Was ist am Niedergang so lustig?
2. August 2019 von admin
„Nichts erscheint Leuten, die menschliche Angelegenheiten philosophisch betrachten, so seltsam wie die Leichtigkeit, mit der sich die Masse von den wenigen regieren lässt, ebenso die damit verbundene Unterwürfigkeit, mit der Menschen ihre Ansichten und Interessen denen ihrer Herrscher unterordnen. (David Hume: “Of the First Principles of Government”, 1768) In der Tat, er hat Recht!
Die europäische Bankenunion sei „noch hinnehmbar“, entschied jetzt das Bundes-Verfassungsgericht. Doch dürfe die EZB ihre Zuständigkeiten „nicht überdehnen“, meinte beschwichtigend Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle. Solange nationale Bankenaufseher auch künftig eine dominante Rolle spielen (können), sei die Europäische Bankenunion, das heißt der wechselseitige Schuldenabgleich der Banken in der EU akzeptabel.
Für 2,5 Billionen aus dem Hut gezauberte Euros hat die Europäische Zentralbank in Frankfurt mittlerweile riskante Staatsanleihen, Unternehmensanleihen oder Aktien aus dem Markt gekauft (der Betrag des fiat-money der EZB stieg von 115,6 Mrd. € im Jahr 2015 auf 2.553,5 Mrd.€ 2019) und entsprechend Geld in den Markt gepumpt (man beachte die doppelte, die umgangssprachliche Bedeutung von „gepumpt“). Das Geld sollte angeblich die Konjunktur ankurbeln. Geht es verlogener? Es ging (ähnlich wie bei den Aktienrückkäufen der Unternehmens-CEOs) um die Stabilisierung der Papierwerte der Reichen. Hätte die EZB die Konjunktur im Auge gehabt, hätte sie das Geld für den Ausbau wesentlicher und produktiver Infrastrukturprojekte (Energie, Wasser Verkehr) geschöpft und zielgerecht zur Verfügung gestellt. Statt dessen verkommt die noch vorhandene Infrastruktur in Europa zusehends. Die CEOs hätten das Geld in das eigene Unternehmen investieren sollen – doch wozu, wenn der Markt das zusätzliche Produkt mangels Zahlungsfähigkeit nicht aufnehmen kann. Entsprechend marktgerechte Preissenkungen (durch Überangebote) wären „nicht zumutbar“.
Bei der Suche nach Rendite haben die offiziellen Niedrigzinsen Sparer und andere Geldbesitzer verleitet, in eine Flut riskanter «BBB»- und „High-Yield-Anleihen“ zu „investieren“. Hochzinsanleihen und „Leveraged Loans“, also Kredite an hoch verschuldete Unternehmen, erleben einen Boom. Das hält solche praktisch unrentabel gewordene Unternehmen – jedenfalls zeitweilig – am Leben, verschärft aber die Risiken der Wirtschaft. Hochriskante Anleihen machen heute 60% aller ausstehenden Unternehmensanleihen aus, doppelt so viel wie im Krisenjahr 2008. Im Falle eines inszenierten Crashs lösen sich solche Werte bekanntlich in Nichts auf. Wird darauf spekuliert?
Sparer in Deutschland haben wegen der Niedrigzinsen der EZB seit 2008 knapp gerechnet bereits 358 Milliarden € an Kaufkraft verloren. Andere sprechen von 648 Mrd. € Gewinneinbußen, wenn man „vernünftige“ Zinssätze (was immer die wären) unterstellt. Nach den Aussagen von Mario Draghi am 24.7. wird wohl auch die EZB (wie inzwischen auch die FED im Sinne der Geldentwertungstheorie Silvio Gesells) ihre Geldvermehrung im September weiter ausbauen. Damit wird die Enteignung der Sparer und Rentner fortgesetzt.
