherrschen, deren Führung ihnen – aus welchem Grund auch immer – noch folgt. Andernfalls wäre wohl ein dritter Weltkrieg mit einer traurigen Zukunft für alle die Folge.
Welchen Weg der Westen vorerst einschlagen will, ist nicht klar. Der Aufmarsch an Russlands Grenzen in Europa und die Spannungen im Südchinesischen Meer aber mehr noch die enormen Rüstungsanstrengungen der USA (für den nächsten Rüstungshaushalt, der nur einen Teil der tatsächlichen Rüstung abdeckt, werden 718 Mrd. USD veranschlagt) und die Forderung, ihre Auxiliar-Truppen der NATO durch die Vasallen hochrüsten zu lassen, stimmen alles andere als hoffnungsvoll. Zum Beispiel hat US-Vizepräsident Mike Pence – wie zuvor schon mehrmals Donald Trump – Deutschland am 3.4. öffentlich vor dem Nato-Außenministertreffen in Washington wegen der nach US-Auffassung zu geringen Verteidigungsausgaben und wegen der Zusammenarbeit mit Russland beim Pipeline-Projekt Nord Stream 2 scharf gerügt. Deutschland habe die stärkste Wirtschaft in Europa, weigere sich aber, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren, sagte Pence. Er kritisierte auch die Türkei wegen des Erwerbs der russischen S-400 Raketenabwehrsysteme. Auch die Medienhetze deutet leider in diese Richtung. Allein die anerkanntesten der Branche, Washington Post, New York Times, MSNBC und CNN widmeten „Russiagate“ im letzten Jahr zusammen 8.507 Artikel – fast 30 pro Tag – und endlose Sendezeit. (Auf der „online news website“ Grayzone vom 27.3.2019des vielfach ausgezeichneten Journalisten Max Blumenthal finden Sie eine lange aber noch unvollständige Liste der unsinnigsten jüngsten Vorwürfe gegen Russland.) Die Sachlage, was die Wirksamkeit von US-Rüstung und Sanktionen anbelangt, weisen allerdings in die andere Richtung wie jüngste Äußerungen von NATO-Generalsekretär, wenn sie ernst gemeint sein sollten. Jens Stoltenberg hatte am 3.4. vor dem US-Kongress gesagt: „„Wir wollen kein neues Wettrüsten, wir wollen keinen neuen Kalten Krieg. Ähnlich soll der US-Präsident laut Reuters lamentiert haben, dass „China, wir und Russland“ zu viel Geld für die Rüstung ausgeben, was anderswo sinnvoller einzusetzen wäre, China, wir und Russland.
Trotz der US- und EU-Sanktionen gegen Russland eröffnet Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zusammen mit dem Daimler-Chef Dieter Zetsche und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am 3.4. das erste Mercedes-Benz-Werk in Russland. Die über 250 Millionen Euro teure Investition für über 1000 Arbeitsplätze liegt im Jesipowo Industriepark nahe Moskau. Die Kapazität des nach Industrie 4.0 Standard ausgestatteten Werks hat eine geplante Jahreskapazität von 25.000 PKWs. Daimler eröffnet damit laut Zetsche ein „neues Kapitel in der Geschichte“ des Unternehmens in Russland. Altmaier will bei seinem 3. Russlandbesuch seit seinem Amtsantritt 2018 mit Putin über das Engagement der deutschen Wirtschaft in Russland sprechen, hieß es im Wirtschaftsministerium in Berlin mit. Auch seien weitere Gespräche mit russischen Regierungsvertretern geplant. Allerdings hat Angela Merkel Petro Poroschenko zu seinem Einzug in die zweite Runde der ukrainischen Präsidentenwahl gratuliert und das trotz seines großen Rückstand gegenüber Wladimir Selenski. Die Gratulation kommt einem Bekenntnis gleich.
