Zeiten ändern sich nicht folgenlos
7. September 2018 von admin
80 Jahre Entwicklungspolitik des Westens haben dafür gesorgt, dass, wer es noch schafft, Afrika fluchtartig verlässt, um im „reichen“ Westen sein Überleben zu sichern. Sie bringen die ihnen aufgenötigte Erfahrungen mit: Den Kampf ums Überleben, wenn es sein muss, bis auf‘s Messer. Wohin sind aber all die Milliarden Entwicklungshilfe geflossen? Hatte bis 1974 bisher die Investitionspolitik des Westens eine gewisse industrielle Entwicklung der unterentwickelten Länder bewirkt, so trat offiziell am 26.11.1975 mit der Annahme des National Security Decision Memorandum (NSDM) 314 als US-Politikrichtlinie die Bevölkerungskontrolle an deren Stelle. Noch wurde „investiert“ aber ab nun vorwiegend in „unsinnige“ Projekte wie überdimensionierte Flughäfen oder Talsperren, deren Boden kein Wasser halten kann, und Ähnliches. Das war Absicht. John Perkins hat das in seinem Buch Confessions of an Economic Hit Man bei Berrett & Koehler, San Franzisco 2004 sehr eindringlich aus eigener Erfahrung beschrieben. Als auf diese Weise die Verschuldung der Entwicklungsländer gesichert war, flossen die Entwicklungsgelder der Staaten vorwiegend zurück an die privaten Banken, um fällige Zinszahlungen zu decken. Daneben hat die eine oder andere Hilfsorganisation lobenswerter Weise da und dort einen Brunnen gegraben oder ein paar Solar-Herde zum Kochen bereitgestellt.
China ist erst seit 2009 Handelspartner afrikanischer Länder. Die Chinesen investieren tatsächlich in die Güterproduktion, und zwar bereits 100 Milliarden Dollar. Irene Yuan Sun (von McKinsey & Company’s research) The Next Factory of the World: How Chinese Investment Is Reshaping Africa 224 S. Harvard Business Review Press 2017) berichtet unter anderem, dass Industrieprojekte des Fonds für Entwicklung China-Afrika im letzten Jahr bereits 11.000 Lkws, 300.000 Klimaanlagen, 540.000 Kühlschränke, 390.000 Fernseher und 1,6 Millionen Tonnen Zement – für den afrikanischen Markt, für China und für Drittländer hergestellt haben. Aufgrund der chinesischen Initiative gibt es in Afrika bereits 100 noch in Bau befindliche oder schon fertiggestellte Industrie-Parks. Etwa 40 Prozent sind bereits in Betrieb. Im letzten Jahr haben die Chinesen laut Irene Sun neben anderen Infrastrukturbauten, 34 thermische Großkraftwerke, zehn große und rund 1000 kleinere Wasserkraftwerke in Betrieb genommen. Das seien rentable Projekte. Die gespendete „Afrika-Hilfe“ Chinas habe bisher nicht nur zahlreiche komplette „Medizinische Stationen“ eingerichtet, sondern auch 200.000 Technikern vor Ort und von 40.000 afrikanischer Spezialisten in China ausgebildet. China scheint sein eigenes Entwicklungsbeispiel in Afrika wiederholen zu wollen und strebt eine Fusion des neuen, industriellen Afrikas mit der globalen chinesischen Wirtschaft an. Mit einem Handelsvolumen von zuletzt 170 Milliarden US-Dollar hat China sowohl die USA als auch die alte Kolonialmacht Frankreich als wichtigste Handelspartner des Kontinents hinter sich gelassen.
Präsident Xi Jinping hat am 3.9. zum Auftakt des China-Afrika-Gipfels in Peking zugesagt, über das Geleistete hinaus den Staaten Afrikas mit weiteren 60 Milliarden US-Dollar (51,7 Mrd. Euro) beistehen zu wollen. Das Geld soll in Form von staatlicher Unterstützung sowie Investitionen und Krediten durch chinesische Unternehmen und Banken bereitgestellt werden. Auch sollen, nach Xi‘s Worten, einige Länder von ausstehenden Schulden befreit werden: „Wir begrüßen Afrika im Expresszug der chinesischen Entwicklung“, sagte er vor Dutzenden Staats- und Regierungschefs aus afrikanischen Staaten in Pekings Großer Halle des Volkes (laut dpa). Auf diese Weise findet China eine produktive Nutzung seiner über Jahre angehäuften Dollarbestände, ehe sie sich vielleicht in das auflösen, woraus sie von der Federal Reserve Bank einmal „geschöpft“ worden sind. Die Industrie-Produktion Chinas liege derzeit bei 165 Prozent der US-amerikanischen. Insgesamt produziere China fast so viel Industriegütern wie die USA, Japan und Deutschland zusammengerechnet. Nur bei den Finanzdienstleistungen und Ähnlichem kann China nicht mit dem Westen mithalten.