Im Oktober 2008 trat Merkel noch mit dem Spruch an die Öffentlichkeit: „Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind.“ Das wird sie heute nicht mehr tun, jetzt herrscht Schweigen im Walde. Wer zum Erhalt der Macht und Absicherung der Arbeitsbelastung beziehungsweise zum Angewiesensein vieler Menschen auf Transferleistungen von Seiten der noch Arbeitenden die Produktivität drosseln will, kann auf Sparer verzichten. Sparen ist in Zeiten der Geldschöpfung großer Internationaler Geschäftsbanken und der sich rasch vermehrenden „Schattenbanken“ ineffektiv und unmodern. Auf Sparer musste man bisher nur als Wähler der richtigen Politikverkäufer Rücksicht nehmen. Doch das scheint sich auf Grund der oben zitierten Erkenntnisse David Humes zu erübrigen. Außerdem hat man als geeignete Knute noch den alle in Bann haltenden, angeblich drohenden Klimawandel.
Doch, wenn man nicht willig ist, braucht es Gewalt. Das lässt sich an den Verbotsdebatten der vergangenen Wochen und Monate ablesen (vgl. Magazin Cicero vom 13.7.19). Denn wie Verbote muss es für ärmere Menschen oder Leute, die schlicht mit ihrem Geld ordentlich haushalten müssen, wirken, „wenn jeden Tag etwas anderes angeblich teurer werden „muss“, damit das Klima gerettet werden kann: Heizen, Tanken, Autofahren, Pendlerdasein, Fernstraßen, Plastik, Reisen, Fleisch, Kinder, …“. Denn, wenn eine zusätzliche zahlungsfähige Nachfrage fehlt, muss wenigstens das Angebot „wirtschaftlicher“ werden, das heißt, knapper und teurer. Alternativ könnte man den normalen und ärmeren Leuten mehr Geld zukommen lassen, was aber nur die wirtschaftlich gegebene Machtsituation kurzfristig verlängern würde. Käme es zur allgemeinen Randale, würde man wohl vorübergehend zu dieser Möglichkeit greifen, jedenfalls bis sich die Leute wieder beruhigt und an die neue Mangelsituation gewöhnt haben.
Neu treten im Machtgefilde (Wer zahlt, schafft an) sogenannte „Schattenbanken“ aus dem Schatten. Blackrock (6,5 Billionen, bln., USD wert) ist in den vergangenen Jahren zu einem Giganten an den Finanzmärkten herangewachsen. Zusammen mit den beiden anderen Riesen des Investmentgeschäfts, State Street (2,8 bln. USD) und Vanguard (5,3 bln. USD), beherrschen die Amerikaner immer größere Teile des internationalen Börsenhandels. Larry Fink, der CEO des weltgrössten Kapitalverwalters Blackrock, empfiehlt in seinen nicht zu häufigen Medienauftritten der EZB heuchlerisch, durch Aktienkäufe die Eigenkapitalkosten der Unternehmen (die kaum zusätzliche Absatzmöglichkeiten entdecken) zu senken und dadurch Investitionen, Wirtschaftswachstum und Beschäftigung anzukurbeln. Was er eigentlich mit der Ankurbelei meint, ist, den Nominalwert des Portfolios von Blackrock und Kollegen noch höher zu schrauben). Geschäft ist Geschäft!
Ähnlich agieren Politiker, auch wenn sie über weniger Spielräume verfügen. Der außenpolitische Ausschuss des US-Senats hat am Mittwoch laut Reuters mehrheitlich für Sanktionen gegen das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 gestimmt. Der Entwurf stammt von dem republikanischen Senator Ted Cruz und der Demokratin Jeanne Shaheen. Vorgesehen sind u.a. Einreiseverbote in die USA, und vor allem das Einfrieren (oder Stehlen, wie gegen Gaddafi oder den Iran) der Vermögenswerte von Personen, die mit Schiffen an Geschäften zur Verlegung russischer Pipelines beteiligt sind. Das träfe neben den unmittelbar beteiligten Firmen auch solche wie das Schweizer Unternehmen Allseas, das beinahe die gesamte Verlegung des Meeresabschnitts von Nord Stream 2 übernommen hat, oder den italienische Konzern Saipem. Im Grunde geht es aber um die Vermarktung des us-amerikanischen Flüssiggases in Europa. Geschäft ist Geschäft!
