Sind Weichen schon gestellt?
29. März 2019 von admin
Sonderermittler “Mueller Finds No Trump-Russia Conspiracy” lautete die Schlagzeile auf der Frontseite der New York Times vom 24.3. Das Bewusstsein der amerikanischen Öffentlichkeit (von den Vasallen nicht zu sprechen) braucht eine Weile, um sich mit dem Ende der Verschwörungstheorie abzufinden, die sie 2 ½ Jahre so begeisternd in Atem gehalten hat. Russischer Einfluss auf höchste Regierungskreise war schon eine Story, um Leichtgläubige zu begeistern. Werden sie es jetzt ihren Medien danken, sie die ganze Zeit so gut und engagiert unterhalten zu haben? Wahrscheinlich folgt für ein, zwei Wochen etwas Medien “hang over”, dann ist wieder alles beim Alten – davon scheint das Establishment auszugehen. Man hat dort keine hohe Meinung vom Wählergefolge.
Die politisch verpönte Kinderfrage will kaum einer beantwortet haben: Warum das ganze Theater? Mit 60 Leuten und einem Budget von 25 Millionen Dollar fehlte es Mueller nicht an Gestaltungspotential für den Bericht. Spätestens nach dem Warren-Report zum Kennedy Mord oder dem Bericht der 9/11 Commission unter Philip Zelikow, [der bereits 1998 in seinen Aufsätzen Catastrophic Terrorism und Thinking about Political History von 1999 eine Aktion wie Pearl Harbor oder den Anschlag auf das World Trade Center von 1993 gefordert hatte, um „noopolitisch“ eine Einstellungsänderung in der US-Bevölkerung zu erreichen], wissen Leute, die sich ein kindliches Frageverhalten bewahrt haben, was sie von offiziellen Berichten der US-Regierung und ihrer Agenturen zu halten haben. Schon vor Muellers Spruch haben viele Hinweise Argwöhnische vermuten lassen, dass die Konstruktion einer russischen Einmischung in die US-Wahlen von 2016 auf die Leute um Hillary Clinton und den damaligen CIA Direktor John Brennan unter Mithilfe des Verteidigungsministeriums und des FBI zurückgingen – und zwar im vollen Bewusstsein, dass es sich um absichtlich erstellte, falsche Unterstellungen handelte. Warum lässt man das jetzt auffliegen und gibt die stets folgsamen „anerkannten“ Medien (jedenfalls vorübergehend) dem Gespött preis? Offensichtlich gab es Unstimmigkeiten in der westlichen Elite, die nun entschieden wurden.
Das US-Establishment hat nach 1945 mehrmals seine Herrschaftsdoktrin geändert, was immer vorübergehend Uneinigkeit in den eigenen Reihen ausgelöst hat. Zum letzten Mal war es dazu 2001 gekommen. Damals schuf US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, ein ständiges Mitglied der “Regierung der Kontinuität” [Eine während des Kalten Kriegs eingerichtete Institution, die in den USA die Regierung fortführt, falls Präsident, Regierung oder Parlament kriegsbedingt ausfallen sollten], das Büro zur Umgestaltung der Streitkräfte (Office of Force Transformation), das Admiral Arthur Cebrowski unterstellt wurde. Die dabei befolgte neue Doktrin ging auf das Konzept von Steven R. Mann zurück, das dieser in seinem Buch „Strategie Chaos“ bereits 1992 vorgeschlagen hatte. Rumsfeld und Cebrowski unternahmen es, die US-Politik und das US-Militär auf die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion neu gestaltete Doktrin umzugruppieren.
