„Wer seinen Hund ertränken will, sagt, er habe Tollwut“
30. November 2018 von admin
https://www.betterthancash.org/Die Episode im Asowschen Meer beunruhigt: Konflikt mit Russland: Ukrainischer Botschafter fordert deutsche Kriegsschiffe; NATO Generalsekretär Stoltenberg sichert der Ukraine die volle Unterstützung der Allianz zu oder Konflikt mit Russland Ukraine stimmt 30-tägigem Kriegsrecht zu, so und ähnlich lauteten Schlagzeilen in den „anerkannten“ westlichen Medien. Keine ausgestreckte Hand, nur das übliche Russland-Bashing. Am 27.11. fand von bei der Körber-Stiftung in Berlin ein Forum zum Thema Russland statt, zu dem Alexej Puschkow, den Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma Russlands geladen war. So konnte er sich aktuell zu den Vorfällen im Asowschen Meer äußern. Ihn überraschte die Aufregung des Westens, weil im Laufe des Jahres bereits 15 russische Schiffe von der Ukraine aufgebracht worden waren – zuletzt im März 2018 ein Fischerboot. Es wurde von der Ukraine verkauft, die Besatzungen der Schiffe sitzt noch im Knast. Das hatte im Westen niemanden beunruhigt. Poroschenko ist eben der Mann des Westens und Putin an allem Schuld, wahrscheinlich auch an Merkels Flugzeug-Havarie oder am Berliner Flughafen.
Die Zufahrt zum Asowschen Meer zwischen Krim und Russland ist russisches Territorium. Seit 2003 besteht ein Vertrag, der die Durchfahrt russischer und ukrainischer Schiffe regelt und eine ordentliche Anmeldung bei der Küstenwache voraussetzt. Noch im Sommer hatten ukrainische Kriegsschiffe die Meerenge unbehelligt passiert, nachdem sie sich ordentlich gemeldet hatten. Seit Fertigstellung der russischen Brücke über die Meerenge von Kertsch drohte die Ukraine mehrmals öffentlich, die Brücke zu sprengen und hatte dazu gescheiterte Versuche unternommen. Am 25.11. waren ukrainische Panzerschiffe unangemeldet in russisches Küstengebiet ein- und in Richtung Krimbrücke vorgedrungen. Sie haben weder auf Anrufe und noch auf Warnungen der Küstenwache reagiert und damit gegen die Seerechtskonvention der Vereinten Nationen verstoßen. Danach kam es zur polizeilich/militärischen Intervention Russlands.
Bei den einberufenen Verhandlungen der UNO verurteilte US-Botschafterin Nikki Haley Russlands Vorgehen als “outrageous, und als “violation of sovereign Ukrainian territory.” Sie ging darin noch weiter als selbst die ukrainische Regierung. Die NATO bezog die gleiche Position. Die offizielle Stellungnahme der deutschen Regierung nennt das russische Vorgehen “unacceptable”. Das Ganze riecht nach einer ukrainischen Provokation mit westlicher Rückendeckung. Spielt die USA wie gewohnt ihr außenpolitisches Chicken Game , um die andere Seite zum Nachgeben zu bluffen, oder will man – wie 1940 – den „ersten Schuss“ der anderen Seite provozieren, um in Europa Krieg führen zu können, wie das die neuerliche rasante Aufrüstung der US-Niederlassungen in Europa andeuten?
Auf der Berliner Sicherheitskonferenz am 27. 28. 11. ging es nicht nur um den Aufbau einer „Armee der Europäer“, sondern auch um den Verlust des „Verteidigungsvorsprungs“ des Westens gegenüber Russland und China und die Rolle Künstlicher Intelligenz in künftigen Kriegen. Anders als die Münchner Sicherheitskonferenz ist die Berliner nicht außenpolitisch, sondern militärisch und „rüstungsindustriell“ ausgerichtet. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen forderte dort für die beabsichtigte Hochrüstung ein legitimierendes „europäisches Narrativ“. Hat(te) die finanziell blanke Ukraine dafür Vorwände zu liefern?
Es gibt Gründe für die angestrebte Hochrüstung. Die provozierten Währungs- und Handelskriege können – wie schon in den 1930er Jahren – leicht zum heißen, zum Atomkrieg ausarten (wie die Unfälle der reichen „Chicken Game“ Snobs in den 1950er Jahren, die heute US-Politik machen). Deren Rennstrecke ist nicht nur die bankrotte Ukraine. Auch das Südchinesische Meer ist ein Gefahrenherd, an dem gezündelt wird. Sechs Länder beanspruchen Teile dieses Meeres, in dem die Chinesen auf aus dem Wasser ragenden Felsnasen künstliche Inseln und Militärstützpunkte bauen. Es gibt dort nicht nur Öl, Erdgas und Fisch, wichtiger ist die geostrategische Lage. Die US-Snobs spielten ihre Chicken Games damals aus Langeweile, heute aus anderen Gründen.