Nicht nur der ehemalige (bis 2012) Chefvolkswirt der nicht mehr Deutschen Bank, Thomas Mayer, versteht die Welt nicht mehr, wenn er sagt: „Ich lebe in einer verkehrten Welt, in der sich Verschuldung lohnt, aber kein vernünftiger Mensch dem Schuldner Geld leihen würde.“ In: focus.de vom 27.7.19 .Sparen rentierte sich, solange Investieren rentierte. Beides ist heute nicht mehr der Fall. Warum? Marktwirtschaftler verstehen das nicht, weil sie die Auswirkungen der hohen Vermögenskonzentration vor allem im Finanzwesen aber auch in der wirtschaftlich relevanten Schlüsselindustrie wie Kraftwerkswesen nicht berücksichtigen – und damit die Politik ihrer „strong men“. (Thorstein Veblen hatte auf dies Tendenz bereits 1904 in The Theory of Business Enterprise und ausführlicher in Absentee Ownership 1923 hingewiesen, wurde deswegen aber werbewirksamer wegen seiner Ehescheidung ins Abseits gestellt).
Vielleicht einige Daten zur Erinnerung. Im Juni 1965 hatte in David Rockefellers Villa Serbelloni in Bellagio am Comer See eine vom Congress for Cultural Freedom (einer CIA-Frontorganisation, siehe Frances S. Saunders, Wer die Zeche zahlt, der CIA und die Kultur im Kalten Krieg, Siedler Verl. 2001) geladene „Conference on Conditions of World Order“ stattgefunden. Einige sehr einflussreiche Persönlichkeiten des Westens erörterten dort die “Bedingungen einer (genehmeren) Weltordnung”. Drei Jahre später in April 1968 trafen sich am gleichen Ort unter den gleichen Voraussetzungen 75 führender Finanziers, Industrielle, Politiker, Wissenschaftler und Ökonomen und gründeten den Club of Rome(COR). Dieser Club veröffentlichte 1972 bekanntlich die Studie Grenzen des Wachstums, die schlagartig in der ganzen Welt verbreitet wurde und der UN-Konferenz über die Umwelt des Menschen des gleichen Jahres zugrunde lag. Entwicklungspolitisch bedeutete die UN-Konferenz die Abkehr von Bemühungen, die sogn. Dritte Welt zu industrialisieren (was der im 2. Weltkrieg aufgebauten Industrie Verdienstmöglichkeiten schaffen sollte). Nun wollte man sich keine Konkurrenten mehr heranzüchten. Das ist dann allerdings mit China doch geschehen (wohl weil man auf seine Feindschaft mit der Sowjetunion hoffte) – wahrscheinlich zum Wohl der Menschheit und vielleicht sogar auch ihrer Umwelt.
Die Elitekreise (von 1965) hatten sich wohl an das vom „Sozialreformer“ John Stuart Mill ursprünglich angedachte Konzept einer „Stationäre Gesellschaft“ erinnern lassen und dies im Sinne von Karl Marx verstanden: Steigende Arbeitsproduktivität führe dazu, dass der herrschaftsbedingte Arbeitszwang den Massen zunehmend nicht mehr als not-wendig erscheint und diese Erkenntnis schließlich zur Revolution führt. Das soll insbesondere dann geschehen (das ist nicht mehr von Marx), wenn sich das durch den Produktivitätszuwachs angehäufte Mehrprodukt nicht durch Verschwendung oder Krieg der Elite vernichten lässt, sondern am Ende sogar zu weiterer Produktivitätssteigerung eingesetzt werden würde (vgl. dazu u.a. Karl Polanyi, The Great Transformation 1944, Polanyi (1886-1964) schrieb das als Professor an der Columbia Universität in New York). Auf entsprechende Leitgedanken der Elite könnten die mysteriösen (sehr aufwendigen) Georgia Guidestones im US Bundesstaat Georgia hindeuten.