Im Jahr 2016 hatte Präsident Putin auf dem Forum Valdai noch einmal an sein Projekt der „Erweiterten Eurasische Partnership“ erinnert, welche die „One Belt, one Road Initiativ“ (BRI) des chinesischen Präsidenten erweitern und ergänzen soll. Beide Initiativen umfassen einen wachsenden Teil der Welt. Den anderen hält Donald Trump, dem die Festigung der US-Binnenwirtschaft und der Zugriff auf die Länder, die sich seinen Ultimaten und Sanktionen fügen, gelungen zu sein scheint. Zuvor hatte er aber seinen Frieden mit der Ango-American Elite (hinter dem sogenannten „deep state“) machen müssen. Anzeichen für diesen „Frieden“ war bereits die Ernennung des Neo-Cons und Hauptorganisator der Iran-Contra Affäre von 1985, Elliott Abrams, zum Sonderbeauftragten für Venezuela und nun die Rücknahme der Anschuldigung gegen Trump durch den Sonderermittler und ehemaligen FBI-Direktor Robert Mueller (der das offizielle Narrativ des 9/11 Anschlags gebastelt und durchgedrückt hat), um den manipulativen Einfluss dieser Elite zu stärken.
Nach Völkerbund und der Organisation der Vereinten Nationen scheint nun die Aufteilung der Welt in zwei Zonen mit unterschiedlichen Rechtssystemen zu erfolgen: Die eine unter US-Vorherrschaft und Dollar-Diktat, die andere aus souveränen Staaten im Sinne der „Partnerschaft des erweiterten Eurasien“. Im Unterschied zum ersten Kalten Krieg, während dessen es schwierig war, von West nach Ost und umgekehrt zu reisen beiden Blöcke aber die Rechtsordnung der Vereinten Nationen akzeptierten, soll das neue geteilte Rechtssystem das Reisen nicht, wohl aber den Handel durch Sanktionen behindern. Ist das die „post-westliche Welt“, die der russische Außenminister, Sergei Lawrow, am 28.9.2018 auf dem Podium der Generalversammlung der Vereinten Nationen angedeutet hatte.
Zurzeit feiert der Westen das 70-Jahre Gründungsjubiläum der NATO, das Schutzbündnis des Westens gegen den Osten während des Kalten Kriegs. Nach Auflösung des Ostblocks und seines Warschauer Pakts wurde dieses umfunktioniert. Der neue Auftrag der NATO lautet zwar immer noch auf „Verteidigung“ versteht darunter aber die weltweite Durchsetzung der Vorherrschaft des westliche Systems der Hochfinanz. Dafür wurden spätestens seitdem von der UNO nicht gebilligten Angriff auf Jugoslawien am 24.3.1999 (auch ein denkwürdiges Jubiläum) mehrere Kriege oder im Neusprech „robuste Interventionen“ von NATO-Verbündeten getätigt. In diesem hatte sich besonders Deutschland mit seinem grünen Außenminister Joseph Fischer hervorgetan. Er verkaufte den Krieg seinen wenig kriegsbegeisterten Landsleuten unter der Losung „Nie wieder Auschwitz!“. Widerstandskämpfer und KZ-Überlebende urteilten wenig gehört: „Sich als Begründung für einen solchen Krieg auf Auschwitz zu berufen, ist infam.“ Selbst der frühere CIA-Agent Robert Baer verurteilte „solche unsachlichen Vergleiche.“ Olaf Scholz, damals Generalsekretär der SPD log, mit dem Militäreinsatz der Bundeswehr habe Deutschland bei der „Bekämpfung von Völkermord“ geholfen. Rote und Grüne stießen ins gleiche Horn, um den Aufträgen „ihrer Verbündeten“ und Wahlhelfer (unter der CDU hätte eine deutsche Kriegsbeteiligung wohl zu Aufständen eben dieser führen können) nachkommen zu können.
