Des einen Sinn, des anderen Unsinn
25. August 2017 von admin
Jemand stellte kürzlich einfache rhetorische Fragen wie: „Macht ein großflächiger Solarenergieausbau im sonnenarmen Deutschland überhaupt Sinn? Sind genderneutrale Toiletten wichtiger, als saubere? Warum soll Deutschland ungeprüft Immigranten ins Land lassen, obwohl andernorts zu geringeren Kosten mehr Menschen geholfen werden kann?“ Er wollte damit sagen: Das ist alles offensichtlich Unsinn. Warum wird der von der Wählerschaft nicht durchschaut? Weil der Unsinn so grotesk ist, dass niemand ihn – weil er von Regierung und Medien ausgeht – wie einen Geßlerhut als solchen erkennen will. Eine Regierung, von der das Leben der meisten irgendwie abhängt, kann nicht, darf nicht Unsinn im Sinn haben. Es muss also Sinn machen. Schließlich muss der Unsinn finanziert, dafür muss Geld bereitgestellt werden – und bei Geld hört bekanntlich der Spaß auf.
Früher und bei denen, die für Geld „hart arbeiten“ müssen, war das mit Geld sicher einmal so. Aber heute? Heute muss für Geld nicht mehr hart gearbeitet, müssen keine realen Werte geschaffen werden. Die Europäische Zentralbank kauft Wertpapiere, für die kein normaler Mensch mehr Geld ausgeben will, die also nichts mehr wert sind, vom Markt und gibt den Banken zu einem mehr oder weniger willkürlich festgelegten Preis dafür Geld. Das von der EZB ausgegebene Geld ist durch den so festgelegten, „fiktiven Wert“ dieser Papiere formal „gedeckt“, also auch buchhalterisch rechtens (wenn auch nicht werthaltig). Die Banken können mit dem erhaltenen Zentralbankgeld Kredite an Leute für Vorhaben ausgeben, von denen sie sich Geldgewinn versprechen, und von denen die Banken erwarten, dass sie den Kredit bedienen können. So einfach und doch so kompliziert!
Auf dem realen Gütermarkt lassen sich bei gegebener Besitz-Konzentration durch zusätzliche Produktion kaum Geldgewinne erhoffen – im Gegenteil. Denn auf dem Markt sind (wenn kein neues Geld von außen eingeschossen wird) die Erlöse des einen genau gleich den Kosten des anderen. Geldgewinne gibt es nur aus Verlusten (Kosten) anderer. Wenn die „anderen“ nur noch überschaubar wenige sind, macht der ruinöse Wettbewerb keinen Spaß. Warum also sollten die wenigen Großeigentümer noch in ihre vielfältigen Unternehmen, an denen sie beteiligt sind, investieren, wenn nur mehr Knappheit höhere Preise versprechen. Man weiß auf den Pfennig genau, was alle abhängig Beschäftigten verdienen. Wirtschaftlich denken hieße, diese Verdienste mit dem geringst möglichen Aufwand zu erlösen. Geringster Aufwand heißt aber Kosten senken bei Anlagen, Löhnen, Rohstoffen. Kostensenken heißt aber auch die zukünftigen Erlöse der anderen senken usw. Geldgewinne gibt es nur, wenn neue Käufer mit neuem Geld auf dem Markt erscheinen. Aber Käufer kaufen nur, wenn sie sich davon entweder ihren Lebensunterhalt oder zusätzliche Gewinnmöglichkeiten mit dem Gekauften versprechen. So etwas versprachen früher einmal neue, gegenüber den Mitbewerbern verbesserte, effektivere Investitionsgüter und Rohstoffe. Spätestens ab den Reaganomics der frühen 1980er Jahren versprachen in erster Linie Wertpapiere Gewinn, weil die üppige, zahlungsfähige Nachfrage aus nicht mehr reinvestierten Gewinnen deren Wertzuwachs versprachen. Doch diese Rallye scheint (abgesehen bei für dumm verkauften Nachzüglern oder Insidern) spätestens seit 2007/8 angesichts der Masse an inzwischen umlaufenden (fiktiven, derivaten) Wertpapieren an ihr Ende zu gelangen. Mit den Gewinnaussichten schwindet die zahlungsbereite Käuferschaft. Doch ohne Aussicht auf Geldgewinn funktioniert das ganze System nicht, verschwinden auch die Verdienstmöglichkeiten der Lohnabhängigen und das Brot aus den Regalen der Bäcker. Gewinnmöglichkeiten müssen her! Aber wie?
