… kann der Bravste nicht in Frieden leben.
12. Januar 2018 von admin
Dass in der Nacht zum 6.1.(zum russisch-orthodoxen Weihnachtsfest) zehn Angriffsdrohnen, die sich dem russischen Stützpunkt Hmeimim annäherten, und drei Drohnen, die es auf die Versorgungsstelle in Tartus abgesehen hatten, abgeschossen beziehungsweise abgefangen wurden, erwähnte sogar die FAZ am 10.1. anhand der Darstellung des Pentagons. Die (im Internet abgebildeten) Flugapparate sahen äußerlich zusammengebastelt aus, seien aber mit fabrikmäßig hergestellten hochkomplexen Kampfmodulen ausgestattet gewesen.
„Durch die Entschlüsselung der Daten der abgefangenen Drohnen konnte deren Startort genau ermittelt werden“, meldete das russische Verteidigungsministerium ohne Beschuldigungen auszusprechen. Doch seien die Drahtzieher inzwischen bekannt, sagte der russische Präsident Putin am 11.1. Medienvertretern, und dass es eindeutig nicht die Türkei gewesen sei, wie einige vermutet hatten. Ermittelt wurde, dass die Drohnen aus einer Entfernung von rund 100 Kilometer anhand von GPS-Koordinaten mit einem einprogrammierten und gegen Störung gehärteten Angriffsprogramm gesteuert wurden, und: „Die ingenieurtechnischen Lösungen, die die Terroristen bei den Attacken auf die russischen Objekte in Syrien angewendet haben, können nur aus einem der Länder stammen, die über hohe technologische Möglichkeiten der Sattelitennavigation und der Fernsteuerung beim Abwurf von professionell gefertigten Sprengvorrichtungen nach vorgegebenen Koordinaten verfügen.“ Russische Fachleute haben Typ und Herkunft der Sprengstoffe sowie die Kanäle für die Lieferung der Technologien an die Terroristen in Syrien ermittelt. Nicht die russische Regierung, wohl aber der Vizevorsitzende des Verteidigungsausschusses im russisches Föderationsrat, Franz Klinzewitsch meinte: „Ich behaupte weiterhin, dass die ganze Sache nicht ohne eine Beteiligung der US-Geheimdienste ausgekommen ist.“ Denn zum Zeitpunkt des Angriffs auf die russischen Stützpunkte sei in der Nähe ein US-Aufklärungsflugzeug vom Typ Poseidon geortet worden, das von einem britischen Stützpunkt auf Zypern aus gestartet war. Verursacher könnten also auch andere NATO-Partner oder Israel gewesen sein.
Am 9.1. zeigte sich das US-Pentagon wegen des Vorfalls “concerned”. Der Sprecher des Pentagon, Major Adrian Rankin-Galloway wies allerdings nachdrücklich darauf hin, dass “those devices and technologies can easily be obtained in the open market” (dass solche Geräte und Techniken leicht auf dem Markt zu haben) und bereits früher vom IS benutzt worden seien (wofür er –wie in den USA inzwischen üblich – keinen Beleg vorlegen konnte). Dafür ist am gleichen Tag, dem 9.1. (wie schon am 1. und 7.1.) eine schwere strategische US-Aufklärungsdrohne RQ-4A Global Hawk 9 mehrere Stunden lang über der Frontlinie zwischen der Ukraine und den selbsterklärten Volkrepubliken Donezk und Lugansk beobachtet worden. Die Drohne mit der Kennung 122050 sei vom Militärflugplatz Sigonella auf Sizilien gestartet, und soll auch tief in die russischen Gebiete Belgorod, Woronesch und Rostow hineingespäht haben. Dieser Drohnentyp war 2004 von der US-Luftwaffe in den Dienst gestellt worden. Mit ihrem Turbofan-Triebwerk kann sie 30 Stunden lang in einer Höhe von bis 18 Km patrouillieren und mit ihren Sensoren Daten sammeln.