Militärisch wurde nach 2001 die Anzahl der Special Operations Forces (SOF, für verdeckte Operationen in anderen Ländern) auf über 70.000 Mann mehr als verdoppelt. Das gilt auch für die Kommandostruktur dieser Truppe (SOCOM). Ihr Haushalt wurde gegenüber 2001 vervierfacht. Noch intensiver ausgeweitet wurden die viel geheimeren und höchst elitären Spezialisten des Joint Special Operations Command (JSOC). Sie wurden von 1800 Mann im Jahr 2001 auf derzeit rund 33.000 Mann ausgebaut. Das glauben jedenfalls Insider zu wissen. (Vgl. https://southfront.org/expanding-global-footprint-of-us-special-operations/)
Politisch teilt die neue Doktrin die Staaten der Erde in zwei Gruppen, 1. die stabilen oder Industrie-Staaten 2. der Rest, die instabilen Randstaaten. Diese waren nicht mehr als Verbündete zu umwerben, sondern galten in der nun monopolaren Welt nur noch als Reservoir natürlicher Ressourcen. Cebrowski’s Assistent, Thomas P. M. Barnett, hatte das politische Konzept den Agenten und Satrapen in den anderen Ländern nur so klar – wie unbedingt nötig – bekannt zu machen. So geschehen in seinem Buch: The Pentagon’s New Map, Putnam Publishing Group, 2004.
Da die maßgeblichen Internationalen Großkonzerne ihre Arbeitsplätze so weit als möglich in Niedriglohnländer ausgelagert hatten, beanspruchte ihre US-Regierung nicht mehr wie früher den Zugriff auf diese Ressourcen für sich. Dem Hegemon genügte es, den Zugriff auf die Rohstoffe so zu kontrollieren, dass nur die Staaten zugreifen können, die von Washington die Erlaubnis dazu erhalten und dafür bezahlten. Um das wirtschaftlich durchführbar zu machen, sollten in den Reststaaten präventiv alle staatlichen Strukturen zerstört werden, so dass niemand gegen den Willen der Weltmacht Zugang erhält oder glaubt, unabhängig von den USA dort handeln zu können
Der neuen Doktrin entsprechend konnte man die frühere, die mit der Öl-Erschöpfungs-These (Peak Oil) Rockefellers und seines Club of Rome verbunden war, aufgeben. Da inzwischen genug Kohlenwasserstoff-Lagerstätten entdeckt worden waren, war die Peak Oil mit der gleichen Stoßrichtung vom CO2-Klimaschwindel der National Energy Policy Development Group von Dick Cheney abgelöst worden. Man konnte aber nicht davon ausgehen, dass sich dieser Schwindel ewig aufrechterhalten ließ. Nach der neuen Doktrin war nicht mehr die preistreibende Knappheit der Kohlenwasserstoffe (oder das Übermaß seiner Verbrennungsprodukte) der Hebel zur Preistreiberei, sondern die Kontrolle des Zugangs zu diesen Energieträger sollte für die benötigten Einkünfte sorgen.
Die eingeleitete Destabilisierungsstrategie zeigte in Zentralafrika erste Erfolge, begann im Nahen Osten aber trotz anfänglicher Erfolge stecken zu bleiben und zu scheitern.Das verlangte nun wieder ein Umdisponieren, dem erfahrungsgemäß nicht das ganze US-Establishment schlagartig folgen kann. Das Umdenken setzte 2012 mit der Petraeus-Affäre (wegen angeblicher Weiber-Geschichten) ein und wurde strategisch mit der Wahl von US-Präsident Trump abgeschlossen. In diesem Sinne verlor das zuvor unauffällig hochgerüstete Instrument zur Destabilisierung, der IS oder Daesh, an Bedeutung. Er diente ab jetzt nur noch als Vorwand für die völkerrechtswidrige Besetzung syrischer Landesteile und wurde nicht mehr nur vorgetäuscht, sondern sogar zum Teil tatsächlich bekämpft (abgesehen jedenfalls von den Kadern, die ausgeflogen wurden, um anderswo eingesetzt zu werden).
Im Sinne der neuen Doktrin hat der seit April 2018 neue Außenminister Michael R. Pompeo wieder den Zugang des Iran zum Weltmarkt gesperrt, was er jetzt für Venezuela wiederholen will und versucht, US-Truppen im Osten von Syrien beizubehalten, um die Ausbeutung der dort neu entdeckten Öl- und Gas-Felder zu verhindern. Im gleichen Sinne wird die EU gedrängt, auf die russische Pipeline Nord Stream 2 und die Turkish Stream im Süden zu verzichten und auf US-Flüssiggas umzusteigen. Dies will (im Gegensatz zur Kanzlerin Merkel) der vorgesehene neue EU-Kommissionspräsident, Manfred Weber (CSU), brav stoppen (wahrscheinlich, um sich für den lukrativen Posten zu empfehlen).