Dafür sorgt inzwischen die Regierung als Käufer „of last resort“ mit dem (Kredit-)Geld der Steuerzahler. Doch Steuern werden aus Geldgewinnen und Löhnen abgezweigt. Was, wenn die immer spärlicher fließen? Löst sich mit dieser Bemerkung der gezeigte Albtraum etwa auf? Denn laut Medien fließen die Steuern sogar üppig zu Herrn Schäuble nach Berlin. Das mag momentan gerade noch stimmen, weil das altmodische Deutschland zurzeit wieder einmal viele Anlagengüter vorwiegend nach Ostasien exportiert, weil Ostasien andererseits viele Gebrauchsgüter (notfalls auch Sonnenpaneele oder genderneutrale Toiletten) an die Welt verkauft, weil und solange damit dort noch Geld zu holen ist. Wie lange noch? Bis die Zentralbanken annähernd alle fiktiven Werte (also nicht mehr einlösbare Zahlungsversprechen, sogenannte Finanzprodukte), die seit den 1980er Jahren dank guter Werbung massenhaft den Markt überschwemmt haben, aufgekauft haben, und danach? Dann liefert die Zentralbank eben „ungedecktes“ Geld, das nicht weniger werthaltig wäre, als das mit fiktiven Werten gedeckte. Und wer bekommt dieses Geld? Wenn es – wie behauptet – neutral zugehen sollte (man muss daran glauben), dann bekommt das Geld die Regierung, möglichst eine globalisierte. Die sorgt dafür, dass aus diesem Geld eine zahlungsfähige Nachfrage nach irgendetwas, das Gewinn verspricht, entsteht, um das System am Laufen zu halten.
Gewinn verspricht etwas, wofür Leute „Leistungen“ erbringen wollen, weil sie sich davon ihren Lebensunterhalt oder Gewinne versprechen. Beim Lebensunterhalt sind das sehr viele Menschen, doch stellen sie im System ausschließlich Kosten dar, die nach Möglichkeit wirtschaftlich vermieden werden. Woher also soll dann eine systemerhaltende, weitere Gewinn versprechende, zahlungsfähige Nachfrage kommen? Von der Regierung – logisch. Die kaufte damit sinnvoller Weise Sozialhilfeleistungen und Infrastruktur aber nur in einem den systemischen Wettbewerb nicht gefährdenden Rahmen (der – wie gezeigt – laufend schrumpft). Doch wenn und weil dies nicht mehr ausreicht, um das System zu erhalten, kauft sie nun Dinge, die systembedingt der Wirtschaft auf dem Markt keine Konkurrenz machen dürfen. Das sind dann Arbeitsplätze für „fiktive“ Arbeitskräfte, für Leute, die zwar für Lohn arbeiten, aber nichts Brauchbares und nur Dinge herstellen und auf den Markt bringen dürfen, für die es eigentlich keinen Markt gibt, darunter sind dann auch „fiktive“ Produktionsmittel, die sich nicht wirtschaftlich gewinnbringend verwerten lassen. Das heißt dieses neue Geld fließt in eine „fiktive“ Wirtschaft, die keinem dient, sondern Unsinn produziert. Die Regierung finanziert den Unsinn, der vor dem Wahlpublikum entsprechend der im eingeredeten Wünsche gerechtfertigt wird: Energiewende zum Beispiel, oder Solarpaneele, Elektroautos, genderneutrale Toiletten und was den Werbe-Experten dazu so einfällt. Aber muss nicht auch Unsinn systembedingt „finanziert“ werden. Was heißt das, und wo ist da ein Problem, wenn das Geld einfach so geschöpft wird?
Die Zentralbank „schöpft“ das Geld und stellt es der Regierung soweit für den Systemerhalt nötig zur Verfügung? Wenn es für diesen Zweck ausgegeben wurde, verschwindet es nicht einfach. Es sammelt sich bei Menschen, die damit wieder Gewinn erwirtschaften wollen aber nicht mehr sehen, wo und wie das geschehen kann. Sie legen es letztlich in Werten auf Vorrat an, bis sich wieder Gewinnmöglichkeiten zeigen. Wenn sich Papiere und Geld (inflationsbedingt) nicht mehr als wertbeständig erweisen, dann werden sie alles kaufen, was irgendwie Wertbestand verspricht, Metallgold, Betongold (Ihr Häuschen z.B.), Rolex-Uhren oder relativ haltbare Lebensmittel (seltener Whisky oder auch Getreide, denn essen und trinken will/muss jeder). Wenn es dazu kommt, galoppiert die Inflation und sprengt das System. Natürlich ist das hier übersimplifiziert dargestellt. Denn alles ist viel, viel komplizierter, es ist nach Möglichkeit der Experten so kompliziert, dass man sich nicht erst die Mühe machen muss, es durchschauen zu wollen. Davon leben die Regierenden, ihre „Experten“ und ihr System der Warenwirtschaft.