Im Wahlkampf hatte Donald Trump als seinen außenpolitisch wichtigsten Punkt (wie auch sein republikanischer Gegenspieler Ted Cruz), die Vernichtung des “radical Islamic terrorism” genannt. Doch am 31.12.2017 entdeckte der US-Hiostoriker Eric Zuesse, dass die russische Regierung am 27.12. dem US-Militär vorgeworfen hatte, die ISIS Terroristen im Kampf gegen Syriens Regierung unterstützt, trainiert und bei der Flucht aus Raqqa geschützt zu haben. Die US-Streitkräfte haben “effectively” ihren Militärstützpunkt bei der Stadt al-Tanf im Südosten Syrias in ein Trainingslager für Terroristen verwandelt“ schrieb er mit Bezug auf einen Artikel der Komsomolskaya Pravda daily vom 29.12, der auf Daten russischer Satelliten und sonstiger Überwachung basierte. Zuvor (am 13.11.) hatte BBC unter der Überschrift “Raqqa’s Dirty Secret“ aufgrund eigener Recherchen Details über ein geheimes Abkommen berichtet, wonach Hunderte von IS Kämpfern mit ihren Familien unter dem Schirm britischer und amerikanischer Truppen von Raqqa evakuiert worden seien. Ein LKW-Fahrer hatte z.B. der BBC erzählt: “Wir holten etwa 4.000 Leute einschließlich Frauen und Kinder heraus.“ Ein anderer LKW-Fahrer wurde zitiert mit: “Die IS Kämpfer nahmen alles, was sie tragen konnten, mit. 10 LKWs wurden mit Waffen und Munition beladen.“ Der Krieg gegen Assad must go on. Schon in der Januar 2016 Ausgabe von Harper’s hatte Andrew Cockburn den bemerkenswerten Artikel: “A Special Relationship: The United States is teaming up with Al Qaeda, again” (Eine Sonderbeziehung: Die USA haben sich wieder mit Al Qaeda zusammengetan) veröffentlicht.
Anders sieht es „der Westen“. Dieser wolle ein besseres Verhältnis zu Moskau, aber leider will Russland das nicht, klagte Wolfgang Ischinger, der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, in seinem Interview in der Januar-Februar 2018 Ausgabe der Zeitschrift Internationale Politik“ (IP) der „Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik“ (DGAP): Denn „eine möglichst konfliktfreie Beziehung zu Russland herzustellen, sei Teil l. der deutschen Staatsräson“ und das „stärker als bei den Partnern“. Dass es zur gegenwärtigen Krise gekommen sei, dafür sei Russland verantwortlich. Bereits die Rede von Russlands Präsident Wladimir Putin auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007mit dem Titel „Globale Krisen – globale Verantwortung“ sei dafür symptomatisch gewesen.
Doch was hatte sich Putin in München zu sagen unterstanden? „Eine monopolare Welt ist nicht nur ungeeignet, sondern überhaupt unmöglich.“ Und weiter: „Heute beobachten wir eine fast unbegrenzte, hypertrophierte Anwendung von Gewalt – militärischer Gewalt – in den internationalen Beziehungen“ und dies „als Folge der Versuche, eine Konzeption der monopolaren Welt in der Welt einzuführen.“ „Einseitige, oft nicht legitime Handlungen haben nicht ein einziges Problem gelöst… „Vielmehr waren sie Ausgangspunkt neuer menschlicher Tragödien und Spannungsherde… „Wir sehen eine immer stärkere Nichtbeachtung grundlegender Prinzipien des Völkerrechts… „Mehr noch – bestimmte Normen, ja eigentlich fast das gesamte Rechtssystem von Staaten, vor allem der Vereinigten Staaten, hat deren Begrenzungen in allen Bereichen überschritten, und wird sowohl in der Wirtschaft, der Politik und im humanitären Bereich anderen Staaten übergestülpt… „Nun, wem gefällt das schon? Es besteht kein Zweifel, dass das wirtschaftliche Potenzial neuer Wachstumszentren auf der Welt unausweichlich auch in politischen Einfluss umschlägt und die Multipolarität stärkt.“ Das waren erstaunlich weitsichtige Bemerkungen, die allerdings einem Verfechter der monopolaren US-Weltherrschaftsfantasie wenig ins Zeug passt.
Dann erwähnte Ischinger den Krieg in Georgien von 2008 als Hinweis darauf, „dass eine neue Epoche in den West-Ost-Beziehungen angebrochen war.“ Dass damals russischen Truppen einen Angriff Georgiens auf die Republik Südossetien aufgrund internationaler Abkommen und mit einem international vereinbarten Mandat abgewehrt hatten, spielt für den deutschen Chef der Sicherheitskonferenz keine Rolle. Russland handelte damals „rechtskonform“, wie der (2006 pensionierte) Politologe und ehemalige Wissenschaftliche Direktor des Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik IFSH in Hamburg, Reinhard Mutz 2014 in den „Blätter für deutsche und internationale Politik“ festgestellt hat. Aus Ischingers Sicht hat Putin 2008 „umgeschaltet“ und das westliche Angebot einer „Modernisierungspartnerschaft aus einer ganzen Reihe von Gründen ausgeschlagen“.