Die westliche Finanzelite warnt mit Stimmen von Christine Lagarde vom IWF, Ray Dalio von Bridgewater, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und weiteren „Experten“ vor kommenden Zusammenbrüchen und Gefahren. Auch der legendäre Spekulant Paul Tudor Jones von Tudor Investment warnt, dass die nächste Krise wohl durch die gewaltige Verschuldung insbesondere der Unternehmen ausgelöst werden wird. Die EZB veröffentlichte am 29.11. ihren Bericht zur Finanzstabilität mit der lakonischen Bemerkung: „Angesichts hoher Bewertungen und geringer Risikoprämien wird das Finanzsystem verwundbarer.“ Das Problem sind Staatsschulden, schwankende Devisenmärkte, überbewertete Aktien und kommerzielle Immobilien.
Z.B.: Die aktuellen Studentenschulden in den USA belaufen sich auf inzwischen 1,6 Billionen USD (2/3 mehr als die Schrottanleihen im Spätjahr 2007. Man rechnet, dass mindestens 28% nicht bedient werden können). Auf Kreditkarten-Konten der US-Bürger stehen 1 Bln. USD Miese. Das Volumen der Junk-Bonds beläuft sich in den USA auf 2,5 Bln. USD und wuchs seit 2009 um gut 30%. Die nationalen Schulden der USA liegen weit über 21 Billionen ohne die 200 Bln. Verpflichtungen aus allerlei Sozial- und Renten-Programmen. 2018 musste die US-Regierung 532 Mrd. USD für Zinsen auf laufende Kredite (ohne Rückzahlungen) ausgeben. Ihr jährliches Haushaltsdefizit liegt bei rund 1 Billion USD, weil die Staateinnahmen schon lange nicht mehr die Ausgaben decken. Die US-Industrie investiert kaum noch, sondern kauft mit ihren Gewinnen (aber zunehmend auch auf Pump) ihre Aktien zurück (im letzten Jahr für 5,1 Billionen USD). Tendenz auf allen Ebenen steigend. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.
In Europa sieht es kaum besser aus. Die Bank of America hält in einem jüngsten Bericht 9% der Unternehmen der EU für „Zombies“, d.h. für eigentlich insolvent, weil sie selbst in einem Nullzins-Umfeld Mühe haben, ihre Schulden zu bedienen. Das dürfte auch für Unternehmen in Deutschland gelten, nicht zuletzt wegen der neuerdings deutlich wegbrechenden Exportnachfrage. Mit ihren Interventionskäufen wollte die EZB bisher schon verhindern, dass es zu Offenbarungseiden kommt, weil dies für die betroffenen Schuldner und Gläubiger und für die Weltwirtschaft fatal wäre. 2018 ist die Anzahl der überschuldeten Personen in der Bundesrepublik um rund 19000 auf mehr als 6,9 Millionen, d.h. auf 11,69 % der Erwachsenen gestiegen, urteilte die Auskunftei Creditreform. Bei gut jedem zehnten Erwachsen sind die Gesamtausgaben dauerhaft höher als die Einnahmen. „Angesichts der derzeitigen Rahmenbedingungen ist für die nächsten Monate nicht davon auszugehen, dass die Überschuldungszahlen in Deutschland sinken werden. Hierzu werden sicherlich auch die weiter steigenden Immobilien- und Mietpreise beitragen“, heißt es im Schuldner-Atlas. Ursachen der Privatüberschuldung sind zu 20 % Arbeitslosigkeit, zu 8 % gescheiterte Selbstständigkeit, zu 16 % Erkrankungen, Sucht und Unfälle und zu 13 % unsolide Haushaltsführung.
Dieses Mal fallen die Kreditverluste (bei ausbleibendem Schuldendienst) nicht mehr bei Banken, Hedgefonds etc. an, sondern wegen der Regierungsgarantien bei dieser. Wieviel Schulden kann das System der USA, der EU stemmen? Wann wird ihre Unbezahlbarkeit so offensichtlich, dass man sie nicht mehr propagandistisch verstecken kann. Ist ein Staatsbankrott möglich, mit welchen Folgen? Natürlich können die Regierenden beliebig viel Geld über EZB und FED drucken lassen, wie sie für den Schuldendienst benötigen. Die Grenze liegt dort, wo Lieferanten gegen Dollar/€uros nichts mehr liefern wollen und der Wert der Währungen ins Bodenlose stürzt. Das bringt nicht nur eine flotte Entschuldung mit sich, sondern auch das Ende des Dollar-Imperiums. Innenpolitisch bedeutet es Stagnation, Arbeitslosigkeit und massive Preissteigerungen. Das hat Auswirkungen zumal die amerikanische Ideologie, jeder sei seines Glückes Schmied, selbst auch dort kaum noch zieht. Und was wird los sein, wenn keine “Social Security Checks”, kein Hartz IV dafür aber Arztrechnungen in den Briefkästen liegen? Wird z.B. der US-Wähler dann noch hocherfreut die über 800 Militärstützpunkte in annähernd 170 anderen Ländern finanzieren wollen, wenn er keinen hochdotierten Job hat? Einen solchen findet er wahrscheinlich nur, wenn neokonservative Intellektuelle einen großen Krieg vom Zaun brechen, um die Menschheit nach dem Bild der US-Gesellschaft zurechtzumodeln. Allen großen Wirtschaftskrisen ging bisher systembedingt Schuldenexplosionen voraus. „Hochmut kommt vor dem Fall” (für bibelfromme US-Bürger: Sprüche Salomos 16, V. 18).