Vor dem Durchschauen kommt beim Einzelnen erst schwach dann immer stärker eine Ahnung auf. Wenn die zu dämmern beginnt, stellt sich Wut ein. Wer lässt sich schon gerne verschaukeln? Wut (auch „Ent-Rüstung“) macht blind und blinde Leute brauchen „Führung“. Die Regierung führt gerne oder lässt auch manchmal führen. Die aufkommende Wut richtet sich gegen das System, das die Regierung erhalten will/ oder zu müssen glaubt (wegen der Geldmacht in ihrem Rücken). Wohin also mit der Wut der Bürger? Aus sozialphysikalischen Gesetzen eignen sich dazu mindestens zwei Lager, die sich gegenseitig neutralisieren, siehe Charlottesville in den USA. Bei uns z.B. Antifa-Linke und Fa-Rechte, oder Terroristen und Militär auf globalisierter Ebene. Sie halten das für überspitzt? Nun denn:
Am 21.8. hat US-Präsident Donald Trump in Fort Myer bei Washington seine „neue Strategie“ zur Lösung des Afghanistan-Problems vorgelegt. Es ist das seit spätestens 2001 alte Lied: Mehr Soldaten gegen mehr Terroristen. Und die Reaktion der Betroffenen wird sein: Mehr Terroristen gegen mehr Soldaten. Jeder spektakuläre, angeblich „bedauerliche“ Kollateralschaden sorgt für mehr Terroristen und deren Tätigkeit wiederum für mehr Bereitschaft noch mehr Soldaten zur Abschreckung („Shock and Awe“, also zum Terrorisieren) ins Feld zu schicken. Sie meinen, so etwas zu behaupten sei „zynisch“. Vielleicht ist es das auch.
Der „Krieg dem Terror“ nach dem äußerst fragwürdigen 9/11 Anschlag in New York dauert nun schon 16 Jahre. Es ist der längste Krieg in der Geschichte der USA. Wurde er geführt, um zu einem Ende, zu Frieden und Zusammenarbeit zu gelangen? Kabul wurde schon vor 16 Jahren genommen und die Taliban-Regierung gestürzt. Die US-Truppen waren damals 100.000 Mann stark, doch die Taliban wurden nicht überwunden und Frieden ist nicht eingekehrt. Jetzt sollen zusätzlich zu den 8.500 dort verbliebenen US-Soldaten 4.000 weitere nach Afghanistan geschickt werden. Das dürfte weder am Kräfteverhältnis noch am Verlauf des Krieges etwas ändern.
Schon die Gründe, mit denen der Nahostkrieg von der NATO (also inklusive Deutschland) begonnen wurde, waren dubios. Das gilt für den Krieg in Afghanistan, wo man den Taliban, die Anschlägen von 9/11 ohne den geringsten Beweis in die Schuhe geschoben hat, für den Irak, dem man neben den unauffindbaren Massenvernichtungswaffen eine Unterstützung für die Anschläge von 9/11 ohne jeden Beweis angehängt hat, für Libyen, dessen Regierung man ohne Beweis die Bombardierung des eigenes Volkes vorwarf (das es angeblich zu „retten“ galt). Doch erst nach der Ermordung Gaddafis durch die NATO-Verbündeten ging der Krieg dort erst richtig mörderisch los, für Syrien, als man aus Präsident Assad einen Diktator und neuen Hitler machte, weil der sich nach allerlei missglückten Putschversuchen von den USA ab und Russland zugewandt hatte. Keiner dieser Regime Changes hat Frieden gebracht. Die Kriege, die Zerstörung der Institutionen der Länder, der Gesellschaft, werden fortgesetzt, sowohl in Tunesien, in Libyen, in Ägypten (Sinai), in Palästina, im Libanon (Ain al-Hilweh und Ras Baal Beck), in Syrien, im Irak, in Saudi Arabien (Qatif), in Bahrain, Jemen, in der Türkei (Diyarbakır) und in Afghanistan. Und damit geht die Rekrutierung von Terroristen durch sogenannte Kollateralschäden einher (und die Vertreibung von Flüchtlingen zur Destabilisierung Europas). Ist das nur hochmütiger Unfähigkeit oder Dummheit zu verdanken und zwar seit 16 langen Jahren? Oder ist das eine bösartigere Variante des oben „nur abstrakt theoretisch“ abgeleiteten „Unsinns“? „Unmöglich!“ werden Sie sagen, „der Westen doch nicht.“
Noch einmal: Seit 16 Jahren sind die Lebensbedingungen der afghanischen Bevölkerung jeden Tag schrecklicher und gefährlicher geworden. Ein angeblicher Wiederaufbau des Staates fand nicht statt, die dafür angeblich versprochenen Gelder kamen nie an, sondern versickerten ungeklärt in der Umgebung des Pentagon. Die Präsenz der NATO-Truppen hat weder das Leben der Afghanen noch der Libyer noch dasjenige im gesamten Nahen Osten verbessert, sondern immer nur drastisch verschlechtert. Die NATO-Truppen haben Chaos geschaffen, vertieft und ausgeweitet. Und jetzt geht es in Venezuela los und wird sich nicht auf dieses Land beschränken lassen. In Afrika südlich der Sahara tobt das gleiche Spiel, nur – von einzelnen Schrecklichkeiten der Boko Haram abgesehen – wird es von den Medien weniger propagandistisch ausgeschlachtet. Welcher systemrelevante „Sinn“ könnte dahinter stecken?