Zur Kontrolle des Güterangebots durch Drosselung der Produktionsvoraussetzungen eignen sich die Verteufelung und Abtreibung der friedlichen Nutzung der Kernenergie ebenso wie anschließend die CO2-Hysterie. Die Einstellung der Elitekreise hinter der gesellschaftspolitischen Wende, die unter dem Namen „Umweltschutz“ eingeleitet wurde, dokumentiert ein Ausspruch von Maurice Strong, eines Vertreters der kanadischen Öl-Industrie und Multimilliardärs und des ersten Vorsitzenden des Umweltprogramms der Vereinten Nationen und Organisators des Earth Summit in Rio 1992. Strong äußerte sich 1990 in einem Interview über sein Programm so: „Um den Planeten zu retten, kommt die Gruppe zu folgender Entschließung: Ist nicht die einzige Hoffnung für den Planeten, dass die industrialisierten Zivilisationen zusammenbrechen? Liegt es nicht in unserer Verantwortung, dafür zu sorgen? Diese Gruppe von Weltherrschern gründet eine Geheimgesellschaft, um einen Wirtschaftskollaps herbeizuführen …“ Strong bezieht sich dabei nicht auf eine „Verschwörungstheorie“, sondern auf das Vorhaben der Gruppe, der er selbst angehörte. (Siehe dazu: The Wizard Of the Baca Grande, in: WEST magazine of Alberta, Kanada, Mai 1990)
Der Zusammenbruch der „industrialisierten Zivilisationen“ und ein „Wirtschaftskollaps“ zielt nämlich auf eine „notwendige, grundlegende Veränderungen in unserer internationalen Wirtschaft und in unseren Regierungsinstitutionen“, so die Trilaterale Kommission (ed. Jim MacNeill): Beyond Interdependence: The Meshing of the World’s Economy and the Earth’s Ecology, hier Maurice Strong in der Einführung, Oxford University Press 1992). Inzwischen wurde die „enorme technologische Entwicklung“ in die Wachstumsbereiche Verwaltung und Kontrolle, vor allem der Bevölkerung, und ins Militär abgedrängt. Natürlich klingt das nach „Verschwörung“ und hat für Otto Normalverbraucher deshalb „bäh“ zu sein.
Belassen wir es für Leute mit engem Horizont daher bei einem Ausspruch von Kurt Biedenkopf (CDU). Der schrieb bereits im Jahr 1989, dass die Republik unter der bleiernen Kanzlerschaft Kohls (CDU) erstarre: „Wie Mehltau legt sich Mittelmäßigkeit übers Land. Die Macht und die Pfründe sind zum alles bestimmenden Kriterium geworden.“
Unter Gerhard Schröder (SPD) und Joschka Fischer (Die Grünen) gab es keine Wende, sondern die Fortsetzung der Kohl‘schen Politik. Neu war nur die Kriegsbeteiligung gegen Serbien, die Kohl politisch nicht hätte durchsetzen können. „Unter Merkel wurde dann die Leistungsverweigerung zum Maß aller Dinge… Alles andere wurde unter Merkel alternativlos. Heute geht es in Deutschland vor allem darum, mit Hilfe von absurdem Geschwafel wichtig zu erscheinen. Dazu wird vielfach verleumdet und diffamiert, um vom eigenen Unvermögen abzulenken“, äußerte sich ein amerikanischer Meteorologie-Professor in einem privaten Schreiben im Hinblick auf die deutsche Klimapolitik. Seit Neuestem will wohl der Bayerische Ministerpräsident Söder auf dieser klapprigen Mähre ins Bundeskanzleramt galoppieren. Na dazu dann viel Hurra!