Brigadegeneral Heinz Loquai, von 1995 bis 1999 militärischer Berater bei der deutschen Vertretung der OSZE in Wien, verweist in seinem Buch „Der Kosovo-Konflikt – Wege in einen vermeidbaren Krieg“ auf „exzellente Berichte der deutschen Botschaft in Belgrad“, die der damaligen rot-grünen Medienhetze widersprachen. Das Auswärtigen Amt weigerte sich aber, diese „politisch sensitive Materie“ zu veröffentlichen. Man (der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Dr. Ludger Volmer) log also bewusst. Aber nicht nur der. Auch Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) behauptete: „Die militärischen Aktivitäten der NATO dienen einem politischen Ziel, nämlich der Abwendung einer humanitären Katastrophe beziehungsweise die Verhinderung ihres weiteren Anwachsens.“ Dagegen lautete der Lagebericht der OSZE-Mission vom 17.3.1999, eine Woche vor Kriegsbeginn: „Es gibt zurzeit keine so genannte humanitäre Katastrophe, und eine solche ist auch nicht zu erwarten, wenn die Hilfsmaßnahmen fortgesetzt werden.“ Und am 22.3.1999 besagte eine Lageanalyse des Amtes für Nachrichtenwesen der Bundeswehr: „Tendenzen zu ethnischen Säuberungen sind weiterhin nicht zu erkennen.“ Loquai wurde von Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) wegen seiner Kritik am Kosovokrieg und dessen offizieller verlogener Begründungen noch im März 1999 abgesetzt und pensioniert. Es erging ihm ähnlich wie dem Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen im Fall Chemnitz Nov. 2018 (von und mit der CDU/CSU, um nicht „einseitig“ zu sein). Wer beim Regierungs-Lügen nicht mitspielt, fliegt aus der Regierung. „Das war schon immer so!“ Aber muss man sich deshalb daran gewöhnen?
Der eigentliche Grund war ein anderer. Das sogenannte Rambouillet Agreement sah die Besetzung Jugoslawiens durch NATO Truppen vor, angeblich um die Durchführung der im Rambouillet Agreement zugestandenen Maßnahmen zu überwachen. Dem widersetzte sich die serbische Regierung in Jugoslawien und besiegelte damit ihr Ende. Im Kosovo gibt es nicht nur Bodenschätze, sondern seither auch NATO Stützpunkte. General Wesley Clark, der den Angriff leitete, gestand in seinem Buch von 2001: Waging Modern War: Bosnia, Kosovo, and the Future of Combat, dass die Vorbereitungen bereits im August 1998 abgeschlossen und der Angriff beschlossen war, und zwar unabhängig von dem Ergebnis der 1999 gestarteten Rambouillet Verhandlung.
Die serbische Presseagentur Tanjug veröffentliche a 25.3. eine Liste der jetzigen serbischen Regierung über die durch den NATO-Angriff verursachten Schäden. Danach wurden unter anderem über 2.500 Menschen, davon 1.500 Zivilisten, getötet, über 12.500 verwundet, 69 Schulen, 19 Kindergärten, 39 Krankenhäuser und 176 Kulturdenkmäler bombardiert, 25.000 Häuser und Wohnungen und ein Drittel der Kraftwerks-Kapazität zerstört usw. Das Ganze endete am 9. Juni mit dem Rückzug der serbischen Truppen aus dem Kosovo und dem Einmarsch von 37 000 Mann der KFOR (NATO), die die Abtrennung des Kosovo von Serbien im Jahr 2008 (ohne Volksabstimmung wie im Fall der Abtrennung der Krim und anderer ehemals russischer Gebiete von der Ukraine) vorbereitete.
Das erinnert an den alten Spruch Quod licet Jovi, non licet bovi. Nur blieb „bovi“ nicht der schwerfällige Ochse, der er einst war. Und das ist der einen Hoffnung, der anderen Trauma – man hat (jedenfalls theoretisch) die Wahl, sich entsprechend einzureihen.