Der Spatz von letzter Woche hat Thierry Meyssan zitiert, der gestützt auf die Theorie des Zöglings von US-Admiral Arthur K. Cebrowski, Thomas M.P. Barnett, in dem Geschehen System und Absicht erkennt. Kurz: Die Vereinigten Staaten versuchen die Weltrohstoffe zu monopolisieren, in dem sie diese für alle stabilen Gesellschaften (G7 und deren Verbündete) nur unter dem Schutz der US-Streitkräfte, der natürlich einen Preis hat, zugänglich machen. Zu diesem Zweck werden alle übrigen Staaten zerstört und in das Chaos gestürzt, in dem nur US-Militär schützen kann. Erschreckend, aber so steht es in den Plänen und daraufhin deuten die „Fakten“. Wird Russland, China und möglicherweise Japan sich dem beugen? Der Zweifel daran trieb die Russlandhetze der letzten Jahre an.
Es gibt mehr hoffnungsvolle Perspektiven als das „Neue Seidenstraße Projekt“ der chinesischen und russischen Regierung. Am 27.06.2017 traf auf den von Russland 1945/6 im Krieg gegen Japan annektierten und seitdem aus angeblich viel älteren „Rechten“ wechselseitig beanspruchten Kurilen-Inseln die erste Business-Mission aus Japan ein. Sie bestand aus 69 Mitgliedern, 37 Regierungsbeamter und 32 Vertreter von Privatfirmen. „Die Gruppe leitet(e) der Sonderberater des japanischen Premierministers, Eiichi Hasegawa. In den nächsten fünf Tagen wird sie die Inseln Kunaschir, Iturup und Schikotan besuchen“, hieß es in dem Pressebericht der russischen Oblast Sachalin. Auf den Kurilen-Inseln wollen die Japaner Möglichkeiten für die gemeinsame Wirtschaftstätigkeit studieren, die Russlands Präsident Wladimir Putin und Japans Premier Shinzo Abe am 16.12.16 vereinbart hatten. Dies war schon die zweite japanische Delegation. Eine andere soll schon die Insel Sachalin besucht haben, um Projekte in den Bereichen Landwirtschaft, Fischfang, Tourismus, Energiewirtschaft, Medizin und Müllverarbeitung zu erörtern. „Unseres Erachtens muss dieses Geschichts-Ping-Pong um die Territorien eingestellt werden und letztlich klar werden, dass die grundlegenden Interessen Japans und Russlands eine endgültige und langfristige Regelung erfordern, darum geht es“, erklärte Putin bei dem gemeinsamen Treffen mit Abe und weiter: „Japan hat 70 Jahre ohne tiefgreifende Zusammenarbeit mit Russland gelebt, und wir auch. Können wir so weiterleben? Wir könnten es. Aber wäre das richtig? Nein, es wäre falsch. Wenn wir die Anstrengungen vereinen, wird die Wettbewerbsfähigkeit unserer Länder und Volkswirtschaften um ein Mehrfaches wachsen.“
Am 23.8. hat sich Russlands Premierminister Dmitri Medwedew für die Schaffung eines Territoriums mit beschleunigter sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung auf den Südkurilen ausgesprochen. Am gleichen 23.8. hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede zum 78. Jahrestag des Hitler-Stalin-Pakts in Tallinn (Estland) Moskau vor einer Eskalation in den Beziehungen zum Westen gewarnt. Der eine oder andere Sinn!
1 Reaktion zu “Des einen Sinn, des anderen Unsinn”
Orwell : Propaganda dient der Entmutigung