Natürlich gibt es andere Lösungsmöglichkeiten. Z.B. schlug Karsten Wendorff (Leiter der Abteilung Öffentliche Finanzen der Deutschen Bundesbank) in einem Gastbeitrag für die FAZ am 27. Okt. 2018 vor, die italienischen Staatsschulden durch eine Zwangsanleihe, die von jedem Italiener mit einem Nettovermögen von € 50.000 und mehr gezeichnet werden muss, zu halbieren. Etwas Ähnliches hatten wir in Deutschland als „Lastenausgleich“ nach dem Krieg. Ähnliche Überlegungen haben in den vergangenen Jahren der IWF, sogen. Experten und führende Unternehmensberatungsgesellschaften immer wieder ins Spiel gebracht. Auffallend ist, dass sich in den Medien keinerlei Protest gegen dieses Ansinnen (ähnlich wie bis dato beim UN-Migrationspakt) äußern durfte, so dass wenig Menschen darüber Bescheid wissen. Wenn überschuldete Staaten ihre maroden Haushalte auf Kosten ihrer Bürger sanieren, bedeutet Eigentum nicht mehr Verfügungsgewalt über legal erworbene Finanzmittel und Güter, sondern eine Art mittelalterliches Lehen, auf das die Regierung bei Bedarf zugreifen kann. Bereits beim Maastricht-Vertrag von 1982 mögen seine Verfasser diese Idee im Hinterkopf gehabt haben, als sie die höchstmögliche Schuldenbelastung eines Mitgliedslandes nicht auf seine Staatseinnahmen, sondern auf sein Bruttosozialprodukt bezogen.
Mit der Europäischen Bankenunion wird bereits ein Fonds installiert, dessen Geld künftig marode Banken in der gesamten EU kollektiv abwickeln soll. Die einen Länder besitzen notleidende Banken, andere vielleicht noch solche mit Rettungsgeld. Das Geld käme dieses Mal nicht wie 2008 vom Steuerzahler, erzählen uns stolz unsere „Politiker“. Nein, die Milliarden deckeln dieses Mal die Bankkunden mit ihren Einlagen. Wer keine Einlagen hat, mag sich beruhigt zurücklehnen – doch die Folgen! Die Abschaffung des Bargeldes ermöglicht und erleichtert das von Wendorff angekündigte oder ähnliche Verfahren, denn es macht selbst Ihre Scheine und Münzen unter dem Kopfkissen wertlos – von der Handhabung Ihres Kontos bei mangelhaftem politischem Wohlverhalten einmal ganz abgesehen.
Es gibt inzwischen eine sogn. Better Than Cash Alliance (https://www.betterthancash.org/) mit Sitz in New York, ein Zusammenschluss von Regierungen, Unternehmen und internationalen Organisationen, die den Übergang von der Barzahlweise zur ausschließlich bargeldlosen Zahlweise organisieren wollen. „Gegründet wurde die Initiative im Jahr 2012 von den Kreditkartenunternehmen Mastercard und VISA, der Citigroup, dem Omidyar Network, der United States Agency for International Development (USAID) sowie der Bill and Melinda Gates Foundation. Sie umfasst inzwischen 50 Mitglieder und arbeitet eng mit den Vereinten Nationen (UN) zusammen. Die Bundesregierung hat den Club in den Jahren 2016 bis 2018 mit insgesamt 500.000 Euro unterstützt und begründete das wie folgt: „Die Bundesregierung unterstützt die Bemühungen der Vereinten Nationen, benachteiligten Bevölkerungsgruppen durch die Unterstützung des verantwortungsvollen Ausbaus digitaler Finanzdienstleistungen einen Zugang zum Finanzsystem und damit zu mehr sozialer Absicherung und wirtschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen.“ Die Abschaffung des Bargeldes als eine Art Sozialhilfe – das ist schon mehr als grotesk.
Der Fehler steckt im System. Das habe ich auf 384 Seiten in meinem Buch zu zeigen versucht: Der Westen, ein Abgesang. Entstehung und Zukunft der westlichen Marktgesellschaft (nicht zu verwechseln mit „Marktwirtschaft“, die in vielen Gesellschaftsformationen praktiziert wird). Es kann als PDF-Datei für € 15.- per e-mail über boettigerdrh@web.de beziehungsweise für € 24,95 als hard cover beim Michael Imhof Verlag Petersberg (Tel.: 0661-2919166-0, Fax: …-9, oder info@imhof-verlag.de) erworben werden.