Das neue an Trumps America First Doctrin scheint die Einsicht zu sein, dass es notwendig geworden ist, die produzierende Wirtschaft der USA im Land wieder zu stärken, bevor sich die „Strategie Chaos“ durchsetzen lässt. Damit sorgte er für einen Konflikt im Establishment und im europäischen Gefolge. Der Konflikt scheint nun mit Muellers Spruch entschieden zu sein. Seit 2017 versucht Trump, die nach Asien und in die Europäische Union ausgelagerten Arbeitsplätze in die Vereinigten Staaten zurückzuholen. Auf Anraten des „progressiven“ Ökonomen Peter Navarro beendete er die Trans-Pazifik-Partnerschaft, änderte das nordamerikanische Freihandelsabkommen, errichtete unerschwingliche Zoll-Schranken gegen Autos aus Deutschland und die meisten Waren aus China. Mit seiner Steuerreform will er auch US-Kapital wieder zurück ins Reich holen. Erste Erfolge zeigen sich bereits in der US-Leistungsbilanz und bei den Beschäftigungszahlen. Europa begreift nur langsam die Änderung der US-Doktrin und erlebt sich jetzt naiv als ein „unfair“ behandelter Wirtschaftskonkurrent der neu ausgerichteten USA.
Dass man in dem im Jawoll-Sagen geübten Berlin die US-Strategie verstanden hat, ist kaum anzunehmen. Aber die Prügel, die man von Trump schon bezogen hat, macht trotzig und regt zur eher harmlosen Aufmüpfigkeiten an. Jedenfalls will Merkel im Gegensatz zu früheren Gewohnheiten, der vom EU-Parlament verabschiedeten „strategischen Rivalität mit China“ nicht zustimmen. „Russland kann nicht mehr als strategischer Partner angesehen werden, und die Europäische Union muss bereit sein, weitere Sanktionen zu verhängen, wenn es weiterhin gegen das Völkerrecht verstößt“ entschied das Europäischen Parlament am 12. 3. mit 402 Stimmen, dagegen 163 und 89 Enthaltungen . Merkel spricht dagegen lieber von einem „strategischen Wettbewerb“. Außerdem wagte sie zu sagen: „Wir müssen daran glauben, dass es in multilateralen Kooperationen möglich ist, dass alle gewinnen. Es lohnt sich dafür zu kämpfen.“ Und sie „glaubt“ nicht nur, sondern hat mitgeholfen, dass beim „Treffen in Paris (Merkel, Macron und Xi Jinping) am Montag Wirtschaftsverträge im Volumen von insgesamt 40 Milliarden Euro besiegelt wurden. Allein ein Großauftrag für den europäischen Flugzeugbauer Airbus beläuft sich nach Informationen aus dem französischen Präsidialamt auf 30 Milliarden Euro. Die insgesamt 15 Verträge erstrecken sich vom Energiesektor über den Schiffsbau bis hin zur Banken-Branche“ konnte die „Bild“ am 26.3. berichten. Laut Osnabrücker Zeitung vom 27.3. hat es die Bundesregierung sogar neuerdings gewagt, nachdem sie den us-venezolanischen Usurpator Juan Guaidó widerrechtlich anerkannt hatte, den vom diesem entsandten diplomatischen Vertreter nun nicht mehr als Botschafter zu akkreditieren – so die Antwort des Auswärtigen Amtes auf eine Anfrage der Linkspartei.