Schließlich habe Russland „2014 mit der Annexion der Krim“ eine neue Ära eingeläutet und „plötzlich“ den Glauben zerstört, „dass wir mit der Charta von Paris 1990 dauerhafte, nachhaltig wirksame, verlässliche Strukturen für die euro-atlantische Gemeinschaft geschaffen hatten, an die sich alle halten würden.“ „Es hat sich nicht um eine Annexion gehandelt“ wusste sogar die FAZ am 8.4.2014 mit Bezug auf den „Rechtswissenschaftler Reinhard Merkel“. „Annexion“ heißt im Völkerrecht die gewaltsame Aneignung von Land gegen den Willen des Staates. Bei der Abkopplung der Krim von der Ukraine und dem Anschluss an Russland war kein Schuss gefallen, gab es – im Unterschied zur vom Westen unterstützen Trennung des Kosovo von Serbien – keine Toten. Allenfalls haben die Wähler der Krim gegen die Verfassung der Ukraine verstoßen, aber kein Völkerrecht verletzt. Es handelte sich vielmehr „um eine Sezession, die Erklärung der staatlichen Unabhängigkeit, bestätigt von einem Referendum, das die Abspaltung von der Ukraine billigte“ und das nicht einmal von der westlichen OECD angezweifelt worden war. Weiß das der Jurist und Diplomat Ischinger nicht, oder darf er es aus westlicher Staatraison oder wegen westlicher Scheuklappen nicht wissen?
Was die „Charta für ein Neues Europa“ von Paris betrifft, so hatte Ischingers Vorgänger im Amt, Horst Teltschik, neben anderen Politikern und Diplomaten am 4.12.2017 bei den Schlüterhof-Gesprächen im Deutschen Historischen Museum festgestellt, es sei die westliche Seite gewesen, welche sich nicht an die 1990 vereinbarten Maßnahmen zur gemeinsamen Sicherheit mit Russland und den anderen osteuropäischen Staaten gehalten habe, etwa hinsichtlich der Osterweiterung (http://das-blaettchen.de/2017/12/russland-und-deutschland-was-laeuft-schief-seit-der-deutschen-einheit-42315.html). Schließlich machte Ischinger Russland noch für die Flüchtlingskrise verantwortlich, denn sie sei nicht etwa die Folge westlicher Gewaltanwendung im Nahen Osten seit 2001, sondern „letztlich eine Folge der russischen Intervention in der Ukraine und in Syrien.“ Ja, jammerte Ischinger, man hätte so gerne wieder gute Beziehungen zu Russland, „aber die andere Seite muss es auch wollen, und im Augenblick will sie nicht. Sie will jedenfalls nicht dorthin zurück, wo Putin mit seiner Bundestagsrede 2001 war, als er sagte: ‚Ich will nach Westen, ich will zu euch.‘ Das ist gescheitert – jedenfalls vorerst.“ Wie beim Großen Bruder tragen auch bei Ischinger immer nur die anderen die Schuld – die anderen, die sich nicht wie unsere Fake-Politiker willen- und geistlos dem Großen Bruder anbiedern wollen.
Es geht bei Ischingers Aussagen um mehr, jedenfalls wenn man sie in den Zusammenhang mit dem „Arbeitspapier Sicherheitspolitik Nr. 27 Herausforderung Russland, Worin sie besteht und wie darauf zu reagieren ist“ von Marek Menkiszak von der Bundesakademie für Sicherheitspolitik vom November 2017 bringt. Dort liest man unter anderem: „Wir sollten uns nicht der Illusion hingeben bzw. den Eindruck aufkommen lassen, dass der derzeitige Konflikt mit Russland von vorübergehender Dauer sei und wir in absehbarer Zeit wieder zur Normalität zurückkehren könnten. Vielmehr sollten wir uns an diesen Konfliktzustand gewöhnen.“ Wie gewöhnt man sich an so etwas – etwa mit Truppenverlegung an die russische Grenze, wie unter Trumpf veranlasst, und mit Aufrüstung, wie unsere geschäftsführende Regierung es plant.
Nicht nur die Vorgänge um den Berliner Flughafen BER sind Symbol für die Politkaste in Deutschland – ein Schauspiel der Unfähigkeit.