Ob die chinesische Afrikapolitik Frau Merkels jüngste Reise und Heiko Maasens Millionen Versprechungen als letzte Rettung davor ausgelöst hat? Trump und entsprechende Vertreter des Westens aus Frankreich oder England werden dort kaum noch Gehör finden, sich allenfalls, wie bisher schon, korrupte „Führer“ kaufen können. Doch Chinas Einfluss reicht weiter. Die Direktinvestitionen in die europäische Wirtschaft in den letzten acht Jahren betrugen schon über 100 Milliarden US-Dollar und sorgen in manchem Betrieb, dass dort die Lichter nicht ausgehen. Der chinesischen Milliardär Li Shufu hält z.B. fast zehn Prozent des Daimler-Konzerns. China folgt dem daoistischen Grundsatz, wonach Flexibilität der groben Kraft überlegen ist. Im Gegensatz zum Westen – mit seinen Regimen Changes, Farbrevolutionen, Militärinterventionen und ferngesteuerten Terroristen – agiert China ausschließlich auf friedlichem Weg und mischt sich nicht in die internen Verhältnisse anderer Länder ein. Diese „geschmeidige“ Expansion hat es China ermöglicht, seinen Einfluss auf allen Kontinenten auszuweiten.
Das macht der westlichen Führungsmacht und ihren Vasallen inzwischen Angst. US-Präsident Trump haut mit Sanktionen dazwischen und versucht die USA – wie ein Entwicklungsland – mit Schutzzöllen gegen die Konkurrenz zu schützen, die US-Unternehmen auf der Suche nach billigsten Arbeitskräften hochgezogen hat. Gleichzeitig versucht er seine “Verbündeten” aus dem Markt zu drängen, indem er ihnen durch die US-Kriegspolitik Unmengen von Flüchtlingen ins Land treibt. Gleichzeitig versucht er mit Finanzspekulationen kurzfristig den Dollar aufzupeppen, um die Nachfrage nach Dollar und die Schuldenlast der Schuldner hochzuhalten. Alastair Macleod vom neoliberalen Mises Institute nennt es eine kurzfristige und vergebliche Strategie, denn sie erleichtern es China und Russland andere Länder für ihre Kampagne der Ent-Dollarisierung und des Handels in eigener Währung zu gewinnen.
Die Gründung der „Shanghai Futures Exchange“ könnte der Beginn für das Ende des Dollar-Imperiums sein. Zwar vertrauen die Finanzmärkte noch darauf, dass China nicht am Dollar rütteln werden, weil es damit seinen enormen Dollar-Besitz abwerten würde. Das könne doch nicht im Interesse Chinas sein. Aber warum sollte China diese fiktiven Werte halten? China wirft sie nicht wie Russland zur Abwehr der mit den Sanktionen verbundenen Spekulationswelle gegen den Rubel auf den Markt. Warum auch? Es nutzt seine Dollar ohne großes Tam Tam auf eine viel nützlichere Weise zur Entwicklung Afrikas oder, um die Währungen seiner und künftiger Verbündeter zu schützen (z.B. Russland, Türkei und Iran, dessen Öl es abnimmt), die von den „short“ Verkäufen durch die Wall Street bedroht sind,– und verdient dabei längerfristig sogar noch. Schon April 2015 hatte der Stratege der Volksbefreiungsarmee, General Qiau Liang festgestellt: “Die USA benötigen einen starken ‘Kapital Rückfluss’, um den Lebensstandard der Amerikaner und die US-Wirtschaft zu stützen. Unter diesen Umständen wird, jede Nation, die den Rückfluss von Kapital in die USA blockiert, automatisch zum Feind der USA. Wir müssen diesen Sachverhalt klar verstehen… Um den USA wirksam Einhalt zu gebieten, sollten die anderen Länder in ihrer Strategie mehr darüber nachdenken, wie sie den Kapitalabfluss in die USA unterbinden.“ Auf diese Weise untergräbt China unauffällig Trumps Auftrumpfen mit dem “Starken Dollar”, mit dem er die Türkei, den Iran, auch Venezuela und andere zur Kapitulation zwingen will. Wir stecken in einem auf lange Dauer angelegten asymmetrischen Finanzkrieg, um den überschuldeten Dollar und dessen Derivat, den Euro, aus dem Weltmarkt zu verdrängen. Das geschieht in kleinen Schritten, in denen auf den Gebrauch des Dollars verzichtet wird, beschrieb Alasdair Macleod den Unterschied zwischen Trump’s ‘short game’ und Chinas and Russlands ‘long game’.