Der Deutsche Außenminister Maas (SPD) war wohl noch nicht auf dem neuesten Stand oder zeigte sich nicht einverstanden, wenn er laut dpa vom 24.3. die Beteiligung Italiens an dem chinesischen Handelsprojekt „Neue Seidenstraße“ laut kritisiert. Dagegen erkennt der Chef-Anlagenberater der Solvecon Invest GmbH in Bremen, Folker Hellmeyer, plötzlich in der Neuen Seidenstraße „das größte Wirtschaftsprojekt in der Menschheitsgeschichte“ und folgert „der Westen hätte seit 50 Jahren Strukturen und Infrastrukturen in diesen (Entwicklungs-) Ländern aufbauen können. Das haben wir nicht gemacht. China füllt jetzt diese Lücke – und wir kritisieren das. Das ist ein Stück weit auch Machtpolitik. Deswegen stößt es auch auf Widerstand. Aber wir erschließen damit ein Humankapital und ein nachhaltiges Wachstumspotenzial, was erheblich ist. Wir hätten es machen können, haben es aber nicht gemacht. Deshalb wirft man es besser anderen nicht vor.“ Im Unterschied zu den ins Western-Establishment eingebundenen Großmanagern sehen mittelständische Unternehmen in China eine Seenot-Insel, die sie vielleicht vom im Westen geplanten wirtschaftlichen Untergang Europas retten könnte. Wenn die Regierung mitziehen sollte, erleben wir bald ein Abklingen der CO2-Propaganda in den „anerkannten“ Medien und wohl auch eine Neueinschätzung Trumps. Warten wir’s ab.
Was Hellmeyers „Machtpolitik“ betrifft, so zitierte TASS am 15.3. aus der Rede des russischen Außenminister Sergej Lawrow vom 14.3. auf dem Forum Russland – Ein Land der Möglichkeiten in Moskau: „Es gab eine sehr nervöse Reaktion auf Russlands Comeback als ordentlicher Partner, der anderen nichts aufzwingt, aber Diktate oder Ultimate selbst nicht toleriert… Wir suchen mit niemandem die Konfrontation. Wir möchten mit allen zu fairen Bedingungen, auf der Grundlage gegenseitigen Respekts und nach einem Interessenausgleich und gegenseitig akzeptablen Ansätzen zusammenarbeiten.“ Als Kern der gegenwärtigen Probleme nannte Lawrow das „unbedingte Widerstreben der Vereinigten Staaten und ihrer westlichen Verbündeten, sich einzugestehen, dass die 500-jährige Zeit der westlichen Dominanz in der Welt ein Ende findet.“ Der Übergang zu einer neuen, multipolaren, demokratischen und gerechteren Weltordnung werde zwar lange dauern, aber schon jetzt ist dieser Übergang für diejenigen schmerzhaft, „die gewohnt sind, die Welt seit Jahrhunderten zu beherrschen. Sie haben sich daran gewöhnt, als Herrn im Haus aufzutreten.“, meinte Lawrow und dann versöhnlicher: „Wir sind bereit, die Partnerschaft mit der Europäischen Union wieder herzustellen, wenn unsere europäischen Nachbarn nicht mehr den Wunsch verfolgen, den russophoben Trends der USA, einschließlich Sanktionen und Provokationen zu folgen und wenn sie nicht länger daran interessiert sind, die unverschämten Aktionen zu tolerieren, die wir (z.B. im Fall Skripal) erleben mussten.“
„Es dauert,“ meintTom Beck Research Partner von PortfolioWealthGlobal.com „aber der Dollar has finished. Jeder sieht das. Die DNA eines neuen Systems haben wir schon alle im Kopf, aber es braucht Zeit, bis sie es Realität wird. Nutzen Sie Ihren nächsten Urlaub und besuchen sie Asien. Entdecken Sie China oder Indien, und sie werden verstehen, dass die USA zwar ein zauberhafter Platz ist, aber ihre Zeit als Dominator abgelaufen ist.“
2 Reaktionen zu “Sind Weichen schon gestellt?”
Wieder einmal ein ausgezeichneter Artikel.
Dennoch:
„Merkel….. wagte…..zu sagen: „Wir müssen daran glauben, dass es in multilateralen Kooperationen möglich ist, dass alle gewinnen.“
„….dass alle gewinnen?“
Ist das denn möglich?
Können wir so lange Skat spielen, bis alle drei Teilnehmer gewonnen haben?
der Dollar am Ende? Es scheint so.
https://www.gomopa.net/Finanzforum/nachrichten-und-meldungen/blackrock-der-schwarze-felsen-bekommt-risse-p942882035.html#post942882035