Weil der Westen diesen Krieg zu verlieren droht, scheint immer deutlicher mit Hilfe inszenierter Giftgasanschlägen ein heißer Krieg in Syrien angezettelt zu werden. Wird aus dem Dilemma der Marktgesellschaft ein heißer, letzter Weltkrieg? Die Antwort liegt bei keinem anderen als Donald Trump, denn die Gegenspieler Russland und China sitzen am längeren Hebel und können warten.
In Deutschland merkt man von dem allen nichts. Seit dem Tod eines 35-jährigen Familienvaters und der Verletzung zweier Mitbürger in Chemnitz schlagen die Wellen hoch. Statt zu beruhigen, gießt neben den System-Medien ausgerechnet die Bundesregierung mit ihrem “Kampf gegen rechts” offensichtlich aus kurzfristigen Wahlkampfängsten Öl ins Feuer. Die politische Klasse fürchtet ihre üppigen Pfründen zu verlieren. Sie verkennt, wie schon seit Jahren, die Sorgen ihrer Untertanen angesichts wachsender Kriminalität auf der Straße und strafferer Konkurrenz um Arbeitseinkommen und Mietwohnungen.
Die Ermittlungsbehörden der sächsischen Landesregierung hatten z.B. für die Zeit 1.4.2017 bis 30.6.2018 festgestellt, dass „von den insgesamt registrierten 1165 MITAs (Polizeijargon für „mehrfach intensiv tatverdächtige“ berechtigte oder abgelehnte Asylbewerber, oder genauer für die Opfer von 80 Jahren nur vorgetäuschter Entwicklungspolitik) drei Straftaten gegen das Leben, 15 Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, 228 Rohheitsdelikte bzw. Straftaten gegen die persönliche Freiheit, 305 Diebstahlsdelikte ohne erschwerende Umstände, 93 Diebstahlsdelikte unter erschwerenden Umständen, 34 Vermögens- und Fälschungsdelikte, 117 sonstige Straftatbestände nach dem Strafgesetzbuch, 191 Straftaten gegen strafrechtliche Nebengesetze (ohne ausländerrechtliche Verstöße) und 44 Verkehrsstraftaten bekannt“ wurden. Weil es deshalb, ausgelöst von dem jüngsten Mordfall, zu vermutlich doch friedlichen Demonstrationen in Chemnitz gekommen war warb Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für ein Konzert am 3.9. in Chemnitz, bei dem westliche „Kultur“-Bands wie „Feine Sahne Fischfilet“ , „Die Toten Hosen“, „Kraftklub“ und „K.I.Z“ gegen „Hass“ und „Ausländerfeindlichkeit“ auftreten sollten?
Anstößig fand nicht nur die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG), dass sich damit die Bundesregierung hinter Gruppen stellt, die Songtexte von sich geben wie „Wir stellen unseren eigenen Trupp zusammen / Und schicken den Mob dann auf euch rauf / Die Bullenhelme – sie sollen fliegen / Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein / Und danach schicken wir euch nach Bayern / Denn die Ostsee soll frei von Bullen sein.“, oder noch treffender „Punk heißt gegen’s Vaterland, das ist doch allen klar / Deutschland verrecke, das wäre wunderbar! / Heute wird geteilt, was das Zeug hält / Deutschland ist scheiße, Deutschland ist Dreck! / Gib mir ein ‘like’ gegen Deutschland / Günther ist Scheiße, Günther ist Dreck!“ Wer „vergiftet“ da wohl in Chemnitz, „mit Hetzparolen die öffentliche Debatte“?“
Dabei passen die Songtexte gegen „die Bullen“ nicht, wohl aber die gegen Deutschland gerichteten zur Praxis der politischen Klasse wie: De-Industrialisierung und Verschwendung öffentlicher und privater Mittel nicht nur durch verlogenen „Klimaschutz“ und entsprechende Energiewende, durch über Jahrzehnte „eingesparte“ Infrastruktur-Erhaltungsinvestitionen , verkommende Schulen, miserable Ausbildung des breiten Nachwuchses, durch verzweifelte Rettungsversuche des Euro-Systems auf Kosten der Sparer und Steuerzahler, durch Verdrängung von Leistungsträger ins Ausland und Hereinholen von Sozialhilfeempfänger usw.
Doch liegt es nicht am neo-liberalen Fehlverhalten der „Politiker“. Der Web-Fehler liegt im System der Marktgesellschaft, die sich aus ihren ersten Anfängen erst heute voll zu entfalten beginnt. Mehr dazu in meinem Buch: Der Westen, ein Abgesang, Entstehung und Zukunft der westlichen Marktgesellschaft. Der gut belegte Text kann als PDF-Datei für € 15 per e-mail über boettigerdrh@web.de erworben werden. (Eine Veröffentlichung im Imhof Verlag Petersberg (384 Seiten) ist im Satz).